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Sievers, Johann August Carl: Briefe aus Sibirien. St. Petersburg, 1796.

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Sievers Briefe
Größe. Wenn es blüht, so werden dessen schöne Aeh-
ren zuweilen von Kameelen, Pferden, Ziegen, Kühen
und Schaafen gefressen, die auch dessen Wurzeln an ab-
gestürzten Ufern suchen. Das Graß selbst taugt zum
Futter nicht, aber destomehr zum Festmachen des Trieb-
sandes. Die Chineser machen ihre feingeflochtnen Som-
merhüte daraus, die sie mit rothgefärbten Quasten, aus
Haaren der Tangutischen Büffel zieren.

Jch bin u. s. w.

Dritter Brief.

Von der Chinesischen Gränze bekommen Sie nun
die Fortsetzung meiner Reiseberichte, die nun wohl künf-
tig etwas reicher an Bemerkungen seyn werden. Jch
nahm Abschied von meinen Udinskischen Freunden und
da ich nun einmal den Kopf mit Mongolischen Bemer-
kungen angefüllt hatte, so wollte ich, um noch mehrere
Bekanntschaft zu machen, nicht ganz den gewöhnlichen
Postweg fahren, sondern gieng von Jwolginskoi Staniz
nach dem nur 50 Werste entfernten Gänsesee (Gussino
osero,
mongolisch Külleng-Norr) rechter Hand ab
und nahm meine Wohnung so nahe, als möglich, bey
mongolischen Tempeln. Robinia ferox, pygmaea et
Charagana, Cymbaria daurica, Peganum daurica, Rubia
cordifolia,
sehr hoch wachsendes Linum perenne, Onos-
ma simplicissimum
und dergleichen schöne Arten mehr,
waren die Zierde dieses Weges. Der Küllengnorr hat

sein

Sievers Briefe
Groͤße. Wenn es bluͤht, ſo werden deſſen ſchoͤne Aeh-
ren zuweilen von Kameelen, Pferden, Ziegen, Kuͤhen
und Schaafen gefreſſen, die auch deſſen Wurzeln an ab-
geſtuͤrzten Ufern ſuchen. Das Graß ſelbſt taugt zum
Futter nicht, aber deſtomehr zum Feſtmachen des Trieb-
ſandes. Die Chineſer machen ihre feingeflochtnen Som-
merhuͤte daraus, die ſie mit rothgefaͤrbten Quaſten, aus
Haaren der Tangutiſchen Buͤffel zieren.

Jch bin u. ſ. w.

Dritter Brief.

Von der Chineſiſchen Graͤnze bekommen Sie nun
die Fortſetzung meiner Reiſeberichte, die nun wohl kuͤnf-
tig etwas reicher an Bemerkungen ſeyn werden. Jch
nahm Abſchied von meinen Udinskiſchen Freunden und
da ich nun einmal den Kopf mit Mongoliſchen Bemer-
kungen angefuͤllt hatte, ſo wollte ich, um noch mehrere
Bekanntſchaft zu machen, nicht ganz den gewoͤhnlichen
Poſtweg fahren, ſondern gieng von Jwolginskoi Staniz
nach dem nur 50 Werſte entfernten Gaͤnſeſee (Guſſino
oſero,
mongoliſch Kuͤlleng-Norr) rechter Hand ab
und nahm meine Wohnung ſo nahe, als moͤglich, bey
mongoliſchen Tempeln. Robinia ferox, pygmaea et
Charagana, Cymbaria daurica, Peganum daurica, Rubia
cordifolia,
ſehr hoch wachſendes Linum perenne, Onoſ-
ma ſimpliciſſimum
und dergleichen ſchoͤne Arten mehr,
waren die Zierde dieſes Weges. Der Kuͤllengnorr hat

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[24/0032] Sievers Briefe Groͤße. Wenn es bluͤht, ſo werden deſſen ſchoͤne Aeh- ren zuweilen von Kameelen, Pferden, Ziegen, Kuͤhen und Schaafen gefreſſen, die auch deſſen Wurzeln an ab- geſtuͤrzten Ufern ſuchen. Das Graß ſelbſt taugt zum Futter nicht, aber deſtomehr zum Feſtmachen des Trieb- ſandes. Die Chineſer machen ihre feingeflochtnen Som- merhuͤte daraus, die ſie mit rothgefaͤrbten Quaſten, aus Haaren der Tangutiſchen Buͤffel zieren. Jch bin u. ſ. w. Dritter Brief. Kiachta den 23. April 1791. Von der Chineſiſchen Graͤnze bekommen Sie nun die Fortſetzung meiner Reiſeberichte, die nun wohl kuͤnf- tig etwas reicher an Bemerkungen ſeyn werden. Jch nahm Abſchied von meinen Udinskiſchen Freunden und da ich nun einmal den Kopf mit Mongoliſchen Bemer- kungen angefuͤllt hatte, ſo wollte ich, um noch mehrere Bekanntſchaft zu machen, nicht ganz den gewoͤhnlichen Poſtweg fahren, ſondern gieng von Jwolginskoi Staniz nach dem nur 50 Werſte entfernten Gaͤnſeſee (Guſſino oſero, mongoliſch Kuͤlleng-Norr) rechter Hand ab und nahm meine Wohnung ſo nahe, als moͤglich, bey mongoliſchen Tempeln. Robinia ferox, pygmaea et Charagana, Cymbaria daurica, Peganum daurica, Rubia cordifolia, ſehr hoch wachſendes Linum perenne, Onoſ- ma ſimpliciſſimum und dergleichen ſchoͤne Arten mehr, waren die Zierde dieſes Weges. Der Kuͤllengnorr hat ſein

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Zitationshilfe: Sievers, Johann August Carl: Briefe aus Sibirien. St. Petersburg, 1796, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siever_briefe_1796/32>, abgerufen am 28.03.2024.