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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

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denenselben Aussagen anderer Zeugen könten refutiret werden, indem hier und dar auch viele indicia pro innocentia reorum darinnen anzutreffen waren. Worauf ich eben eigentlich damahlen reflectiret, würde zu weitläufftig fallen, allhier distincte anzuführen, auch deßwegen unnöthig, und vielleicht verdrießlich seyn, weil dieselben unten in der ersten defension genungsam zu lesen sind; indessen können curiöse Gemüther die bißhero excerpirten registraturen noch einmahl, da es beliebig, für sich durchgehen, und sonderlich die mit andern littern gedruckten Worte in Acht nehmen, massen in denenselben partim indicia contra reos, partim indicia pro illis enthalten sind. Ich resolvirte mich dannenhero in Nahmen GOttes die defension auf mich zu nehmen, und für allen Dingen bedacht zu seyn, einen salvum conductum pro reis zu erhalten; hernach aber mich zu bemühen, wie ich in der Stille und ohne großen Zanck einen andern Commissarium erlangen möchte, der sich unpartheyischer gegen die inquisitas aufführte, als bißher der Amtsverwalter zu P. gethan, Und zwar, so viel dieses letzte betrifft, dachte ich um deßwillen mich nicht zu übereilen, weil die bißhero excerpirten registraturen genungsam wiesen, daß der Mann sehr hitzig und eyffrig wäre, die armen Leute zu verfolgen, und also künfftig noch mehr data, die Ihn verdächtig machten, geben würde. Denn was hätte Ihn sonst für Noth dazu getrieben, ohne erwartete Antwort von Z. per excerpta fol. 8. & 43. der Annen Steck-Brieffe nachzuschicken? Was hätte Ihn bewogen zu erst und eher ein einiger Zeuge davon etwas gemeldet hätte, in der Registratur fol. 6. ingleichen in den Bericht fol. 8. 10. &c. zu setzen, daß Anna das Kind umbgebracht haben solte? Was hätte Ihn bewogen, daß er alles, was nur die armen Leute graviren können, in die Registraturen, und zwar, sehr confus und öffters zweydeutig und unverständlich oder obscur, zu bringen, hingegen alles, was zu Ihrer defension dienen können, wenn er es nicht nothwendig thun müssen, auszulassen, oder doch die Zeugen darüber nicht zu fragen? Ja was hätte Ihn endlich verleitet, daß er in dem letzten Bericht das arme unschuldige Kind, Jungfer Marien Sophien auch in die inquisition bringen, und gleichsam mit denen Haaren darzu ziehen wolte? Also wäre zu vermuthen, daß er impetrato salvo conductu denen denunciatis bald neue indicia von seiner animosität geben würde, daraus dieselben würden Gelegenheit nehmen können, einen andern Commissarium auszubitten. Jedoch befunde ich die gantze Sache so beschaffen, daß wann ich auch einen unpartheyischen Commissarium würde erhalten haben, dieselbe doch nicht so gar leichte anzusehen sey, sondern mit grosser Behutsamkeit und Gedult tractiret seyn wolte, und daß ich eine sententiam pure absolutoniam gar

denenselben Aussagen anderer Zeugen könten refutiret werden, indem hier und dar auch viele indicia pro innocentia reorum darinnen anzutreffen waren. Worauf ich eben eigentlich damahlen reflectiret, würde zu weitläufftig fallen, allhier distincte anzuführen, auch deßwegen unnöthig, und vielleicht verdrießlich seyn, weil dieselben unten in der ersten defension genungsam zu lesen sind; indessen können curiöse Gemüther die bißhero excerpirten registraturen noch einmahl, da es beliebig, für sich durchgehen, und sonderlich die mit andern littern gedruckten Worte in Acht nehmen, massen in denenselben partim indicia contra reos, partim indicia pro illis enthalten sind. Ich resolvirte mich dannenhero in Nahmen GOttes die defension auf mich zu nehmen, und für allen Dingen bedacht zu seyn, einen salvum conductum pro reis zu erhalten; hernach aber mich zu bemühen, wie ich in der Stille und ohne großen Zanck einen andern Commissarium erlangen möchte, der sich unpartheyischer gegen die inquisitas aufführte, als bißher der Amtsverwalter zu P. gethan, Und zwar, so viel dieses letzte betrifft, dachte ich um deßwillen mich nicht zu übereilen, weil die bißhero excerpirten registraturen genungsam wiesen, daß der Mann sehr hitzig und eyffrig wäre, die armen Leute zu verfolgen, und also künfftig noch mehr data, die Ihn verdächtig machten, geben würde. Denn was hätte Ihn sonst für Noth dazu getrieben, ohne erwartete Antwort von Z. per excerpta fol. 8. & 43. der Annen Steck-Brieffe nachzuschicken? Was hätte Ihn bewogen zu erst und eher ein einiger Zeuge davon etwas gemeldet hätte, in der Registratur fol. 6. ingleichen in den Bericht fol. 8. 10. &c. zu setzen, daß Anna das Kind umbgebracht haben solte? Was hätte Ihn bewogen, daß er alles, was nur die armen Leute graviren können, in die Registraturen, und zwar, sehr confus und öffters zweydeutig und unverständlich oder obscur, zu bringen, hingegen alles, was zu Ihrer defension dienen können, wenn er es nicht nothwendig thun müssen, auszulassen, oder doch die Zeugen darüber nicht zu fragen? Ja was hätte Ihn endlich verleitet, daß er in dem letzten Bericht das arme unschuldige Kind, Jungfer Marien Sophien auch in die inquisition bringen, und gleichsam mit denen Haaren darzu ziehen wolte? Also wäre zu vermuthen, daß er impetrato salvo conductu denen denunciatis bald neue indicia von seiner animosität geben würde, daraus dieselben würden Gelegenheit nehmen können, einen andern Commissarium auszubitten. Jedoch befunde ich die gantze Sache so beschaffen, daß wann ich auch einen unpartheyischen Commissarium würde erhalten haben, dieselbe doch nicht so gar leichte anzusehen sey, sondern mit grosser Behutsamkeit und Gedult tractiret seyn wolte, und daß ich eine sententiam pure absolutoniam gar

