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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

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Helmhold (der Schlieperin Vater) todt wäre: und als sie repliciret, warum er diß frage, habe er gesagt, daß er früh zwischen 3 und 4. Uhr vor Christian Schliepers Fenster kommen und gesehen, daß einige Weibes-Menscher mit Trauer-Mützen in der Stuben gestanden, er an das Fenster geklopfft und vor seinen Vater Toback abholen wollen, worauffdie Weiber sobald wegge / offen wären.

Catharina Schlieperin resp. Daß sie einmahl 2. Bergknappen, it. einen, ferner 2. Weiber beherbergt, könte sich aber nicht erinnern, ob damahls, als Andres Sieborger den Toback abgeholt, 2. Weibes-Personen bey ihr geherberget.

Dritter Actus.

§. V. Andreas Sieborger, dessen im vorigen paragrapho gedacht worden, hatte eben so viel Courage als der Herr Amts-Vogt mit seinen fünff Cameraden, wie die folgende registratur ausweiset.

Actum den 23. April. 1695.

Auf Catharina Schlieperin Ersuchen wird Andres Sieborger praevio juramento über das, was er gesehen, abgehöret und deponiret, daß er zwey Weiber mit Trauer-Mützen in der Schlieperin Stube gesehen, deren die gröste einen Butter-Töppen unter dem lincken Arm gehabt und mit den Finger darinnen herum gewischet, Deponent habe hierauf das Fenster aufmachen und den Toback heraus langen wollen, so er aber nicht eröffnen können, es wäre ihm sobald ein Grauen ankommen, indem die 2. Weiber unter einem seinen Augenmaß nach in der Stube gehangenen Rückgarn hindurch gekrochen, und sich sobald verlohren; die Schlieperin habe ihm darauf den Toback zum Fenster heraus gegeben, das Licht habe in der Schlieperin Stube gehangen, u. wäre er von dem damalgen Schrecken 3. biß 4. Tage unpäßlich gewesen.

Catharina Schlieperin erklähret sich hierauf, daß sie die hohe Obrigkeit und ihre Befreundten darüber zu Rathe nehmen wolle.

Actum eod. Nachmittag

Jost Schlüter hinterbringet dem Amts-Voigt nomine Catharina Schlieperin, daß ihre Freunde davor hielten, weil Sieborger sie nicht gescholten, so hätte sie nicht nöthig, die Sache weiter zu suchen, oder bey der hohen Obrigkeit zu klagen.

Der vierte Actus.

§. VI. Ob nun wohl die Schlieperin in ihrer Antwort raison hatte, und wenn gleich die zwey Weiber durch das Garn gekrochen wären und sich verborgen hätten, so wäre doch dieses ja so wenig ein indicium gewesen, daß die Schlieperin eine Hexe seyn müste, als die Folge in dem bekannten dicterio richtig ist: Baculus stat in angulo, ergo cras pluet: Nichts destoweniger hielte der Herr Amtsvoigt es seinen Pflichten gemäß, daß er die bisherigen registraturen seinen Obern und Vorgesetzten den 13den May berichtete. Ich habe zwar vergessen zu excerpiren, was er darauf für Antwort erhalten. Vermuthlich aber wenn ich die übrigen excerpta und was daraus ferner soll vorgestellet wer

Helmhold (der Schlieperin Vater) todt wäre: und als sie repliciret, warum er diß frage, habe er gesagt, daß er früh zwischen 3 und 4. Uhr vor Christian Schliepers Fenster kommen und gesehen, daß einige Weibes-Menscher mit Trauer-Mützen in der Stuben gestanden, er an das Fenster geklopfft und vor seinen Vater Toback abholen wollen, worauffdie Weiber sobald wegge / offen wären.

Catharina Schlieperin resp. Daß sie einmahl 2. Bergknappen, it. einen, ferner 2. Weiber beherbergt, könte sich aber nicht erinnern, ob damahls, als Andres Sieborger den Toback abgeholt, 2. Weibes-Personen bey ihr geherberget.

Dritter Actus.

§. V. Andreas Sieborger, dessen im vorigen paragrapho gedacht worden, hatte eben so viel Courage als der Herr Amts-Vogt mit seinen fünff Cameraden, wie die folgende registratur ausweiset.

Actum den 23. April. 1695.

Auf Catharina Schlieperin Ersuchen wird Andres Sieborger praevio juramento über das, was er gesehen, abgehöret und deponiret, daß er zwey Weiber mit Trauer-Mützen in der Schlieperin Stube gesehen, deren die gröste einen Butter-Töppen unter dem lincken Arm gehabt und mit den Finger darinnen herum gewischet, Deponent habe hierauf das Fenster aufmachen und den Toback heraus langen wollen, so er aber nicht eröffnen können, es wäre ihm sobald ein Grauen ankommen, indem die 2. Weiber unter einem seinen Augenmaß nach in der Stube gehangenen Rückgarn hindurch gekrochen, und sich sobald verlohren; die Schlieperin habe ihm darauf den Toback zum Fenster heraus gegeben, das Licht habe in der Schlieperin Stube gehangen, u. wäre er von dem damalgen Schrecken 3. biß 4. Tage unpäßlich gewesen.

