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Schmoller, Gustav: Grundriß der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre. Bd. 1. Leipzig, 1900.

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Die Rassenmischung.

Wo es sich um sehr verschiedene Rassenelemente handelte, hat eine naive Staats-
kunst früher mit Recht gesucht, die Blutsmischung, teilweise auch das Zusammenwohnen,
das Verkehren, Geschäftemachen möglichst zu erschweren. So vor allem im indischen
Kastenwesen, dann in der holländischen Verwaltung Javas, in der spanischen Amerikas.
Auf die Dauer haben diese Schranken nie die Mischung verhindert. Das spätere
römische Reich, die Völkerwanderung, noch mehr das neuere Kolonialleben zeigen die
wichtigsten Beispiele solcher Mischung -- teilweise auch mit den überwiegend ungünstigen
Folgen für die Mischlingsindividuen und für die gesellschaftlichen Zustände. Daher die
bekannten ungünstigen Urteile: stets siege der tieferstehende Typus in den Mischlingen;
sie seien meist schwächer, hätten keine kräftige Nachkommenschaft. Hehn will den Unter-
gang des römischen Reiches auf die Rassenmischung zurückführen und erwartet bestialische
Ausgeburten von den Kreuzungen in der heutigen Kolonialwelt. Es fragt sich, ob
darin nicht eine starke Übertreibung liege.

Wahr wird sein, daß solche Kreuzung je nach den Elementen und ihrer Zahl,
ihrer starken oder geringen Lebenskraft gute oder schlechte Folgen haben könne; jede
zu große Verschiedenheit, jede Verbindung zu heterogener erblicher Eigenschaften muß
Menschen von einem ganz kulturfeindlichen Typus erzeugen. Aber ebenso oft kann
auch die Mischung der niederen Rasse Elemente besserer Art, einer von der Kultur
erschöpften Rasse neue körperliche Lebenskraft zuführen, wie das in der untergehenden
römischen Welt durch die Germanen, vielfach auch sonst, z. B. bei schwächlichen Ackerbauern,
durch Nomaden geschah. Häufig haben die Klagen über die schlechten Eigenschaften der
Mischlinge ihre Wurzel nicht sowohl in ihrem Typus als in der Gesellschaftsverfassung.
Ratzel setzt dies sehr gut für die Mischlinge Südafrikas auseinander: die Mischlinge
von Europäern und Eingeborenen haben mehr Intellekt und Thatkraft als letztere, sie
werden aber von den Europäern nicht als voll anerkannt, wachsen bei den Eingeborenen
auf, in deren Sitten sie nicht mehr hineinpassen. So werden sie leicht die kühnsten
Jäger, Schützen, Wüstenwanderer, aber auch die größten Spitzbuben und Verbrecher.

Wir werden zusammenfassend sagen können, die Rassenmischung sei eines der wich-
tigsten Glieder in der Kette der vielgestaltigen Ursachen der Ausbildung eigentümlicher
Rassen- und Völkertypen. Ihre Wirkung hängt stets von dem Umfange der Mischung,
der Zahl der Mischehen, der Verschiedenheit der sich mischenden Elemente ab; weiterhin
von den socialen Klassen, in denen sich die Mischung vollzieht. Wie schon das Durch-
einanderwohnen verschiedener Rassen seine großen sittlichen, socialen, wirtschaftlichen
und politischen Schwierigkeiten bietet, so auch die Einfügung der Mischungsprodukte in
die bestehenden Zustände. Die Wirkung wird leicht zuerst ungünstig sein, sowohl was
die Individuen und ihre Eigenschaften als was die sociale und rechtliche Seite betrifft.
Aber die Schwierigkeiten und Schattenseiten können überwunden und in günstige Folgen
umgebildet werden, wenn durch eine Reihe von Generationen ein neuer ausgeglichener,
einheitlicher Volkstypus sich gebildet hat. Ein solcher wird für alle höheren Formen
der Kultur, für freie politische Verfassungs- und Verwaltungsformen, für gesunde sociale
Verhältnisse, für alle Klassenbeziehungen immer das erstrebenswerte Ziel sein.

