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Schnitzler, Arthur: Fräulein Else. Novelle. Berlin u. a., 1924.

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fatalen Situation befindet." Wie merkwürdig meine Stimme klingt. Bin das ich, die da redet? Träume ich vielleicht? Ich habe gewiß jetzt auch ein ganz anderes Gesicht als sonst. - "Es wundert mich allerdings nicht übermäßig. Da haben Sie schon recht, liebes Fräulein Else, - wenn ich es auch lebhaft bedauere." - Warum sehe ich denn so flehend zu ihm auf? Lächeln, lächeln. Geht schon. - "Ich empfinde für Ihren Papa eine so aufrichtige Freundschaft, für Sie alle." - Er soll mich nicht so ansehen, es ist unanständig. Ich will anders zu ihm reden und nicht lächeln. Ich muß mich würdiger benehmen. "Nun, Herr von Dorsday, jetzt hätten Sie Gelegenheit, Ihre Freundschaft für meinen Vater zu beweisen." Gott sei Dank, ich habe meine alte Stimme wieder. "Es scheint nämlich, Herr von Dorsday, daß alle unsere Verwandten und Bekannten - die Mehrzahl ist noch nicht in Wien - sonst wäre Mama wohl nicht auf die Idee gekommen. - Neulich habe ich nämlich zufällig in einem Brief an Mama Ihrer Anwesenheit hier in Martino Erwähnung getan - unter anderm natürlich." - "Ich vermutete gleich, Fräulein Else, daß ich nicht das einzige Thema Ihrer

fatalen Situation befindet.“ Wie merkwürdig meine Stimme klingt. Bin das ich, die da redet? Träume ich vielleicht? Ich habe gewiß jetzt auch ein ganz anderes Gesicht als sonst. – „Es wundert mich allerdings nicht übermäßig. Da haben Sie schon recht, liebes Fräulein Else, – wenn ich es auch lebhaft bedauere.“ – Warum sehe ich denn so flehend zu ihm auf? Lächeln, lächeln. Geht schon. – „Ich empfinde für Ihren Papa eine so aufrichtige Freundschaft, für Sie alle.“ – Er soll mich nicht so ansehen, es ist unanständig. Ich will anders zu ihm reden und nicht lächeln. Ich muß mich würdiger benehmen. „Nun, Herr von Dorsday, jetzt hätten Sie Gelegenheit, Ihre Freundschaft für meinen Vater zu beweisen.“ Gott sei Dank, ich habe meine alte Stimme wieder. „Es scheint nämlich, Herr von Dorsday, daß alle unsere Verwandten und Bekannten – die Mehrzahl ist noch nicht in Wien – sonst wäre Mama wohl nicht auf die Idee gekommen. – Neulich habe ich nämlich zufällig in einem Brief an Mama Ihrer Anwesenheit hier in Martino Erwähnung getan – unter anderm natürlich.“ – „Ich vermutete gleich, Fräulein Else, daß ich nicht das einzige Thema Ihrer

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[47/0045] fatalen Situation befindet.“ Wie merkwürdig meine Stimme klingt. Bin das ich, die da redet? Träume ich vielleicht? Ich habe gewiß jetzt auch ein ganz anderes Gesicht als sonst. – „Es wundert mich allerdings nicht übermäßig. Da haben Sie schon recht, liebes Fräulein Else, – wenn ich es auch lebhaft bedauere.“ – Warum sehe ich denn so flehend zu ihm auf? Lächeln, lächeln. Geht schon. – „Ich empfinde für Ihren Papa eine so aufrichtige Freundschaft, für Sie alle.“ – Er soll mich nicht so ansehen, es ist unanständig. Ich will anders zu ihm reden und nicht lächeln. Ich muß mich würdiger benehmen. „Nun, Herr von Dorsday, jetzt hätten Sie Gelegenheit, Ihre Freundschaft für meinen Vater zu beweisen.“ Gott sei Dank, ich habe meine alte Stimme wieder. „Es scheint nämlich, Herr von Dorsday, daß alle unsere Verwandten und Bekannten – die Mehrzahl ist noch nicht in Wien – sonst wäre Mama wohl nicht auf die Idee gekommen. – Neulich habe ich nämlich zufällig in einem Brief an Mama Ihrer Anwesenheit hier in Martino Erwähnung getan – unter anderm natürlich.“ – „Ich vermutete gleich, Fräulein Else, daß ich nicht das einzige Thema Ihrer

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Zitationshilfe: Schnitzler, Arthur: Fräulein Else. Novelle. Berlin u. a., 1924, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnitzler_else_1924/45>, abgerufen am 28.03.2024.