Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

Bild:
<< vorherige Seite

Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
auch vielleicht schon längst getroffen/ wenn Got-
tes Güte und Langmuth solches nicht unterbro-
chen hätte. Dahero riethe ich einen solchen
Menschen/ er setzte lieber/ bey ankommenden
Donner-Wetter/ sein Vertrauen auff GOtt/
und zündete das Glaubens-Feuer im Hertzen
an/ und liesse sich hingegen um das Küchen-Feu-
er unbekümmert. Denn man bedencke nur/
wie närrisch das Vorgeben heraus kömmtwenn
das Wetter in ein Hauß schlägt/ so sind dargegen
viel hundert und tausend andere Häuser/ da es
nicht hinein schlägt. Ist nun in diesem Hause
kein Feuer in der Küchen gewesen/ da das Wet-
ter eingeschlagen/ so ist gewiß auch in viel hun-
dert andern/ da es nicht eingeschlagen/ auff dem
Heerde. Warum schlägt es aber nur in eines
von diesen? Es kömmt aber dieser Glaubens-
Grund eben so heraus/ als wenn ich spräche:
Ich könte mich nicht befinnen/ daß das Wetter in
ein Hauß hätte geschlagen/ in welchen man Cani-
nichen gehabt hätte/ und es wolte einer stracks
den Schluß machen: In welchen Hause Canini-
chen wären/ da schlüge das Wetter nicht hinein.

Ein schlechter Schutz für Donnerschlag/
Darauff ich gar nicht trauen mag/
Das Feur ists nicht das helffen kan/
Wenn Blitz und Donner kömmt heran/
Der GOtt allein/ der Hagel schickt/
Vor
R 5

Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
auch vielleicht ſchon laͤngſt getroffen/ wenn Got-
tes Guͤte und Langmuth ſolches nicht unterbro-
chen haͤtte. Dahero riethe ich einen ſolchen
Menſchen/ er ſetzte lieber/ bey ankommenden
Donner-Wetter/ ſein Vertrauen auff GOtt/
und zuͤndete das Glaubens-Feuer im Hertzen
an/ und lieſſe ſich hingegen um das Kuͤchen-Feu-
er unbekuͤmmert. Denn man bedencke nur/
wie naͤrriſch das Vorgeben heraus koͤmmtwenn
das Wetter in ein Hauß ſchlaͤgt/ ſo ſind dargegen
viel hundert und tauſend andere Haͤuſer/ da es
nicht hinein ſchlaͤgt. Iſt nun in dieſem Hauſe
kein Feuer in der Kuͤchen geweſen/ da das Wet-
ter eingeſchlagen/ ſo iſt gewiß auch in viel hun-
dert andern/ da es nicht eingeſchlagen/ auff dem
Heerde. Warum ſchlaͤgt es aber nur in eines
von dieſen? Es koͤmmt aber dieſer Glaubens-
Grund eben ſo heraus/ als wenn ich ſpraͤche:
Ich koͤnte mich nicht befinnen/ daß das Wetter in
ein Hauß haͤtte geſchlagen/ in welchen man Cani-
nichen gehabt haͤtte/ und es wolte einer ſtracks
den Schluß machen: In welchen Hauſe Canini-
chen waͤren/ da ſchluͤge das Wetter nicht hinein.

