Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

führet, denn ihr habt keinen Mangel an zeitlichen
Gütern.

8.) Nun will ich von dem reden, was mich al-
lein betrifft: Begrabet meinen Leib an die lincke
Seite meiner seel. Ehe-Gemahlin, der Concordia,
denn ihr erster Mann liegt ihr zur Rechten, und ich
habe mir diese Städte schon seit vielen Jahren aus-
ersehen.

Hier fiel Herr Mag. Schmeltzer ins Wort, und
sagte, wie er in seinen Gedancken gehabt, daß,
wenn der Alt-Vater nach GOttes Willen von die-
ser Welt obgefodert werden solte, denselben in
die Kirche gleich vor den Altar begraben zu lassen.
Nein! rieff hierauf der Alt- Vater: in das
GOttes-Hauß gehören keine todte,
sondern lebendige Cörper, lasset mich
auf dem GOttes-Acker an der Sei-
te meiner allerliebsten
Concordia ruhen.
Wie ihr es sonsten bey Beerdigung meines Cör-
pers halten wollet, darum bekümmere ich mich
nicht-weil ich weiß, daß ihr mich liebet, darüber
aber bin ich höchst erfreuet, daß ich mein schönes
Todten-Kleid und Ruhe-Cämmerlein noch vor
meinen lebendigen Augen habe.

6.) Wenn sich der itzo noch anhaltende Sturm
legen und es wieder stille Wetter werden wird, wer-
det ihr mein Ende heran nahen sehen, lasset dero-
wegen Morgen und Ubermorgen diejenigen zu mir
kommen, welche mich noch sehen und den Segen
aus meinem Munde empfangen wollen, auf den
Sonntag aber werde ich beichten, das Heil. Abend-
mahl empfangen, hernach mich um das Zeitliche

nichts

fuͤhret, denn ihr habt keinen Mangel an zeitlichen
Guͤtern.

8.) Nun will ich von dem reden, was mich al-
lein betrifft: Begrabet meinen Leib an die lincke
Seite meiner ſeel. Ehe-Gemahlin, der Concordia,
denn ihr erſter Mann liegt ihr zur Rechten, und ich
habe mir dieſe Staͤdte ſchon ſeit vielen Jahren aus-
erſehen.

Hier fiel Herr Mag. Schmeltzer ins Wort, und
ſagte, wie er in ſeinen Gedancken gehabt, daß,
wenn der Alt-Vater nach GOttes Willen von die-
ſer Welt obgefodert werden ſolte, denſelben in
die Kirche gleich vor den Altar begraben zu laſſen.
Nein! rieff hierauf der Alt- Vater: in das
GOttes-Hauß gehoͤren keine todte,
ſondern lebendige Coͤrper, laſſet mich
auf dem GOttes-Acker an der Sei-
te meiner allerliebſten
Concordia ruhen.
Wie ihr es ſonſten bey Beerdigung meines Coͤr-
pers halten wollet, darum bekuͤmmere ich mich
nicht-weil ich weiß, daß ihr mich liebet, daruͤber
aber bin ich hoͤchſt erfreuet, daß ich mein ſchoͤnes
Todten-Kleid und Ruhe-Caͤmmerlein noch vor
meinen lebendigen Augen habe.

6.) Wenn ſich der itzo noch anhaltende Sturm
legen und es wieder ſtille Wetter werden wird, wer-
det ihr mein Ende heran nahen ſehen, laſſet dero-
wegen Morgen und Ubermorgen diejenigen zu mir
kommen, welche mich noch ſehen und den Segen
aus meinem Munde empfangen wollen, auf den
Sonntag aber werde ich beichten, das Heil. Abend-
mahl empfangen, hernach mich um das Zeitliche

