Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite
Fünftes Buch.


An den Sohn der Liebe.

Fürst der Küsse! kleiner Sohn der Liebe!
Sieh doch nur, wie sehr ich mich betrübe,
Hast du ja mit niemand sonst Erbarmen,
Nur mit mir Armen.
Chloris hatte mir ihr Herz gegeben,
Die du erst verwundet; ja sie eben
Zieht es mit verachtungsvollem Blicke
Wieder zurücke.
Kind! bestrafe doch die Ungetreue,
Martre sie durch eine späte Reue,
Laß sie brennen, klagen, seufzen, schmachten,
Jch wills nicht achten!
Aber nein! ob sie mich gleich betrogen,
O! so bin ich ihr doch noch gewogen,
Chloris! ach! ich kann in meinem Herzen
Sie nicht verschmerzen!
Nicht ihr Mund, wo sich das Lächeln bildet,
Nicht die Wangen, die der Lenz gefildet,
Nicht ihr Auge, das so geistreich blitzet
Hat mich erhitzet.
Welch ein Bau von einem schlanken Leibe,
Den ich doch durch Seufzen nicht beschreibe,
Wo Verhältniß durch genaues Messen
Gar nichts vergessen.
Doch,
Fünftes Buch.


An den Sohn der Liebe.

Fuͤrſt der Kuͤſſe! kleiner Sohn der Liebe!
Sieh doch nur, wie ſehr ich mich betruͤbe,
Haſt du ja mit niemand ſonſt Erbarmen,
Nur mit mir Armen.
Chloris hatte mir ihr Herz gegeben,
Die du erſt verwundet; ja ſie eben
Zieht es mit verachtungsvollem Blicke
Wieder zuruͤcke.
Kind! beſtrafe doch die Ungetreue,
Martre ſie durch eine ſpaͤte Reue,
Laß ſie brennen, klagen, ſeufzen, ſchmachten,
Jch wills nicht achten!
Aber nein! ob ſie mich gleich betrogen,
O! ſo bin ich ihr doch noch gewogen,
Chloris! ach! ich kann in meinem Herzen
Sie nicht verſchmerzen!
Nicht ihr Mund, wo ſich das Laͤcheln bildet,
Nicht die Wangen, die der Lenz gefildet,
Nicht ihr Auge, das ſo geiſtreich blitzet
Hat mich erhitzet.
Welch ein Bau von einem ſchlanken Leibe,
Den ich doch durch Seufzen nicht beſchreibe,
Wo Verhaͤltniß durch genaues Meſſen
Gar nichts vergeſſen.
Doch,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0358" n="338"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Fünftes Buch.</hi> </fw><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <head> <hi rendition="#b">An den Sohn der Liebe.</hi> </head><lb/>
            <dateline> <hi rendition="#c">1744.</hi> </dateline><lb/>
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">F</hi>u&#x0364;r&#x017F;t der Ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;e! kleiner Sohn der Liebe!</l><lb/>
              <l>Sieh doch nur, wie &#x017F;ehr ich mich betru&#x0364;be,</l><lb/>
              <l>Ha&#x017F;t du ja mit niemand &#x017F;on&#x017F;t Erbarmen,<lb/><hi rendition="#et">Nur mit mir Armen.</hi></l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Chloris hatte mir ihr Herz gegeben,</l><lb/>
              <l>Die du er&#x017F;t verwundet; ja &#x017F;ie eben</l><lb/>
              <l>Zieht es mit verachtungsvollem Blicke<lb/><hi rendition="#et">Wieder zuru&#x0364;cke.</hi></l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Kind! be&#x017F;trafe doch die Ungetreue,</l><lb/>
              <l>Martre &#x017F;ie durch eine &#x017F;pa&#x0364;te Reue,</l><lb/>
              <l>Laß &#x017F;ie brennen, klagen, &#x017F;eufzen, &#x017F;chmachten,<lb/><hi rendition="#et">Jch wills nicht achten!</hi></l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Aber nein! ob &#x017F;ie mich gleich betrogen,</l><lb/>
              <l>O! &#x017F;o bin ich ihr doch noch gewogen,</l><lb/>
              <l>Chloris! ach! ich kann in meinem Herzen<lb/><hi rendition="#et">Sie nicht ver&#x017F;chmerzen!</hi></l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Nicht ihr Mund, wo &#x017F;ich das La&#x0364;cheln bildet,</l><lb/>
              <l>Nicht die Wangen, die der Lenz gefildet,</l><lb/>
              <l>Nicht ihr Auge, das &#x017F;o gei&#x017F;treich blitzet<lb/><hi rendition="#et">Hat mich erhitzet.</hi></l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Welch ein Bau von einem &#x017F;chlanken Leibe,</l><lb/>
              <l>Den ich doch durch Seufzen nicht be&#x017F;chreibe,</l><lb/>
              <l>Wo Verha&#x0364;ltniß durch genaues Me&#x017F;&#x017F;en<lb/><hi rendition="#et">Gar nichts verge&#x017F;&#x017F;en.</hi></l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Doch,</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[338/0358] Fünftes Buch. An den Sohn der Liebe. 1744. Fuͤrſt der Kuͤſſe! kleiner Sohn der Liebe! Sieh doch nur, wie ſehr ich mich betruͤbe, Haſt du ja mit niemand ſonſt Erbarmen, Nur mit mir Armen. Chloris hatte mir ihr Herz gegeben, Die du erſt verwundet; ja ſie eben Zieht es mit verachtungsvollem Blicke Wieder zuruͤcke. Kind! beſtrafe doch die Ungetreue, Martre ſie durch eine ſpaͤte Reue, Laß ſie brennen, klagen, ſeufzen, ſchmachten, Jch wills nicht achten! Aber nein! ob ſie mich gleich betrogen, O! ſo bin ich ihr doch noch gewogen, Chloris! ach! ich kann in meinem Herzen Sie nicht verſchmerzen! Nicht ihr Mund, wo ſich das Laͤcheln bildet, Nicht die Wangen, die der Lenz gefildet, Nicht ihr Auge, das ſo geiſtreich blitzet Hat mich erhitzet. Welch ein Bau von einem ſchlanken Leibe, Den ich doch durch Seufzen nicht beſchreibe, Wo Verhaͤltniß durch genaues Meſſen Gar nichts vergeſſen. Doch,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749/358
Zitationshilfe: Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749/358>, abgerufen am 19.04.2024.