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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890.

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Einleitung.

A. Vorbetrachtungen über Charakter und Begrenzung der zu lösenden
Aufgabe mit Bemerkungen über Induktion, Deduktion, Widerspruch
und folgerichtiges Denken. Denkendes Subjekt, seine Vorstellungen
und die Dinge.

a) Die Logik, im weiteren Sinne des Wortes, beschäftigt sich mit
all' den Regeln, durch deren Befolgung die Erkenntniss der Wahrheit
gefördert wird. Sie hat es demnach mit den Methoden der Forschung
überhaupt zu thun. Sie sucht die Frage zu beantworten: wie gewinnen
wir Erkenntnisse, auf welchem Wege gelangen wir zur Wahrheit?
Mithin, da Erfassen der Wahrheit ein Akt des Denkens ist, dürfen
wir als Gegenstand der Logik überhaupt bezeichnen: das Denken, so-
fern es das Erkennen zum Endzweck hat.

Es steht dieses erkennende Denken im Gegensatz, vor allem, zum
Dichten, zum phantasirenden Denken.

Desgleichen blosse Erzählung und Beschreibung, wenn schon sie nicht
ohne Denkthätigkeit zustande kommen und unter sonst gleichen Umständen
von einem logisch geschulten Kopfe vielleicht besser in Angriff genommen
werden, bilden als solche noch ebenfalls nicht ein Thema der eigentlichen
Logik. Ein gleiches wäre von der gesetzgebenden Thätigkeit zu sagen.
Endlich auch diejenigen Denkvorgänge, welche bei Äusserung unsrer un-
mittelbaren Empfindungs- und Willenszustände mitspielen, also bei Aus-
rufen, Wunschäusserungen, Fragen, Bitten und Befehlen, zu denen die
Sprache die Interjektionen und Fragepartikeln, sowie die Optativ- und
Imperativform der Verba hergibt, gehören nicht in den Bereich der logischen
Disziplin.

Mit Übersetzung aus einer Sprache in eine andere werden wir uns
nur soweit zu beschäftigen haben, als es sich dabei um Übertragung von
Aussagen aus unsrer nationalen Wortsprache in eine eigens zu begründende
Kunstsprache des logischen Denkens, in die Formelsprache -- oder um-
gekehrt -- handelt.

Schröder, Algebra der Logik. 1
Einleitung.

A. Vorbetrachtungen über Charakter und Begrenzung der zu lösenden
Aufgabe mit Bemerkungen über Induktion, Deduktion, Widerspruch
und folgerichtiges Denken. Denkendes Subjekt, seine Vorstellungen
und die Dinge.

α) Die Logik, im weiteren Sinne des Wortes, beschäftigt sich mit
all' den Regeln, durch deren Befolgung die Erkenntniss der Wahrheit
gefördert wird. Sie hat es demnach mit den Methoden der Forschung
überhaupt zu thun. Sie sucht die Frage zu beantworten: wie gewinnen
wir Erkenntnisse, auf welchem Wege gelangen wir zur Wahrheit?
Mithin, da Erfassen der Wahrheit ein Akt des Denkens ist, dürfen
wir als Gegenstand der Logik überhaupt bezeichnen: das Denken, so-
fern es das Erkennen zum Endzweck hat.

Es steht dieses erkennende Denken im Gegensatz, vor allem, zum
Dichten, zum phantasirenden Denken.

Desgleichen blosse Erzählung und Beschreibung, wenn schon sie nicht
ohne Denkthätigkeit zustande kommen und unter sonst gleichen Umständen
von einem logisch geschulten Kopfe vielleicht besser in Angriff genommen
werden, bilden als solche noch ebenfalls nicht ein Thema der eigentlichen
Logik. Ein gleiches wäre von der gesetzgebenden Thätigkeit zu sagen.
Endlich auch diejenigen Denkvorgänge, welche bei Äusserung unsrer un-
mittelbaren Empfindungs- und Willenszustände mitspielen, also bei Aus-
rufen, Wunschäusserungen, Fragen, Bitten und Befehlen, zu denen die
Sprache die Interjektionen und Fragepartikeln, sowie die Optativ- und
Imperativform der Verba hergibt, gehören nicht in den Bereich der logischen
Disziplin.

Mit Übersetzung aus einer Sprache in eine andere werden wir uns
nur soweit zu beschäftigen haben, als es sich dabei um Übertragung von
Aussagen aus unsrer nationalen Wortsprache in eine eigens zu begründende
Kunstsprache des logischen Denkens, in die Formelsprache — oder um-
gekehrt — handelt.

Schröder, Algebra der Logik. 1
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[[1]/0021] Einleitung. A. Vorbetrachtungen über Charakter und Begrenzung der zu lösenden Aufgabe mit Bemerkungen über Induktion, Deduktion, Widerspruch und folgerichtiges Denken. Denkendes Subjekt, seine Vorstellungen und die Dinge. α) Die Logik, im weiteren Sinne des Wortes, beschäftigt sich mit all' den Regeln, durch deren Befolgung die Erkenntniss der Wahrheit gefördert wird. Sie hat es demnach mit den Methoden der Forschung überhaupt zu thun. Sie sucht die Frage zu beantworten: wie gewinnen wir Erkenntnisse, auf welchem Wege gelangen wir zur Wahrheit? Mithin, da Erfassen der Wahrheit ein Akt des Denkens ist, dürfen wir als Gegenstand der Logik überhaupt bezeichnen: das Denken, so- fern es das Erkennen zum Endzweck hat. Es steht dieses erkennende Denken im Gegensatz, vor allem, zum Dichten, zum phantasirenden Denken. Desgleichen blosse Erzählung und Beschreibung, wenn schon sie nicht ohne Denkthätigkeit zustande kommen und unter sonst gleichen Umständen von einem logisch geschulten Kopfe vielleicht besser in Angriff genommen werden, bilden als solche noch ebenfalls nicht ein Thema der eigentlichen Logik. Ein gleiches wäre von der gesetzgebenden Thätigkeit zu sagen. Endlich auch diejenigen Denkvorgänge, welche bei Äusserung unsrer un- mittelbaren Empfindungs- und Willenszustände mitspielen, also bei Aus- rufen, Wunschäusserungen, Fragen, Bitten und Befehlen, zu denen die Sprache die Interjektionen und Fragepartikeln, sowie die Optativ- und Imperativform der Verba hergibt, gehören nicht in den Bereich der logischen Disziplin. Mit Übersetzung aus einer Sprache in eine andere werden wir uns nur soweit zu beschäftigen haben, als es sich dabei um Übertragung von Aussagen aus unsrer nationalen Wortsprache in eine eigens zu begründende Kunstsprache des logischen Denkens, in die Formelsprache — oder um- gekehrt — handelt. Schröder, Algebra der Logik. 1

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/21>, abgerufen am 28.03.2024.