Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

Meine Ronde ist vollendet und ich bin wieder bey
unsern väterlichen Laren an der Pleisse. Von Frank¬
furt aus ging ich über Bergen in Gesellschaft nach
dem Oertchen Bischofsheim, wo man mir ein freund¬
liches Mahl zugedacht hatte. Bey Bergen und Kolin
haben unsere Landsleute gezeigt, dass sie nicht Schuld
an den übeln Streichen bey Pirna waren. Vor Hanau
ging ich vorbey und hielt mich immer die Strasse
nach Fulda herein. Die Hitze des vorzüglich heissen
Sommers drückte mich zwar ziemlich, aber ich nahm
mir Zeit, ruhte oft unter einem Eichbaume und war
die Nacht mit den schlechten Wirthshäusern zufrieden.
Auf meiner ganzen Reise hatte ich sie nicht so schlecht
gefunden als hier einige Mal in Hessen. Zwischen
Fulda und Hünefeld drückte mich die Hitze furchtbar
und der Durst war brennend, und auf meiner ganzen
Wanderung habe ich vielleicht keine so grosse Wohl¬
that genossen, als da ich sodann links an der Strasse
eine schöne Quelle fand. Leute welche einen guten
Flaschenkeller im englischen Wagen haben, haben da¬
von keinen Begriff. Der Hitze haben sie im Wagen
nicht viel weniger, aber die Erquickung können sie
nicht so fühlen. Du darfst mir glauben, ich habe die¬
ses und jenes versucht. In Hünefeld war Schiessen,


Meine Ronde ist vollendet und ich bin wieder bey
unsern väterlichen Laren an der Pleiſse. Von Frank¬
furt aus ging ich über Bergen in Gesellschaft nach
dem Oertchen Bischofsheim, wo man mir ein freund¬
liches Mahl zugedacht hatte. Bey Bergen und Kolin
haben unsere Landsleute gezeigt, daſs sie nicht Schuld
an den übeln Streichen bey Pirna waren. Vor Hanau
ging ich vorbey und hielt mich immer die Straſse
nach Fulda herein. Die Hitze des vorzüglich heiſsen
Sommers drückte mich zwar ziemlich, aber ich nahm
mir Zeit, ruhte oft unter einem Eichbaume und war
die Nacht mit den schlechten Wirthshäusern zufrieden.
Auf meiner ganzen Reise hatte ich sie nicht so schlecht
gefunden als hier einige Mal in Hessen. Zwischen
Fulda und Hünefeld drückte mich die Hitze furchtbar
und der Durst war brennend, und auf meiner ganzen
Wanderung habe ich vielleicht keine so groſse Wohl¬
that genoſsen, als da ich sodann links an der Straſse
eine schöne Quelle fand. Leute welche einen guten
Flaschenkeller im englischen Wagen haben, haben da¬
von keinen Begriff. Der Hitze haben sie im Wagen
nicht viel weniger, aber die Erquickung können sie
nicht so fühlen. Du darfst mir glauben, ich habe die¬
ses und jenes versucht. In Hünefeld war Schieſsen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0511" n="[483]"/>
      <div>
        <dateline> <hi rendition="#right">Leipzig.</hi> </dateline><lb/>
        <p><hi rendition="#in">M</hi>eine Ronde ist vollendet und ich bin wieder bey<lb/>
unsern väterlichen Laren an der Plei&#x017F;se. Von Frank¬<lb/>
furt aus ging ich über Bergen in Gesellschaft nach<lb/>
dem Oertchen Bischofsheim, wo man mir ein freund¬<lb/>
liches Mahl zugedacht hatte. Bey Bergen und Kolin<lb/>
haben unsere Landsleute gezeigt, da&#x017F;s sie nicht Schuld<lb/>
an den übeln Streichen bey Pirna waren. Vor Hanau<lb/>
ging ich vorbey und hielt mich immer die Stra&#x017F;se<lb/>
nach Fulda herein. Die Hitze des vorzüglich hei&#x017F;sen<lb/>
Sommers drückte mich zwar ziemlich, aber ich nahm<lb/>
mir Zeit, ruhte oft unter einem Eichbaume und war<lb/>
die Nacht mit den schlechten Wirthshäusern zufrieden.<lb/>
Auf meiner ganzen Reise hatte ich sie nicht so schlecht<lb/>
gefunden als hier einige Mal in Hessen. Zwischen<lb/>
Fulda und Hünefeld drückte mich die Hitze furchtbar<lb/>
und der Durst war brennend, und auf meiner ganzen<lb/>
Wanderung habe ich vielleicht keine so gro&#x017F;se Wohl¬<lb/>
that geno&#x017F;sen, als da ich sodann links an der Stra&#x017F;se<lb/>
eine schöne Quelle fand. Leute welche einen guten<lb/>
Flaschenkeller im englischen Wagen haben, haben da¬<lb/>
von keinen Begriff. Der Hitze haben sie im Wagen<lb/>
nicht viel weniger, aber die Erquickung können sie<lb/>
nicht so fühlen. Du darfst mir glauben, ich habe die¬<lb/>
ses und jenes versucht. In Hünefeld war Schie&#x017F;sen,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[483]/0511] Leipzig. Meine Ronde ist vollendet und ich bin wieder bey unsern väterlichen Laren an der Pleiſse. Von Frank¬ furt aus ging ich über Bergen in Gesellschaft nach dem Oertchen Bischofsheim, wo man mir ein freund¬ liches Mahl zugedacht hatte. Bey Bergen und Kolin haben unsere Landsleute gezeigt, daſs sie nicht Schuld an den übeln Streichen bey Pirna waren. Vor Hanau ging ich vorbey und hielt mich immer die Straſse nach Fulda herein. Die Hitze des vorzüglich heiſsen Sommers drückte mich zwar ziemlich, aber ich nahm mir Zeit, ruhte oft unter einem Eichbaume und war die Nacht mit den schlechten Wirthshäusern zufrieden. Auf meiner ganzen Reise hatte ich sie nicht so schlecht gefunden als hier einige Mal in Hessen. Zwischen Fulda und Hünefeld drückte mich die Hitze furchtbar und der Durst war brennend, und auf meiner ganzen Wanderung habe ich vielleicht keine so groſse Wohl¬ that genoſsen, als da ich sodann links an der Straſse eine schöne Quelle fand. Leute welche einen guten Flaschenkeller im englischen Wagen haben, haben da¬ von keinen Begriff. Der Hitze haben sie im Wagen nicht viel weniger, aber die Erquickung können sie nicht so fühlen. Du darfst mir glauben, ich habe die¬ ses und jenes versucht. In Hünefeld war Schieſsen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/511
Zitationshilfe: Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. [483]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/511>, abgerufen am 28.03.2024.