Ein ſchlechter Schutz für Donnerſchlag/
Darauff ich gar nicht trauen mag/
Das Feur iſts nicht das helffen kan/
Wenn Blitz und Donner koͤmmt heran/
Der GOtt allein/ der Hagel ſchickt/
Vor
R 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0089" n="265"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Weibern hochgehaltenen Aberglauben.</hi></fw><lb/>
auch vielleicht &#x017F;chon la&#x0364;ng&#x017F;t getroffen/ wenn Got-<lb/>
tes Gu&#x0364;te und Langmuth &#x017F;olches nicht unterbro-<lb/>
chen ha&#x0364;tte. Dahero riethe ich einen &#x017F;olchen<lb/>
Men&#x017F;chen/ er &#x017F;etzte lieber/ bey ankommenden<lb/>
Donner-Wetter/ &#x017F;ein Vertrauen auff GOtt/<lb/>
und zu&#x0364;ndete das Glaubens-Feuer im Hertzen<lb/>
an/ und lie&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ich hingegen um das Ku&#x0364;chen-Feu-<lb/>
er unbeku&#x0364;mmert. Denn man bedencke nur/<lb/>
wie na&#x0364;rri&#x017F;ch das Vorgeben heraus ko&#x0364;mmtwenn<lb/>
das Wetter in ein Hauß &#x017F;chla&#x0364;gt/ &#x017F;o &#x017F;ind dargegen<lb/>
viel hundert und tau&#x017F;end andere Ha&#x0364;u&#x017F;er/ da es<lb/>
nicht hinein &#x017F;chla&#x0364;gt. I&#x017F;t nun in die&#x017F;em Hau&#x017F;e<lb/>
kein Feuer in der Ku&#x0364;chen gewe&#x017F;en/ da das Wet-<lb/>
ter einge&#x017F;chlagen/ &#x017F;o i&#x017F;t gewiß auch in viel hun-<lb/>
dert andern/ da es nicht einge&#x017F;chlagen/ auff dem<lb/>
Heerde. Warum &#x017F;chla&#x0364;gt es aber nur in eines<lb/>
von die&#x017F;en? Es ko&#x0364;mmt aber die&#x017F;er Glaubens-<lb/>
Grund eben &#x017F;o heraus/ als wenn ich &#x017F;pra&#x0364;che:<lb/>
Ich ko&#x0364;nte mich nicht befinnen/ daß das Wetter in<lb/>
ein Hauß ha&#x0364;tte ge&#x017F;chlagen/ in welchen man Cani-<lb/>
nichen gehabt ha&#x0364;tte/ und es wolte einer &#x017F;tracks<lb/>
den Schluß machen: In welchen Hau&#x017F;e Canini-<lb/>
chen wa&#x0364;ren/ da &#x017F;chlu&#x0364;ge das Wetter nicht hinein.</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <l>Ein &#x017F;chlechter Schutz für Donner&#x017F;chlag/</l><lb/>
          <l>Darauff ich gar nicht trauen mag/</l><lb/>
          <l>Das Feur i&#x017F;ts nicht das helffen kan/</l><lb/>
          <l>Wenn Blitz und Donner ko&#x0364;mmt heran/</l><lb/>
          <l>Der GOtt allein/ der Hagel &#x017F;chickt/</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">R 5</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Vor</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[265/0089] Weibern hochgehaltenen Aberglauben. auch vielleicht ſchon laͤngſt getroffen/ wenn Got- tes Guͤte und Langmuth ſolches nicht unterbro- chen haͤtte. Dahero riethe ich einen ſolchen Menſchen/ er ſetzte lieber/ bey ankommenden Donner-Wetter/ ſein Vertrauen auff GOtt/ und zuͤndete das Glaubens-Feuer im Hertzen an/ und lieſſe ſich hingegen um das Kuͤchen-Feu- er unbekuͤmmert. Denn man bedencke nur/ wie naͤrriſch das Vorgeben heraus koͤmmtwenn das Wetter in ein Hauß ſchlaͤgt/ ſo ſind dargegen viel hundert und tauſend andere Haͤuſer/ da es nicht hinein ſchlaͤgt. Iſt nun in dieſem Hauſe kein Feuer in der Kuͤchen geweſen/ da das Wet- ter eingeſchlagen/ ſo iſt gewiß auch in viel hun- dert andern/ da es nicht eingeſchlagen/ auff dem Heerde. Warum ſchlaͤgt es aber nur in eines von dieſen? Es koͤmmt aber dieſer Glaubens- Grund eben ſo heraus/ als wenn ich ſpraͤche: Ich koͤnte mich nicht befinnen/ daß das Wetter in ein Hauß haͤtte geſchlagen/ in welchen man Cani- nichen gehabt haͤtte/ und es wolte einer ſtracks den Schluß machen: In welchen Hauſe Canini- chen waͤren/ da ſchluͤge das Wetter nicht hinein. Ein ſchlechter Schutz für Donnerſchlag/ Darauff ich gar nicht trauen mag/ Das Feur iſts nicht das helffen kan/ Wenn Blitz und Donner koͤmmt heran/ Der GOtt allein/ der Hagel ſchickt/ Vor R 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/89
Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/89>, abgerufen am 29.03.2024.