Und daher bleibt das Eindringen gewisser niedriger Rassen, wie heute z. B. der
Chinesen in Amerika, der Slaven in Ostdeutschland, eine Gefahr für die höherstehenden
Rassen, ihre Lebenshaltung und Gesittung, ihren bestehenden Rassentypus, zumal wenn
der Blutszufluß ein zu starker ist. Die Frage, ob die jüdischen Rassenelemente in unseren
Kulturstaaten günstig wirken, hängt von ihrer Zahl und ihrer sehr verschiedenen Qua-
lität, ihrer socialen Stellung, ihrem Beruf und von den Elementen ab, mit denen sie
geschäftlich, geschlechtlich und sonst in Kontakt kommen. Wichtiger fast als die Rassen-
mischung ist zunächst ihr geschäftliches Wirken: die Thatkraft und Konkurrenz der besseren
jüdischen Elemente ist da von Segen, wo sie neben kräftige und gesunde germanische zu
stehen kommen; wo aber ihre geringeren Handelsleute wesentlich auf verarmte Bauern,
Hausindustrielle und Proletarier drücken, da wird das Umgekehrte der Fall sein. Auch
die massenhaften proletarischen Juden und anderen fremden Elemente im Ostende Londons
sind ein socialer Mißstand. Aber jede generelle Verurteilung der Rassenmischung ist verfehlt.

10*
Die Raſſenmiſchung.

Wo es ſich um ſehr verſchiedene Raſſenelemente handelte, hat eine naive Staats-
kunſt früher mit Recht geſucht, die Blutsmiſchung, teilweiſe auch das Zuſammenwohnen,
das Verkehren, Geſchäftemachen möglichſt zu erſchweren. So vor allem im indiſchen
Kaſtenweſen, dann in der holländiſchen Verwaltung Javas, in der ſpaniſchen Amerikas.
Auf die Dauer haben dieſe Schranken nie die Miſchung verhindert. Das ſpätere
römiſche Reich, die Völkerwanderung, noch mehr das neuere Kolonialleben zeigen die
wichtigſten Beiſpiele ſolcher Miſchung — teilweiſe auch mit den überwiegend ungünſtigen
Folgen für die Miſchlingsindividuen und für die geſellſchaftlichen Zuſtände. Daher die
bekannten ungünſtigen Urteile: ſtets ſiege der tieferſtehende Typus in den Miſchlingen;
ſie ſeien meiſt ſchwächer, hätten keine kräftige Nachkommenſchaft. Hehn will den Unter-
gang des römiſchen Reiches auf die Raſſenmiſchung zurückführen und erwartet beſtialiſche
Ausgeburten von den Kreuzungen in der heutigen Kolonialwelt. Es fragt ſich, ob
darin nicht eine ſtarke Übertreibung liege.

Wahr wird ſein, daß ſolche Kreuzung je nach den Elementen und ihrer Zahl,
ihrer ſtarken oder geringen Lebenskraft gute oder ſchlechte Folgen haben könne; jede
zu große Verſchiedenheit, jede Verbindung zu heterogener erblicher Eigenſchaften muß
Menſchen von einem ganz kulturfeindlichen Typus erzeugen. Aber ebenſo oft kann
auch die Miſchung der niederen Raſſe Elemente beſſerer Art, einer von der Kultur
erſchöpften Raſſe neue körperliche Lebenskraft zuführen, wie das in der untergehenden
römiſchen Welt durch die Germanen, vielfach auch ſonſt, z. B. bei ſchwächlichen Ackerbauern,
durch Nomaden geſchah. Häufig haben die Klagen über die ſchlechten Eigenſchaften der
Miſchlinge ihre Wurzel nicht ſowohl in ihrem Typus als in der Geſellſchaftsverfaſſung.
Ratzel ſetzt dies ſehr gut für die Miſchlinge Südafrikas auseinander: die Miſchlinge
von Europäern und Eingeborenen haben mehr Intellekt und Thatkraft als letztere, ſie
werden aber von den Europäern nicht als voll anerkannt, wachſen bei den Eingeborenen
auf, in deren Sitten ſie nicht mehr hineinpaſſen. So werden ſie leicht die kühnſten
Jäger, Schützen, Wüſtenwanderer, aber auch die größten Spitzbuben und Verbrecher.

