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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.

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griffen, diese Würckungen, die sonsten die von tollen Hunden gebissenen empfinden, verursachet habe, massen dann auch die Inquisitin, als der Defensor diesen Umbstand gebührend ausgeführet, durch Urtheil und Recht auch ohne Tortur von der Inquisition war absolviret worden. Und gewiß es würden unsere Herren Medici, die von denen alten praejudiciis befreyet sind, eine nützliche Arbeit übernehmen, wenn sie etwas ausführlich die Würckungen einer starcken Einbildung die mit einen geschwinden und hefftigen Schrecken vergesellschafftet ist, absonderlich aber, was dergleichen Einbildung und Schrecken über die beschriene und eingebildete Hexen für ungewöhnliche und übernatürlich scheinende Kranckheiten verursachen könten, in einen gelehrten Tractat beschrieben.

V. Handel. Ob ein Ministre, der sich nicht in odiöse Sachen mischen wollen / gestrafft werden könne.
§. I.

DIe Hoff-Dienste haben zweyerley Gestalten: die äusserliche, durchZweyerley Gestalten der Hoff-Dienste: eine angenehme und eine förchterliche. welche die Leute angelockt werden, nach denenselben für andern zu trachten; die verborgene aber, die sich denen Leuten erst zeiget, wenn sie die Dienste angenommen haben. Die erste ist vortreff ich schön, lieblich, angenehm, verspricht viel Ehre, Reichthumb, auch nach Gelegenheit, oder (wie die Urtheilsfasser zu reden pflegen) gestalten Sachen nach, Wollust: sie locket auch ehrliche und tugendhafte Leute an, unter der Hoffnung, daß sie alsdann dem gemeinen Wesen auf die Beine helffen, viel Gnts stifften, oder wohl gar viel GOtt zu-Ehren reichende Wercke bfördern wolten. Dannenhero auch nicht zuverwundern, daß so viel Gelehrte nach denen Hoff-Diensten streben, weil auch diese gemenget und theils lasterhafft sind, theils vor tugendhafft wollen angesehen seyn. Die andere Gestalt aber siehet gantz anders aus, kan aber von mir nicht beschrieben werden, nicht daß ich mich fürchtete, es möchten die Hoff-Dienste dadurch in Decadenz kommen, und sodann Fürsten und Herrn keinen Minister mehr in Dienste bekommen können, sonderlich aber der Professorum entbehren müssen, wenn sie

griffen, diese Würckungen, die sonsten die von tollen Hunden gebissenen empfinden, verursachet habe, massen dann auch die Inquisitin, als der Defensor diesen Umbstand gebührend ausgeführet, durch Urtheil und Recht auch ohne Tortur von der Inquisition war absolviret worden. Und gewiß es würden unsere Herren Medici, die von denen alten praejudiciis befreyet sind, eine nützliche Arbeit übernehmen, wenn sie etwas ausführlich die Würckungen einer starcken Einbildung die mit einen geschwinden und hefftigen Schrecken vergesellschafftet ist, absonderlich aber, was dergleichen Einbildung und Schrecken über die beschriene und eingebildete Hexen für ungewöhnliche und übernatürlich scheinende Kranckheiten verursachen könten, in einen gelehrten Tractat beschrieben.

V. Handel. Ob ein Ministre, der sich nicht in odiöse Sachen mischen wollen / gestrafft werden könne.
§. I.

DIe Hoff-Dienste haben zweyerley Gestalten: die äusserliche, durchZweyerley Gestalten der Hoff-Dienste: eine angenehme und eine förchterliche. welche die Leute angelockt werden, nach denenselben für andern zu trachten; die verborgene aber, die sich denen Leuten erst zeiget, wenn sie die Dienste angenommen haben. Die erste ist vortreff ich schön, lieblich, angenehm, verspricht viel Ehre, Reichthumb, auch nach Gelegenheit, oder (wie die Urtheilsfasser zu reden pflegen) gestalten Sachen nach, Wollust: sie locket auch ehrliche und tugendhafte Leute an, unter der Hoffnung, daß sie alsdann dem gemeinen Wesen auf die Beine helffen, viel Gnts stifften, oder wohl gar viel GOtt zu-Ehren reichende Wercke bfördern wolten. Dannenhero auch nicht zuverwundern, daß so viel Gelehrte nach denen Hoff-Diensten streben, weil auch diese gemenget und theils lasterhafft sind, theils vor tugendhafft wollen angesehen seyn. Die andere Gestalt aber siehet gantz anders aus, kan aber von mir nicht beschrieben werden, nicht daß ich mich fürchtete, es möchten die Hoff-Dienste dadurch in Decadenz kommen, und sodann Fürsten und Herrn keinen Minister mehr in Dienste bekommen können, sonderlich aber der Professorum entbehren müssen, wenn sie

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[233/0239] griffen, diese Würckungen, die sonsten die von tollen Hunden gebissenen empfinden, verursachet habe, massen dann auch die Inquisitin, als der Defensor diesen Umbstand gebührend ausgeführet, durch Urtheil und Recht auch ohne Tortur von der Inquisition war absolviret worden. Und gewiß es würden unsere Herren Medici, die von denen alten praejudiciis befreyet sind, eine nützliche Arbeit übernehmen, wenn sie etwas ausführlich die Würckungen einer starcken Einbildung die mit einen geschwinden und hefftigen Schrecken vergesellschafftet ist, absonderlich aber, was dergleichen Einbildung und Schrecken über die beschriene und eingebildete Hexen für ungewöhnliche und übernatürlich scheinende Kranckheiten verursachen könten, in einen gelehrten Tractat beschrieben. V. Handel. Ob ein Ministre, der sich nicht in odiöse Sachen mischen wollen / gestrafft werden könne. §. I. DIe Hoff-Dienste haben zweyerley Gestalten: die äusserliche, durch welche die Leute angelockt werden, nach denenselben für andern zu trachten; die verborgene aber, die sich denen Leuten erst zeiget, wenn sie die Dienste angenommen haben. Die erste ist vortreff ich schön, lieblich, angenehm, verspricht viel Ehre, Reichthumb, auch nach Gelegenheit, oder (wie die Urtheilsfasser zu reden pflegen) gestalten Sachen nach, Wollust: sie locket auch ehrliche und tugendhafte Leute an, unter der Hoffnung, daß sie alsdann dem gemeinen Wesen auf die Beine helffen, viel Gnts stifften, oder wohl gar viel GOtt zu-Ehren reichende Wercke bfördern wolten. Dannenhero auch nicht zuverwundern, daß so viel Gelehrte nach denen Hoff-Diensten streben, weil auch diese gemenget und theils lasterhafft sind, theils vor tugendhafft wollen angesehen seyn. Die andere Gestalt aber siehet gantz anders aus, kan aber von mir nicht beschrieben werden, nicht daß ich mich fürchtete, es möchten die Hoff-Dienste dadurch in Decadenz kommen, und sodann Fürsten und Herrn keinen Minister mehr in Dienste bekommen können, sonderlich aber der Professorum entbehren müssen, wenn sie Zweyerley Gestalten der Hoff-Dienste: eine angenehme und eine förchterliche.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/239>, abgerufen am 25.04.2024.