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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.

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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
er-Weib viel guten Salat- und Kohl-Saamen
in ihren am Hause liegenden Garten gesäet/ den
sie/ wenn er erwüchse/ nach der Stadt zu Marck-
te bringen wolte. Zu solcher Zeit nahete sich ih-
re Geburts-Zeit heran/ und gelag auch bald
mit einer gesunden Tochter. Sie hatte aber
kaum 6. Tage die Wochen gehalten/ da gieng
sie in dem Garten herum/ und versetzte mit eige-
ner Hand die Salat- und Kohl-Pflantzen/ wel-
che aber keines weges verdorben sind/ sondern
diese/ samt andern Garten-Gewächsen/ sind so
wohl dieses als auch folgende Jahre gar wohl ge-
wachsen. Item: Es kam verwichenen Fruh-
ling einer Wöchnerin ein Schwein in ihren
Garten/ weil sie nun niemanden bey sich hatte/
als drey kleine Kinder/ lieff sie aus der Wochen-
Stube in das Gärtgen/ und jagte sich mit dem
Schweine herum/ biß sie es heraus brachte/ ohn-
erachtet sie nun über alle Beete war hingegan-
gen/ ist doch dieses Jahr über alles gar fruchtbar
darauff gewachsen. Ist demnach dieser Glau-
bens-Articul auch falsch.

Das 36. Capitel.

Wenn ein Weib in den Sechs-Wo-
chen verstirbt/ muß man ein Mandel-Holtz
oder ein Buch ins Wochen-Bett legen/ auch

alle
E

Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
er-Weib viel guten Salat- und Kohl-Saamen
in ihren am Hauſe liegenden Garten geſaͤet/ den
ſie/ wenn er erwuͤchſe/ nach der Stadt zu Marck-
te bringen wolte. Zu ſolcher Zeit nahete ſich ih-
re Geburts-Zeit heran/ und gelag auch bald
mit einer geſunden Tochter. Sie hatte aber
kaum 6. Tage die Wochen gehalten/ da gieng
ſie in dem Garten herum/ und verſetzte mit eige-
ner Hand die Salat- und Kohl-Pflantzen/ wel-
che aber keines weges verdorben ſind/ ſondern
dieſe/ ſamt andern Garten-Gewaͤchſen/ ſind ſo
wohl dieſes als auch folgende Jahre gar wohl ge-
wachſen. Item: Es kam verwichenen Fruh-
ling einer Woͤchnerin ein Schwein in ihren
Garten/ weil ſie nun niemanden bey ſich hatte/
als drey kleine Kinder/ lieff ſie aus der Wochen-
Stube in das Gaͤrtgen/ und jagte ſich mit dem
Schweine herum/ biß ſie es heraus brachte/ ohn-
erachtet ſie nun uͤber alle Beete war hingegan-
gen/ iſt doch dieſes Jahr uͤber alles gar fruchtbar
darauff gewachſen. Iſt demnach dieſer Glau-
bens-Articul auch falſch.

Das 36. Capitel.

Wenn ein Weib in den Sechs-Wo-
chen verſtirbt/ muß man ein Mandel-Holtz
oder ein Buch ins Wochen-Bett legen/ auch

alle
E
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[65/0087] Weibern hochgehaltenen Aberglauben. er-Weib viel guten Salat- und Kohl-Saamen in ihren am Hauſe liegenden Garten geſaͤet/ den ſie/ wenn er erwuͤchſe/ nach der Stadt zu Marck- te bringen wolte. Zu ſolcher Zeit nahete ſich ih- re Geburts-Zeit heran/ und gelag auch bald mit einer geſunden Tochter. Sie hatte aber kaum 6. Tage die Wochen gehalten/ da gieng ſie in dem Garten herum/ und verſetzte mit eige- ner Hand die Salat- und Kohl-Pflantzen/ wel- che aber keines weges verdorben ſind/ ſondern dieſe/ ſamt andern Garten-Gewaͤchſen/ ſind ſo wohl dieſes als auch folgende Jahre gar wohl ge- wachſen. Item: Es kam verwichenen Fruh- ling einer Woͤchnerin ein Schwein in ihren Garten/ weil ſie nun niemanden bey ſich hatte/ als drey kleine Kinder/ lieff ſie aus der Wochen- Stube in das Gaͤrtgen/ und jagte ſich mit dem Schweine herum/ biß ſie es heraus brachte/ ohn- erachtet ſie nun uͤber alle Beete war hingegan- gen/ iſt doch dieſes Jahr uͤber alles gar fruchtbar darauff gewachſen. Iſt demnach dieſer Glau- bens-Articul auch falſch. Das 36. Capitel. Wenn ein Weib in den Sechs-Wo- chen verſtirbt/ muß man ein Mandel-Holtz oder ein Buch ins Wochen-Bett legen/ auch alle E

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/87>, abgerufen am 28.03.2024.