Wir werden zuſammenfaſſend ſagen können, die Raſſenmiſchung ſei eines der wich-
tigſten Glieder in der Kette der vielgeſtaltigen Urſachen der Ausbildung eigentümlicher
Raſſen- und Völkertypen. Ihre Wirkung hängt ſtets von dem Umfange der Miſchung,
der Zahl der Miſchehen, der Verſchiedenheit der ſich miſchenden Elemente ab; weiterhin
von den ſocialen Klaſſen, in denen ſich die Miſchung vollzieht. Wie ſchon das Durch-
einanderwohnen verſchiedener Raſſen ſeine großen ſittlichen, ſocialen, wirtſchaftlichen
und politiſchen Schwierigkeiten bietet, ſo auch die Einfügung der Miſchungsprodukte in
die beſtehenden Zuſtände. Die Wirkung wird leicht zuerſt ungünſtig ſein, ſowohl was
die Individuen und ihre Eigenſchaften als was die ſociale und rechtliche Seite betrifft.
Aber die Schwierigkeiten und Schattenſeiten können überwunden und in günſtige Folgen
umgebildet werden, wenn durch eine Reihe von Generationen ein neuer ausgeglichener,
einheitlicher Volkstypus ſich gebildet hat. Ein ſolcher wird für alle höheren Formen
der Kultur, für freie politiſche Verfaſſungs- und Verwaltungsformen, für geſunde ſociale
Verhältniſſe, für alle Klaſſenbeziehungen immer das erſtrebenswerte Ziel ſein.

Und daher bleibt das Eindringen gewiſſer niedriger Raſſen, wie heute z. B. der
Chineſen in Amerika, der Slaven in Oſtdeutſchland, eine Gefahr für die höherſtehenden
Raſſen, ihre Lebenshaltung und Geſittung, ihren beſtehenden Raſſentypus, zumal wenn
der Blutszufluß ein zu ſtarker iſt. Die Frage, ob die jüdiſchen Raſſenelemente in unſeren
Kulturſtaaten günſtig wirken, hängt von ihrer Zahl und ihrer ſehr verſchiedenen Qua-
lität, ihrer ſocialen Stellung, ihrem Beruf und von den Elementen ab, mit denen ſie
geſchäftlich, geſchlechtlich und ſonſt in Kontakt kommen. Wichtiger faſt als die Raſſen-
miſchung iſt zunächſt ihr geſchäftliches Wirken: die Thatkraft und Konkurrenz der beſſeren
jüdiſchen Elemente iſt da von Segen, wo ſie neben kräftige und geſunde germaniſche zu
ſtehen kommen; wo aber ihre geringeren Handelsleute weſentlich auf verarmte Bauern,
Hausinduſtrielle und Proletarier drücken, da wird das Umgekehrte der Fall ſein. Auch
die maſſenhaften proletariſchen Juden und anderen fremden Elemente im Oſtende Londons
ſind ein ſocialer Mißſtand. Aber jede generelle Verurteilung der Raſſenmiſchung iſt verfehlt.

