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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

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bewohnt das ganze afrikanische Festland von dem 20° nördlicher Breite
etwa an bis zu der Südspitze des Caplandes und theilt sich wesentlich
in drei große Gruppen: Die eigentlichen Neger mit tiefer Haut-
schwärze, zurückweichender Stirn, vollem Wollhaare und ziemlich brei-
tem Untergesichte; die nomadischen Kaffern mit ziemlich hoher Stirn,
wohlgebildeter gerader Nase und spitzem Untergesicht, und die Hot-
tentotten
mit außerordentlich abgeplatteter Nase, kleinen, tief liegen-
den Augen und ebenfalls spitzem Untergesichte, von denen die Busch-
männer
nur einen Zweig bilden. Bei den Weibern der Kaffern und
Hottentotten bildet sich oft ein ganz eigenthümliches Fettpolster auf
dem Hintern aus. Die Sprache der Kaffern und Hottentotten hat
eine große Menge von schnalzenden, knarrenden und Gurgellauten,
welche ihr ein eigenthümliches Gepräge geben.

An die Aethiopier Afrika's schließt sich eine kleine Anzahl von
Negerstämmen an, welche hauptsächlich im Inneren einiger Südseein-
seln auf Sumatra, Mindanao und den neuen Hebriden verbreitet
sind und die in allen äußeren Charakteren vollkommen mit den Negern
übereinstimmen, so daß man sie auch Negrito's genannt hat, die
sich aber dadurch unterscheiden, daß ihre Köpfe weniger lang gestreckt
sind, so daß man sie eher zu den Kurzköpfen zählen könnte. Bei
einer wenig bekannten und von diesen Negrito's verschiedenen Völker-
schaft, welche die Inseln Waigiu und deren Nachbarn, so wie die
ganze Nordküste von Neu-Guinea bewohnt, bei den Papuas tritt
dieser Charakter des Kopfes am auffallendsten hervor; sie gehören
offenbar zu den schiefzähnigen Kurzköpfen. Der Längsdurchmesser
verhält sich zum Querdurchmesser etwa wie 8:7; die Kiefer stehen
stark vor, bilden aber einen breiteren Bogen, als bei den Kaffern;
Lippen, Nase und der übrige Gesichtsausdruck ist ganz derjenige der
Neger; das Kopfhaar aber zeichnet sich durch eine besondere Eigen-
thümlichkeit aus, es ist nämlich lang, schwarz, nicht wollig, aber
dick gelockt, so daß es eine ungeheure runde Lockenperücke darstellt,
die etwa wie ein Wollstock aussieht, womit man die Zimmer zu putzen
pflegt. Die Hautfarbe ist dunkel braunschwarz. Man sieht, daß man
diese Negerbevölkerung der Südseeinseln nicht als Einwanderer von
Afrika her betrachten kann, da sie zu den Breitköpfen gehören, wäh-
rend in ganz Afrika nur schmalköpfige Aethiopier wohnen; daß diese
Bevölkerung im Gegentheile eine autochthone ist und in dieser Art die
Breitköpfe repräsentirt -- wie denn überhaupt in den Asien zugehö-
rigen Länderstrichen die Breitköpfe vorherrschen.


bewohnt das ganze afrikaniſche Feſtland von dem 20° nördlicher Breite
etwa an bis zu der Südſpitze des Caplandes und theilt ſich weſentlich
in drei große Gruppen: Die eigentlichen Neger mit tiefer Haut-
ſchwärze, zurückweichender Stirn, vollem Wollhaare und ziemlich brei-
tem Untergeſichte; die nomadiſchen Kaffern mit ziemlich hoher Stirn,
wohlgebildeter gerader Naſe und ſpitzem Untergeſicht, und die Hot-
tentotten
mit außerordentlich abgeplatteter Naſe, kleinen, tief liegen-
den Augen und ebenfalls ſpitzem Untergeſichte, von denen die Buſch-
männer
nur einen Zweig bilden. Bei den Weibern der Kaffern und
Hottentotten bildet ſich oft ein ganz eigenthümliches Fettpolſter auf
dem Hintern aus. Die Sprache der Kaffern und Hottentotten hat
eine große Menge von ſchnalzenden, knarrenden und Gurgellauten,
welche ihr ein eigenthümliches Gepräge geben.

