Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

Alle Vögel scheinen zu wittern. Darum,
und nicht, wie Azara a) glaubt, damit der
Wind ihr Gefieder nicht in Unordnung bringe,
fliegen alle Vögel so viel wie möglich gegen
den Wind und halten ruhend ihren Schnabel
der Richtung desselben und des Regens entge-
gen b). Die Enten und andere Wasservögel
machen zwar mit ihrem Schnabel Bewegungen,
die bey flüchtiger Ansicht auf die Vermuthung
bringen können, dass sie das Vermögen zu
spüren besitzen. Bey näherer Beobachtung wird
man aber finden, dass diese Bewegungen auf
ein Tasten mit dem Schnabel abzwecken, indem
sie denselben mit den zu untersuchenden Gegen-
ständen in unmittelbare Berührung bringen c).
Wie stark das Vermögen zu wittern bey man-
chen Vögeln ist, beweist der Umstand, dass
Raubvögel aus meilenweiten Entfernungen durch
faulende Leichname herbeygelockt werden d).
Dieses Vermögen lässt sich selbst den sperlings-
artigen Vögeln nicht absprechen, die keinen

schar-
a) Voyages dans l'Amerique meridion. T. III. p. 14.
b) Schneider de osse cribrif. p. 197.
c) Blumenbach's Handb. der Nat. Gesch. 10te Ausg.
S. 147.
d) Home, Philos. Transact. Y. 1796. Reise nach Bra-
silien des Prinzen Maximilian zu Wied-Neuwied.
B. 1. S. 55. der 8. Ausg.
T 3

Alle Vögel scheinen zu wittern. Darum,
und nicht, wie Azara a) glaubt, damit der
Wind ihr Gefieder nicht in Unordnung bringe,
fliegen alle Vögel so viel wie möglich gegen
den Wind und halten ruhend ihren Schnabel
der Richtung desselben und des Regens entge-
gen b). Die Enten und andere Wasservögel
machen zwar mit ihrem Schnabel Bewegungen,
die bey flüchtiger Ansicht auf die Vermuthung
bringen können, daſs sie das Vermögen zu
spüren besitzen. Bey näherer Beobachtung wird
man aber finden, daſs diese Bewegungen auf
ein Tasten mit dem Schnabel abzwecken, indem
sie denselben mit den zu untersuchenden Gegen-
ständen in unmittelbare Berührung bringen c).
Wie stark das Vermögen zu wittern bey man-
chen Vögeln ist, beweist der Umstand, daſs
Raubvögel aus meilenweiten Entfernungen durch
faulende Leichname herbeygelockt werden d).
Dieses Vermögen läſst sich selbst den sperlings-
artigen Vögeln nicht absprechen, die keinen

schar-
a) Voyages dans l’Amérique méridion. T. III. p. 14.
b) Schneider de osse cribrif. p. 197.
c) Blumenbach’s Handb. der Nat. Gesch. 10te Ausg.
S. 147.
d) Home, Philos. Transact. Y. 1796. Reise nach Bra-
silien des Prinzen Maximilian zu Wied-Neuwied.
B. 1. S. 55. der 8. Ausg.
T 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <pb facs="#f0305" n="287"/>
                <p>Alle Vögel scheinen zu wittern. Darum,<lb/>
und nicht, wie <hi rendition="#k">Azara</hi> <note place="foot" n="a)">Voyages dans l&#x2019;Amérique méridion. T. III. p. 14.</note> glaubt, damit der<lb/>
Wind ihr Gefieder nicht in Unordnung bringe,<lb/>
fliegen alle Vögel so viel wie möglich gegen<lb/>
den Wind und halten ruhend ihren Schnabel<lb/>
der Richtung desselben und des Regens entge-<lb/>
gen <note place="foot" n="b)"><hi rendition="#k">Schneider</hi> de osse cribrif. p. 197.</note>. Die Enten und andere Wasservögel<lb/>
machen zwar mit ihrem Schnabel Bewegungen,<lb/>
die bey flüchtiger Ansicht auf die Vermuthung<lb/>
bringen können, da&#x017F;s sie das Vermögen zu<lb/>
spüren besitzen. Bey näherer Beobachtung wird<lb/>
man aber finden, da&#x017F;s diese Bewegungen auf<lb/>
ein Tasten mit dem Schnabel abzwecken, indem<lb/>
sie denselben mit den zu untersuchenden Gegen-<lb/>
ständen in unmittelbare Berührung bringen <note place="foot" n="c)"><hi rendition="#k">Blumenbach&#x2019;s</hi> Handb. der Nat. Gesch. 10te Ausg.<lb/>
S. 147.</note>.<lb/>
Wie stark das Vermögen zu wittern bey man-<lb/>
chen Vögeln ist, beweist der Umstand, da&#x017F;s<lb/>
Raubvögel aus meilenweiten Entfernungen durch<lb/>
faulende Leichname herbeygelockt werden <note place="foot" n="d)"><hi rendition="#k">Home</hi>, Philos. Transact. Y. 1796. Reise nach Bra-<lb/>
silien des Prinzen <hi rendition="#k">Maximilian zu Wied-Neuwied</hi>.<lb/>
B. 1. S. 55. der 8. Ausg.</note>.<lb/>
Dieses Vermögen lä&#x017F;st sich selbst den sperlings-<lb/>
artigen Vögeln nicht absprechen, die keinen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">schar-</fw><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">T 3</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[287/0305] Alle Vögel scheinen zu wittern. Darum, und nicht, wie Azara a) glaubt, damit der Wind ihr Gefieder nicht in Unordnung bringe, fliegen alle Vögel so viel wie möglich gegen den Wind und halten ruhend ihren Schnabel der Richtung desselben und des Regens entge- gen b). Die Enten und andere Wasservögel machen zwar mit ihrem Schnabel Bewegungen, die bey flüchtiger Ansicht auf die Vermuthung bringen können, daſs sie das Vermögen zu spüren besitzen. Bey näherer Beobachtung wird man aber finden, daſs diese Bewegungen auf ein Tasten mit dem Schnabel abzwecken, indem sie denselben mit den zu untersuchenden Gegen- ständen in unmittelbare Berührung bringen c). Wie stark das Vermögen zu wittern bey man- chen Vögeln ist, beweist der Umstand, daſs Raubvögel aus meilenweiten Entfernungen durch faulende Leichname herbeygelockt werden d). Dieses Vermögen läſst sich selbst den sperlings- artigen Vögeln nicht absprechen, die keinen schar- a) Voyages dans l’Amérique méridion. T. III. p. 14. b) Schneider de osse cribrif. p. 197. c) Blumenbach’s Handb. der Nat. Gesch. 10te Ausg. S. 147. d) Home, Philos. Transact. Y. 1796. Reise nach Bra- silien des Prinzen Maximilian zu Wied-Neuwied. B. 1. S. 55. der 8. Ausg. T 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/305
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/305>, abgerufen am 29.03.2024.