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[147/0163] Die Raſſenmiſchung. Wo es ſich um ſehr verſchiedene Raſſenelemente handelte, hat eine naive Staats- kunſt früher mit Recht geſucht, die Blutsmiſchung, teilweiſe auch das Zuſammenwohnen, das Verkehren, Geſchäftemachen möglichſt zu erſchweren. So vor allem im indiſchen Kaſtenweſen, dann in der holländiſchen Verwaltung Javas, in der ſpaniſchen Amerikas. Auf die Dauer haben dieſe Schranken nie die Miſchung verhindert. Das ſpätere römiſche Reich, die Völkerwanderung, noch mehr das neuere Kolonialleben zeigen die wichtigſten Beiſpiele ſolcher Miſchung — teilweiſe auch mit den überwiegend ungünſtigen Folgen für die Miſchlingsindividuen und für die geſellſchaftlichen Zuſtände. Daher die bekannten ungünſtigen Urteile: ſtets ſiege der tieferſtehende Typus in den Miſchlingen; ſie ſeien meiſt ſchwächer, hätten keine kräftige Nachkommenſchaft. Hehn will den Unter- gang des römiſchen Reiches auf die Raſſenmiſchung zurückführen und erwartet beſtialiſche Ausgeburten von den Kreuzungen in der heutigen Kolonialwelt. Es fragt ſich, ob darin nicht eine ſtarke Übertreibung liege. Wahr wird ſein, daß ſolche Kreuzung je nach den Elementen und ihrer Zahl, ihrer ſtarken oder geringen Lebenskraft gute oder ſchlechte Folgen haben könne; jede zu große Verſchiedenheit, jede Verbindung zu heterogener erblicher Eigenſchaften muß Menſchen von einem ganz kulturfeindlichen Typus erzeugen. Aber ebenſo oft kann auch die Miſchung der niederen Raſſe Elemente beſſerer Art, einer von der Kultur erſchöpften Raſſe neue körperliche Lebenskraft zuführen, wie das in der untergehenden römiſchen Welt durch die Germanen, vielfach auch ſonſt, z. B. bei ſchwächlichen Ackerbauern, durch Nomaden geſchah. Häufig haben die Klagen über die ſchlechten Eigenſchaften der Miſchlinge ihre Wurzel nicht ſowohl in ihrem Typus als in der Geſellſchaftsverfaſſung. Ratzel ſetzt dies ſehr gut für die Miſchlinge Südafrikas auseinander: die Miſchlinge von Europäern und Eingeborenen haben mehr Intellekt und Thatkraft als letztere, ſie werden aber von den Europäern nicht als voll anerkannt, wachſen bei den Eingeborenen auf, in deren Sitten ſie nicht mehr hineinpaſſen. So werden ſie leicht die kühnſten Jäger, Schützen, Wüſtenwanderer, aber auch die größten Spitzbuben und Verbrecher. Wir werden zuſammenfaſſend ſagen können, die Raſſenmiſchung ſei eines der wich- tigſten Glieder in der Kette der vielgeſtaltigen Urſachen der Ausbildung eigentümlicher Raſſen- und Völkertypen. Ihre Wirkung hängt ſtets von dem Umfange der Miſchung, der Zahl der Miſchehen, der Verſchiedenheit der ſich miſchenden Elemente ab; weiterhin von den ſocialen Klaſſen, in denen ſich die Miſchung vollzieht. Wie ſchon das Durch- einanderwohnen verſchiedener Raſſen ſeine großen ſittlichen, ſocialen, wirtſchaftlichen und politiſchen Schwierigkeiten bietet, ſo auch die Einfügung der Miſchungsprodukte in die beſtehenden Zuſtände. Die Wirkung wird leicht zuerſt ungünſtig ſein, ſowohl was die Individuen und ihre Eigenſchaften als was die ſociale und rechtliche Seite betrifft. Aber die Schwierigkeiten und Schattenſeiten können überwunden und in günſtige Folgen umgebildet werden, wenn durch eine Reihe von Generationen ein neuer ausgeglichener, einheitlicher Volkstypus ſich gebildet hat. Ein ſolcher wird für alle höheren Formen der Kultur, für freie politiſche Verfaſſungs- und Verwaltungsformen, für geſunde ſociale Verhältniſſe, für alle Klaſſenbeziehungen immer das erſtrebenswerte Ziel ſein. Und daher bleibt das Eindringen gewiſſer niedriger Raſſen, wie heute z. B. der Chineſen in Amerika, der Slaven in Oſtdeutſchland, eine Gefahr für die höherſtehenden Raſſen, ihre Lebenshaltung und Geſittung, ihren beſtehenden Raſſentypus, zumal wenn der Blutszufluß ein zu ſtarker iſt. Die Frage, ob die jüdiſchen Raſſenelemente in unſeren Kulturſtaaten günſtig wirken, hängt von ihrer Zahl und ihrer ſehr verſchiedenen Qua- lität, ihrer ſocialen Stellung, ihrem Beruf und von den Elementen ab, mit denen ſie geſchäftlich, geſchlechtlich und ſonſt in Kontakt kommen. Wichtiger faſt als die Raſſen- miſchung iſt zunächſt ihr geſchäftliches Wirken: die Thatkraft und Konkurrenz der beſſeren jüdiſchen Elemente iſt da von Segen, wo ſie neben kräftige und geſunde germaniſche zu ſtehen kommen; wo aber ihre geringeren Handelsleute weſentlich auf verarmte Bauern, Hausinduſtrielle und Proletarier drücken, da wird das Umgekehrte der Fall ſein. Auch die maſſenhaften proletariſchen Juden und anderen fremden Elemente im Oſtende Londons ſind ein ſocialer Mißſtand. Aber jede generelle Verurteilung der Raſſenmiſchung iſt verfehlt. 10*

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Grundriß der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre. Bd. 1. Leipzig, 1900, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_grundriss01_1900/163>, abgerufen am 28.03.2024.