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[15/0031] denenselben Aussagen anderer Zeugen könten refutiret werden, indem hier und dar auch viele indicia pro innocentia reorum darinnen anzutreffen waren. Worauf ich eben eigentlich damahlen reflectiret, würde zu weitläufftig fallen, allhier distincte anzuführen, auch deßwegen unnöthig, und vielleicht verdrießlich seyn, weil dieselben unten in der ersten defension genungsam zu lesen sind; indessen können curiöse Gemüther die bißhero excerpirten registraturen noch einmahl, da es beliebig, für sich durchgehen, und sonderlich die mit andern littern gedruckten Worte in Acht nehmen, massen in denenselben partim indicia contra reos, partim indicia pro illis enthalten sind. Ich resolvirte mich dannenhero in Nahmen GOttes die defension auf mich zu nehmen, und für allen Dingen bedacht zu seyn, einen salvum conductum pro reis zu erhalten; hernach aber mich zu bemühen, wie ich in der Stille und ohne großen Zanck einen andern Commissarium erlangen möchte, der sich unpartheyischer gegen die inquisitas aufführte, als bißher der Amtsverwalter zu P. gethan, Und zwar, so viel dieses letzte betrifft, dachte ich um deßwillen mich nicht zu übereilen, weil die bißhero excerpirten registraturen genungsam wiesen, daß der Mann sehr hitzig und eyffrig wäre, die armen Leute zu verfolgen, und also künfftig noch mehr data, die Ihn verdächtig machten, geben würde. Denn was hätte Ihn sonst für Noth dazu getrieben, ohne erwartete Antwort von Z. per excerpta fol. 8. & 43. der Annen Steck-Brieffe nachzuschicken? Was hätte Ihn bewogen zu erst und eher ein einiger Zeuge davon etwas gemeldet hätte, in der Registratur fol. 6. ingleichen in den Bericht fol. 8. 10. &c. zu setzen, daß Anna das Kind umbgebracht haben solte? Was hätte Ihn bewogen, daß er alles, was nur die armen Leute graviren können, in die Registraturen, und zwar, sehr confus und öffters zweydeutig und unverständlich oder obscur, zu bringen, hingegen alles, was zu Ihrer defension dienen können, wenn er es nicht nothwendig thun müssen, auszulassen, oder doch die Zeugen darüber nicht zu fragen? Ja was hätte Ihn endlich verleitet, daß er in dem letzten Bericht das arme unschuldige Kind, Jungfer Marien Sophien auch in die inquisition bringen, und gleichsam mit denen Haaren darzu ziehen wolte? Also wäre zu vermuthen, daß er impetrato salvo conductu denen denunciatis bald neue indicia von seiner animosität geben würde, daraus dieselben würden Gelegenheit nehmen können, einen andern Commissarium auszubitten. Jedoch befunde ich die gantze Sache so beschaffen, daß wann ich auch einen unpartheyischen Commissarium würde erhalten haben, dieselbe doch nicht so gar leichte anzusehen sey, sondern mit grosser Behutsamkeit und Gedult tractiret seyn wolte, und daß ich eine sententiam pure absolutoniam gar

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/31>, abgerufen am 18.04.2024.