nichts
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0254" n="246"/>
fu&#x0364;hret, denn ihr habt keinen Mangel an zeitlichen<lb/>
Gu&#x0364;tern.</p><lb/>
          <p>8.) Nun will ich von dem reden, was mich al-<lb/>
lein betrifft: Begrabet meinen Leib an die lincke<lb/>
Seite meiner &#x017F;eel. Ehe-Gemahlin, der <hi rendition="#aq">Concordia,</hi><lb/>
denn ihr er&#x017F;ter Mann liegt ihr zur Rechten, und ich<lb/>
habe mir die&#x017F;e Sta&#x0364;dte &#x017F;chon &#x017F;eit vielen Jahren aus-<lb/>
er&#x017F;ehen.</p><lb/>
          <floatingText>
            <body>
              <div n="1">
                <p>Hier fiel Herr <hi rendition="#aq">Mag.</hi> Schmeltzer ins Wort, und<lb/>
&#x017F;agte, wie er in &#x017F;einen Gedancken gehabt, daß,<lb/>
wenn der Alt-Vater nach GOttes Willen von die-<lb/>
&#x017F;er Welt obgefodert werden &#x017F;olte, den&#x017F;elben in<lb/>
die Kirche gleich vor den Altar begraben zu la&#x017F;&#x017F;en.<lb/><hi rendition="#fr">Nein!</hi> rieff hierauf der Alt- Vater: <hi rendition="#fr">in das<lb/>
GOttes-Hauß geho&#x0364;ren keine todte,<lb/>
&#x017F;ondern lebendige Co&#x0364;rper, la&#x017F;&#x017F;et mich<lb/>
auf dem GOttes-Acker an der Sei-<lb/>
te meiner allerlieb&#x017F;ten</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Concordia</hi></hi> <hi rendition="#fr">ruhen.</hi><lb/>
Wie ihr es &#x017F;on&#x017F;ten bey Beerdigung meines Co&#x0364;r-<lb/>
pers halten wollet, darum beku&#x0364;mmere ich mich<lb/>
nicht-weil ich weiß, daß ihr mich liebet, daru&#x0364;ber<lb/>
aber bin ich ho&#x0364;ch&#x017F;t erfreuet, daß ich mein &#x017F;cho&#x0364;nes<lb/>
Todten-Kleid und Ruhe-Ca&#x0364;mmerlein noch vor<lb/>
meinen lebendigen Augen habe.</p>
              </div>
            </body>
          </floatingText><lb/>
          <p>6.) Wenn &#x017F;ich der itzo noch anhaltende Sturm<lb/>
legen und es wieder &#x017F;tille Wetter werden wird, wer-<lb/>
det ihr mein Ende heran nahen &#x017F;ehen, la&#x017F;&#x017F;et dero-<lb/>
wegen Morgen und Ubermorgen diejenigen zu mir<lb/>
kommen, welche mich noch &#x017F;ehen und den Segen<lb/>
aus meinem Munde empfangen wollen, auf den<lb/>
Sonntag aber werde ich beichten, das Heil. Abend-<lb/>
mahl empfangen, hernach mich um das Zeitliche<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nichts</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[246/0254] fuͤhret, denn ihr habt keinen Mangel an zeitlichen Guͤtern. 8.) Nun will ich von dem reden, was mich al- lein betrifft: Begrabet meinen Leib an die lincke Seite meiner ſeel. Ehe-Gemahlin, der Concordia, denn ihr erſter Mann liegt ihr zur Rechten, und ich habe mir dieſe Staͤdte ſchon ſeit vielen Jahren aus- erſehen. Hier fiel Herr Mag. Schmeltzer ins Wort, und ſagte, wie er in ſeinen Gedancken gehabt, daß, wenn der Alt-Vater nach GOttes Willen von die- ſer Welt obgefodert werden ſolte, denſelben in die Kirche gleich vor den Altar begraben zu laſſen. Nein! rieff hierauf der Alt- Vater: in das GOttes-Hauß gehoͤren keine todte, ſondern lebendige Coͤrper, laſſet mich auf dem GOttes-Acker an der Sei- te meiner allerliebſten Concordia ruhen. Wie ihr es ſonſten bey Beerdigung meines Coͤr- pers halten wollet, darum bekuͤmmere ich mich nicht-weil ich weiß, daß ihr mich liebet, daruͤber aber bin ich hoͤchſt erfreuet, daß ich mein ſchoͤnes Todten-Kleid und Ruhe-Caͤmmerlein noch vor meinen lebendigen Augen habe. 6.) Wenn ſich der itzo noch anhaltende Sturm legen und es wieder ſtille Wetter werden wird, wer- det ihr mein Ende heran nahen ſehen, laſſet dero- wegen Morgen und Ubermorgen diejenigen zu mir kommen, welche mich noch ſehen und den Segen aus meinem Munde empfangen wollen, auf den Sonntag aber werde ich beichten, das Heil. Abend- mahl empfangen, hernach mich um das Zeitliche nichts

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/254
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/254>, abgerufen am 23.04.2024.