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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Werthschätzung eines Landguts.
dustrie, anerkannt größer ist, so hat man doch wegen des bisherigen großen Risiko
des Schafsterbens diesen Ansatz in den gewöhnlichen Anschlägen noch nicht erhöhet;
und allerdings muß bei dem wirklichen Ertrage der Schäferei vieles auf Industrie
gerechnet werden.

Die Schweinezucht wird zuweilen nach den Kühen, zuweilen nach der Aussaat
berechnet. Im ersten Falle nimmt man an, daß von jeder Kuh ein Schwein aufge-
zogen werden könne, und setzt selbiges zu 8 bis 10 Gr. an. Bei der andern Art
rechnet man auf jeden Scheffel Winteraussaat 1 Gr. für die Stoppelbenutzung mit
den Schweinen.

Nach der Aussaat des Sommergetreides schlägt man dagegen die Federvieh-
nutzung an, 1 Scheffel zu 6 Pf.

Die wilde Fischerei und Jagdbenutzung kann nur nach der Erfahrung oder Ver-
pachtung nach jeder besonderen Lokalität angeschlagen werden. Die Teichfischerei
aber erfordert eine genaue Kenntniß derselben, die wir hier nicht voraussetzen können.

§. 98.

Auch die mit der Landwirthschaft verbundenen Gewerbe der Bierbrauerei,Der Nebenge-
werbe.

Branntweinbrennerei, Ziegelei, Mühlenbetriebes, werden häufig nach ihrer Be-
nutzung angeschlagen, welche nur historisch durch Register und Zeugenaussagen aus-
zumitteln ist. Da hierbei aber auf die Industrie, womit das Gewerbe betrieben wor-
den, und welche nicht taxirt werden kann, sodann auf die Zeitumstände so vieles an-
kommt, so sollte man das Gewerbe selbst von der besondern Berechtigung, selbiges
überhaupt und in einem gewissen Umfange ausschließlich zu betreiben, wohl unter-
scheiden, und nur letztere als eine besondere, mit dem Gute verbundene Gerechtsame
in Anschlag bringen.

§. 99.

Die beständigen Geld- und Naturalienfälle berechnen sich von selbst; die unbe-Der Gefälle.
ständigen können nicht anders als nach einem Durchschnitt von einer Reihe von Jah-
ren, oft mit einiger Rücksicht auf die Zeitumstände, berechnet werden. Machen
solche einen beträchtlichen Theil der Rente eines Landgutes aus, so sind sie mehr ein
Gegenstand für den Kapitalisten, als für den Landwirth. Sie verzinsen nur das
Kapital, und lassen sich in der Regel nicht vermehren. Wer ein Landgut für
100,000 Rthlr. kauft, wovon 50,000 Rthlr. zinsbar durch solche Gefälle gedeckt

Werthſchaͤtzung eines Landguts.
duſtrie, anerkannt groͤßer iſt, ſo hat man doch wegen des bisherigen großen Riſiko
des Schafſterbens dieſen Anſatz in den gewoͤhnlichen Anſchlaͤgen noch nicht erhoͤhet;
und allerdings muß bei dem wirklichen Ertrage der Schaͤferei vieles auf Induſtrie
gerechnet werden.

Die Schweinezucht wird zuweilen nach den Kuͤhen, zuweilen nach der Ausſaat
berechnet. Im erſten Falle nimmt man an, daß von jeder Kuh ein Schwein aufge-
zogen werden koͤnne, und ſetzt ſelbiges zu 8 bis 10 Gr. an. Bei der andern Art
rechnet man auf jeden Scheffel Winterausſaat 1 Gr. fuͤr die Stoppelbenutzung mit
den Schweinen.

Nach der Ausſaat des Sommergetreides ſchlaͤgt man dagegen die Federvieh-
nutzung an, 1 Scheffel zu 6 Pf.

Die wilde Fiſcherei und Jagdbenutzung kann nur nach der Erfahrung oder Ver-
pachtung nach jeder beſonderen Lokalitaͤt angeſchlagen werden. Die Teichfiſcherei
aber erfordert eine genaue Kenntniß derſelben, die wir hier nicht vorausſetzen koͤnnen.

§. 98.

Auch die mit der Landwirthſchaft verbundenen Gewerbe der Bierbrauerei,Der Nebenge-
werbe.