Catharina Schlieperin erklähret sich hierauf, daß sie die hohe Obrigkeit und ihre Befreundten darüber zu Rathe nehmen wolle.

Actum eod. Nachmittag

Jost Schlüter hinterbringet dem Amts-Voigt nomine Catharina Schlieperin, daß ihre Freunde davor hielten, weil Sieborger sie nicht gescholten, so hätte sie nicht nöthig, die Sache weiter zu suchen, oder bey der hohen Obrigkeit zu klagen.

Der vierte Actus.

§. VI. Ob nun wohl die Schlieperin in ihrer Antwort raison hatte, und wenn gleich die zwey Weiber durch das Garn gekrochen wären und sich verborgen hätten, so wäre doch dieses ja so wenig ein indicium gewesen, daß die Schlieperin eine Hexe seyn müste, als die Folge in dem bekannten dicterio richtig ist: Baculus stat in angulo, ergo cras pluet: Nichts destoweniger hielte der Herr Amtsvoigt es seinen Pflichten gemäß, daß er die bisherigen registraturen seinen Obern und Vorgesetzten den 13den May berichtete. Ich habe zwar vergessen zu excerpiren, was er darauf für Antwort erhalten. Vermuthlich aber wenn ich die übrigen excerpta und was daraus ferner soll vorgestellet wer

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[304/0312] Helmhold (der Schlieperin Vater) todt wäre: und als sie repliciret, warum er diß frage, habe er gesagt, daß er früh zwischen 3 und 4. Uhr vor Christian Schliepers Fenster kommen und gesehen, daß einige Weibes-Menscher mit Trauer-Mützen in der Stuben gestanden, er an das Fenster geklopfft und vor seinen Vater Toback abholen wollen, worauffdie Weiber sobald wegge / offen wären. Catharina Schlieperin resp. Daß sie einmahl 2. Bergknappen, it. einen, ferner 2. Weiber beherbergt, könte sich aber nicht erinnern, ob damahls, als Andres Sieborger den Toback abgeholt, 2. Weibes-Personen bey ihr geherberget. §. V. Andreas Sieborger, dessen im vorigen paragrapho gedacht worden, hatte eben so viel Courage als der Herr Amts-Vogt mit seinen fünff Cameraden, wie die folgende registratur ausweiset. Actum den 23. April. 1695. Auf Catharina Schlieperin Ersuchen wird Andres Sieborger praevio juramento über das, was er gesehen, abgehöret und deponiret, daß er zwey Weiber mit Trauer-Mützen in der Schlieperin Stube gesehen, deren die gröste einen Butter-Töppen unter dem lincken Arm gehabt und mit den Finger darinnen herum gewischet, Deponent habe hierauf das Fenster aufmachen und den Toback heraus langen wollen, so er aber nicht eröffnen können, es wäre ihm sobald ein Grauen ankommen, indem die 2. Weiber unter einem seinen Augenmaß nach in der Stube gehangenen Rückgarn hindurch gekrochen, und sich sobald verlohren; die Schlieperin habe ihm darauf den Toback zum Fenster heraus gegeben, das Licht habe in der Schlieperin Stube gehangen, u. wäre er von dem damalgen Schrecken 3. biß 4. Tage unpäßlich gewesen. Catharina Schlieperin erklähret sich hierauf, daß sie die hohe Obrigkeit und ihre Befreundten darüber zu Rathe nehmen wolle. Actum eod. Nachmittag Jost Schlüter hinterbringet dem Amts-Voigt nomine Catharina Schlieperin, daß ihre Freunde davor hielten, weil Sieborger sie nicht gescholten, so hätte sie nicht nöthig, die Sache weiter zu suchen, oder bey der hohen Obrigkeit zu klagen. §. VI. Ob nun wohl die Schlieperin in ihrer Antwort raison hatte, und wenn gleich die zwey Weiber durch das Garn gekrochen wären und sich verborgen hätten, so wäre doch dieses ja so wenig ein indicium gewesen, daß die Schlieperin eine Hexe seyn müste, als die Folge in dem bekannten dicterio richtig ist: Baculus stat in angulo, ergo cras pluet: Nichts destoweniger hielte der Herr Amtsvoigt es seinen Pflichten gemäß, daß er die bisherigen registraturen seinen Obern und Vorgesetzten den 13den May berichtete. Ich habe zwar vergessen zu excerpiren, was er darauf für Antwort erhalten. Vermuthlich aber wenn ich die übrigen excerpta und was daraus ferner soll vorgestellet wer

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/312>, abgerufen am 28.03.2024.