An die Aethiopier Afrika’s ſchließt ſich eine kleine Anzahl von
Negerſtämmen an, welche hauptſächlich im Inneren einiger Südſeein-
ſeln auf Sumatra, Mindanao und den neuen Hebriden verbreitet
ſind und die in allen äußeren Charakteren vollkommen mit den Negern
übereinſtimmen, ſo daß man ſie auch Negrito’s genannt hat, die
ſich aber dadurch unterſcheiden, daß ihre Köpfe weniger lang geſtreckt
ſind, ſo daß man ſie eher zu den Kurzköpfen zählen könnte. Bei
einer wenig bekannten und von dieſen Negrito’s verſchiedenen Völker-
ſchaft, welche die Inſeln Waigiu und deren Nachbarn, ſo wie die
ganze Nordküſte von Neu-Guinea bewohnt, bei den Papuas tritt
dieſer Charakter des Kopfes am auffallendſten hervor; ſie gehören
offenbar zu den ſchiefzähnigen Kurzköpfen. Der Längsdurchmeſſer
verhält ſich zum Querdurchmeſſer etwa wie 8:7; die Kiefer ſtehen
ſtark vor, bilden aber einen breiteren Bogen, als bei den Kaffern;
Lippen, Naſe und der übrige Geſichtsausdruck iſt ganz derjenige der
Neger; das Kopfhaar aber zeichnet ſich durch eine beſondere Eigen-
thümlichkeit aus, es iſt nämlich lang, ſchwarz, nicht wollig, aber
dick gelockt, ſo daß es eine ungeheure runde Lockenperücke darſtellt,
die etwa wie ein Wollſtock ausſieht, womit man die Zimmer zu putzen
pflegt. Die Hautfarbe iſt dunkel braunſchwarz. Man ſieht, daß man
dieſe Negerbevölkerung der Südſeeinſeln nicht als Einwanderer von
Afrika her betrachten kann, da ſie zu den Breitköpfen gehören, wäh-
rend in ganz Afrika nur ſchmalköpfige Aethiopier wohnen; daß dieſe
Bevölkerung im Gegentheile eine autochthone iſt und in dieſer Art die
Breitköpfe repräſentirt — wie denn überhaupt in den Aſien zugehö-
rigen Länderſtrichen die Breitköpfe vorherrſchen.


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[559/0565] bewohnt das ganze afrikaniſche Feſtland von dem 20° nördlicher Breite etwa an bis zu der Südſpitze des Caplandes und theilt ſich weſentlich in drei große Gruppen: Die eigentlichen Neger mit tiefer Haut- ſchwärze, zurückweichender Stirn, vollem Wollhaare und ziemlich brei- tem Untergeſichte; die nomadiſchen Kaffern mit ziemlich hoher Stirn, wohlgebildeter gerader Naſe und ſpitzem Untergeſicht, und die Hot- tentotten mit außerordentlich abgeplatteter Naſe, kleinen, tief liegen- den Augen und ebenfalls ſpitzem Untergeſichte, von denen die Buſch- männer nur einen Zweig bilden. Bei den Weibern der Kaffern und Hottentotten bildet ſich oft ein ganz eigenthümliches Fettpolſter auf dem Hintern aus. Die Sprache der Kaffern und Hottentotten hat eine große Menge von ſchnalzenden, knarrenden und Gurgellauten, welche ihr ein eigenthümliches Gepräge geben. An die Aethiopier Afrika’s ſchließt ſich eine kleine Anzahl von Negerſtämmen an, welche hauptſächlich im Inneren einiger Südſeein- ſeln auf Sumatra, Mindanao und den neuen Hebriden verbreitet ſind und die in allen äußeren Charakteren vollkommen mit den Negern übereinſtimmen, ſo daß man ſie auch Negrito’s genannt hat, die ſich aber dadurch unterſcheiden, daß ihre Köpfe weniger lang geſtreckt ſind, ſo daß man ſie eher zu den Kurzköpfen zählen könnte. Bei einer wenig bekannten und von dieſen Negrito’s verſchiedenen Völker- ſchaft, welche die Inſeln Waigiu und deren Nachbarn, ſo wie die ganze Nordküſte von Neu-Guinea bewohnt, bei den Papuas tritt dieſer Charakter des Kopfes am auffallendſten hervor; ſie gehören offenbar zu den ſchiefzähnigen Kurzköpfen. Der Längsdurchmeſſer verhält ſich zum Querdurchmeſſer etwa wie 8:7; die Kiefer ſtehen ſtark vor, bilden aber einen breiteren Bogen, als bei den Kaffern; Lippen, Naſe und der übrige Geſichtsausdruck iſt ganz derjenige der Neger; das Kopfhaar aber zeichnet ſich durch eine beſondere Eigen- thümlichkeit aus, es iſt nämlich lang, ſchwarz, nicht wollig, aber dick gelockt, ſo daß es eine ungeheure runde Lockenperücke darſtellt, die etwa wie ein Wollſtock ausſieht, womit man die Zimmer zu putzen pflegt. Die Hautfarbe iſt dunkel braunſchwarz. Man ſieht, daß man dieſe Negerbevölkerung der Südſeeinſeln nicht als Einwanderer von Afrika her betrachten kann, da ſie zu den Breitköpfen gehören, wäh- rend in ganz Afrika nur ſchmalköpfige Aethiopier wohnen; daß dieſe Bevölkerung im Gegentheile eine autochthone iſt und in dieſer Art die Breitköpfe repräſentirt — wie denn überhaupt in den Aſien zugehö- rigen Länderſtrichen die Breitköpfe vorherrſchen.

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 559. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/565>, abgerufen am 28.03.2024.