Branntweinbrennerei, Ziegelei, Muͤhlenbetriebes, werden haͤufig nach ihrer Be-
nutzung angeſchlagen, welche nur hiſtoriſch durch Regiſter und Zeugenausſagen aus-
zumitteln iſt. Da hierbei aber auf die Induſtrie, womit das Gewerbe betrieben wor-
den, und welche nicht taxirt werden kann, ſodann auf die Zeitumſtaͤnde ſo vieles an-
kommt, ſo ſollte man das Gewerbe ſelbſt von der beſondern Berechtigung, ſelbiges
uͤberhaupt und in einem gewiſſen Umfange ausſchließlich zu betreiben, wohl unter-
ſcheiden, und nur letztere als eine beſondere, mit dem Gute verbundene Gerechtſame
in Anſchlag bringen.

§. 99.

Die beſtaͤndigen Geld- und Naturalienfaͤlle berechnen ſich von ſelbſt; die unbe-Der Gefaͤlle.
ſtaͤndigen koͤnnen nicht anders als nach einem Durchſchnitt von einer Reihe von Jah-
ren, oft mit einiger Ruͤckſicht auf die Zeitumſtaͤnde, berechnet werden. Machen
ſolche einen betraͤchtlichen Theil der Rente eines Landgutes aus, ſo ſind ſie mehr ein
Gegenſtand fuͤr den Kapitaliſten, als fuͤr den Landwirth. Sie verzinſen nur das
Kapital, und laſſen ſich in der Regel nicht vermehren. Wer ein Landgut fuͤr
100,000 Rthlr. kauft, wovon 50,000 Rthlr. zinsbar durch ſolche Gefaͤlle gedeckt

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[61/0091] Werthſchaͤtzung eines Landguts. duſtrie, anerkannt groͤßer iſt, ſo hat man doch wegen des bisherigen großen Riſiko des Schafſterbens dieſen Anſatz in den gewoͤhnlichen Anſchlaͤgen noch nicht erhoͤhet; und allerdings muß bei dem wirklichen Ertrage der Schaͤferei vieles auf Induſtrie gerechnet werden. Die Schweinezucht wird zuweilen nach den Kuͤhen, zuweilen nach der Ausſaat berechnet. Im erſten Falle nimmt man an, daß von jeder Kuh ein Schwein aufge- zogen werden koͤnne, und ſetzt ſelbiges zu 8 bis 10 Gr. an. Bei der andern Art rechnet man auf jeden Scheffel Winterausſaat 1 Gr. fuͤr die Stoppelbenutzung mit den Schweinen. Nach der Ausſaat des Sommergetreides ſchlaͤgt man dagegen die Federvieh- nutzung an, 1 Scheffel zu 6 Pf. Die wilde Fiſcherei und Jagdbenutzung kann nur nach der Erfahrung oder Ver- pachtung nach jeder beſonderen Lokalitaͤt angeſchlagen werden. Die Teichfiſcherei aber erfordert eine genaue Kenntniß derſelben, die wir hier nicht vorausſetzen koͤnnen. §. 98. Auch die mit der Landwirthſchaft verbundenen Gewerbe der Bierbrauerei, Branntweinbrennerei, Ziegelei, Muͤhlenbetriebes, werden haͤufig nach ihrer Be- nutzung angeſchlagen, welche nur hiſtoriſch durch Regiſter und Zeugenausſagen aus- zumitteln iſt. Da hierbei aber auf die Induſtrie, womit das Gewerbe betrieben wor- den, und welche nicht taxirt werden kann, ſodann auf die Zeitumſtaͤnde ſo vieles an- kommt, ſo ſollte man das Gewerbe ſelbſt von der beſondern Berechtigung, ſelbiges uͤberhaupt und in einem gewiſſen Umfange ausſchließlich zu betreiben, wohl unter- ſcheiden, und nur letztere als eine beſondere, mit dem Gute verbundene Gerechtſame in Anſchlag bringen. Der Nebenge- werbe. §. 99. Die beſtaͤndigen Geld- und Naturalienfaͤlle berechnen ſich von ſelbſt; die unbe- ſtaͤndigen koͤnnen nicht anders als nach einem Durchſchnitt von einer Reihe von Jah- ren, oft mit einiger Ruͤckſicht auf die Zeitumſtaͤnde, berechnet werden. Machen ſolche einen betraͤchtlichen Theil der Rente eines Landgutes aus, ſo ſind ſie mehr ein Gegenſtand fuͤr den Kapitaliſten, als fuͤr den Landwirth. Sie verzinſen nur das Kapital, und laſſen ſich in der Regel nicht vermehren. Wer ein Landgut fuͤr 100,000 Rthlr. kauft, wovon 50,000 Rthlr. zinsbar durch ſolche Gefaͤlle gedeckt Der Gefaͤlle.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/91>, abgerufen am 18.04.2024.