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Spindler, Karl: Die Engel-Ehe. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–66. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Besorgnisse ins Haus ihrer Verwandten, der Frau des Landweibels, und fand dort ein geneigteres Ohr. Hagenbach's stehn nicht wohl, warnte der süße Mund der Wittwe; das merkte ich schon lang aus diesem und jenem; zum Ueberfluß steckte mir die Magd dies und das. Sieh dich vor, du liebster Vetter; du verdienst ein besseres Weib als eine junge Schnauferin, die nichts hat. Seht Euch vor, allerliebste Frau Base, und thut Euerm Mann die Augen auf: der Hagenbach ist ein Filou und will Euch aufs Eis führen, da Euch zu wohl ist. -- Und die Landweibelin segnete sich, und ihr Sohn kratzte sich hinter den Ohren und fing an zu glauben, was ihm die Trümpy mit verführerischen Blicken vorsagte. Dennoch war nicht viel vom Landweibel zu erwarten. Sein Eigensinn war ein Fels, und schwer zu ändern, was er beschlossen. Aber -- ein unfreiwilliger Bundesgenosse der Wittwe Trümpy that schon Hagenbach selber das Nöthige, den Fels zu untergraben und die eisernen Beschlüsse des alten Rüttimann zu zertrümmern. Allzufest bauend auf die Unverletzlichkeit des Eheversprechens, wagte er eines Abends, da er in fröhlicher Weinlaune mit dem Landweibel unter vier Augen war, sein Anliegen wegen Geldes und dergleichen auftreten zu lassen. Wenn schon sein Begehren nicht förmlich ausgesprochen, wenn schon eine Summe nicht benannt, wenn gleich nur von einer fernen Möglichkeit und keineswegs von der Drängniß des Bedürfens geredet wurde, so hatte dennoch

Besorgnisse ins Haus ihrer Verwandten, der Frau des Landweibels, und fand dort ein geneigteres Ohr. Hagenbach's stehn nicht wohl, warnte der süße Mund der Wittwe; das merkte ich schon lang aus diesem und jenem; zum Ueberfluß steckte mir die Magd dies und das. Sieh dich vor, du liebster Vetter; du verdienst ein besseres Weib als eine junge Schnauferin, die nichts hat. Seht Euch vor, allerliebste Frau Base, und thut Euerm Mann die Augen auf: der Hagenbach ist ein Filou und will Euch aufs Eis führen, da Euch zu wohl ist. — Und die Landweibelin segnete sich, und ihr Sohn kratzte sich hinter den Ohren und fing an zu glauben, was ihm die Trümpy mit verführerischen Blicken vorsagte. Dennoch war nicht viel vom Landweibel zu erwarten. Sein Eigensinn war ein Fels, und schwer zu ändern, was er beschlossen. Aber — ein unfreiwilliger Bundesgenosse der Wittwe Trümpy that schon Hagenbach selber das Nöthige, den Fels zu untergraben und die eisernen Beschlüsse des alten Rüttimann zu zertrümmern. Allzufest bauend auf die Unverletzlichkeit des Eheversprechens, wagte er eines Abends, da er in fröhlicher Weinlaune mit dem Landweibel unter vier Augen war, sein Anliegen wegen Geldes und dergleichen auftreten zu lassen. Wenn schon sein Begehren nicht förmlich ausgesprochen, wenn schon eine Summe nicht benannt, wenn gleich nur von einer fernen Möglichkeit und keineswegs von der Drängniß des Bedürfens geredet wurde, so hatte dennoch

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Zitationshilfe: Spindler, Karl: Die Engel-Ehe. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–66. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spindler_engel_1910/29>, abgerufen am 18.04.2024.