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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

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Klasse der Vögel.. (Aves.)


Die Umwandlung der vorderen Gliedmassen zu Flügeln, die Be-
deckung des ganzen Leibes mit Federn sind so allgemein und durch-
gehend in dieser Klasse, daß diese schon durch die angeführten
Charaktere allein als eine durchaus abgeschlossene höchst charakteristische
Gruppe des Thierreiches dastehen würde. Man kann nicht sagen,
daß die Klasse der Vögel sich als einen nothwendigen Durchgangs-
typus zwischen den Reptilien einerseits und den Säugethieren anderer-
seits hinstellt. Die Durchführung des einheitlichen Planes in dem
Baue der Wirbelthiere und die Anschauung seiner allmähligen Aus-
bildung würde im Gegentheile bedeutend leichter sein, wenn die in
vielen Beziehungen abnorme Klasse der Vögel gänzlich fehlte und die
Säugethiere sich unmittelbar an die Reptilien anschlössen. Nichts
beweiset besser als dieß Verhältniß einer ganzen und so überaus zahl-
reichen Klasse die Vergeblichkeit des Abmühens Derjenigen, welche das
Thierreich in eine einzige aufsteigende Linie ordnen möchten, die von
den niedersten Formen beginnend, bei dem Menschen ihren Ausgangs-
punkt fände. Die Klasse der Vögel steht unzweifelhaft durch die Aus-
bildung ihrer inneren Organe, besonders ihres Gehirnes, ihres
Herzens und ihrer Lungen, sowie durch das warme Blut weit über
den Reptilien, während sie auf der anderen Seite eben so zweifellos
den Säugethieren in vielfacher Beziehung nachsteht; und dennoch bildet
sie kein Mittelglied zwischen beiden Klassen, sondern einen abweichen-
den Typus, der sich weder dem einen noch dem anderen näher
anschließt.

Die Körperform der Vögel ist eine durchaus charakteristische.
Brust und Bauch bilden eine einzige eiförmige Masse, welche im
Gleichgewichte auf zwei unter ihr angebrachten Stützen, den Beinen,

Klaſſe der Vögel.. (Aves.)


Die Umwandlung der vorderen Gliedmaſſen zu Flügeln, die Be-
deckung des ganzen Leibes mit Federn ſind ſo allgemein und durch-
gehend in dieſer Klaſſe, daß dieſe ſchon durch die angeführten
Charaktere allein als eine durchaus abgeſchloſſene höchſt charakteriſtiſche
Gruppe des Thierreiches daſtehen würde. Man kann nicht ſagen,
daß die Klaſſe der Vögel ſich als einen nothwendigen Durchgangs-
typus zwiſchen den Reptilien einerſeits und den Säugethieren anderer-
ſeits hinſtellt. Die Durchführung des einheitlichen Planes in dem
Baue der Wirbelthiere und die Anſchauung ſeiner allmähligen Aus-
bildung würde im Gegentheile bedeutend leichter ſein, wenn die in
vielen Beziehungen abnorme Klaſſe der Vögel gänzlich fehlte und die
Säugethiere ſich unmittelbar an die Reptilien anſchlöſſen. Nichts
beweiſet beſſer als dieß Verhältniß einer ganzen und ſo überaus zahl-
reichen Klaſſe die Vergeblichkeit des Abmühens Derjenigen, welche das
Thierreich in eine einzige aufſteigende Linie ordnen möchten, die von
den niederſten Formen beginnend, bei dem Menſchen ihren Ausgangs-
punkt fände. Die Klaſſe der Vögel ſteht unzweifelhaft durch die Aus-
bildung ihrer inneren Organe, beſonders ihres Gehirnes, ihres
Herzens und ihrer Lungen, ſowie durch das warme Blut weit über
den Reptilien, während ſie auf der anderen Seite eben ſo zweifellos
den Säugethieren in vielfacher Beziehung nachſteht; und dennoch bildet
ſie kein Mittelglied zwiſchen beiden Klaſſen, ſondern einen abweichen-
den Typus, der ſich weder dem einen noch dem anderen näher
anſchließt.

Die Körperform der Vögel iſt eine durchaus charakteriſtiſche.
Bruſt und Bauch bilden eine einzige eiförmige Maſſe, welche im
Gleichgewichte auf zwei unter ihr angebrachten Stützen, den Beinen,

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[295/0301] Klaſſe der Vögel.. (Aves.) Die Umwandlung der vorderen Gliedmaſſen zu Flügeln, die Be- deckung des ganzen Leibes mit Federn ſind ſo allgemein und durch- gehend in dieſer Klaſſe, daß dieſe ſchon durch die angeführten Charaktere allein als eine durchaus abgeſchloſſene höchſt charakteriſtiſche Gruppe des Thierreiches daſtehen würde. Man kann nicht ſagen, daß die Klaſſe der Vögel ſich als einen nothwendigen Durchgangs- typus zwiſchen den Reptilien einerſeits und den Säugethieren anderer- ſeits hinſtellt. Die Durchführung des einheitlichen Planes in dem Baue der Wirbelthiere und die Anſchauung ſeiner allmähligen Aus- bildung würde im Gegentheile bedeutend leichter ſein, wenn die in vielen Beziehungen abnorme Klaſſe der Vögel gänzlich fehlte und die Säugethiere ſich unmittelbar an die Reptilien anſchlöſſen. Nichts beweiſet beſſer als dieß Verhältniß einer ganzen und ſo überaus zahl- reichen Klaſſe die Vergeblichkeit des Abmühens Derjenigen, welche das Thierreich in eine einzige aufſteigende Linie ordnen möchten, die von den niederſten Formen beginnend, bei dem Menſchen ihren Ausgangs- punkt fände. Die Klaſſe der Vögel ſteht unzweifelhaft durch die Aus- bildung ihrer inneren Organe, beſonders ihres Gehirnes, ihres Herzens und ihrer Lungen, ſowie durch das warme Blut weit über den Reptilien, während ſie auf der anderen Seite eben ſo zweifellos den Säugethieren in vielfacher Beziehung nachſteht; und dennoch bildet ſie kein Mittelglied zwiſchen beiden Klaſſen, ſondern einen abweichen- den Typus, der ſich weder dem einen noch dem anderen näher anſchließt. Die Körperform der Vögel iſt eine durchaus charakteriſtiſche. Bruſt und Bauch bilden eine einzige eiförmige Maſſe, welche im Gleichgewichte auf zwei unter ihr angebrachten Stützen, den Beinen,

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/301>, abgerufen am 29.03.2024.