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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.

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[Spaltenumbruch] *7 Er weiss seine Schafchens zu scheren. - Frischbier2, 3241; Hennig, 223.

Versteht seinen Vortheil, weiss es am rechten Ende anzugreifen, um seinen Beutel zu füllen.

*8 He get sinem Schäpken na. - Dähnert, 399b.

Er ist gern bei dem Mädchen, das er liebgewonnen hat.

*9 He wet sin Schöpken got to scheren. (Mecklenburg.) - Frommann, II, 223; Eichwald, 1641; Dähnert, 399b.

Er weiss einen Schnitt zu machen. Auch von Sporteln und dergleichen Einnahmen gesagt.

*10 Hei hädd sin Schöppkes in 't Dröge. (S. Karren 79.) (Kleve.) - Firmenich, I, 382, 10; Bagel, 55; ostfriesisch bei Eichwald, 1642; Bueren, 533; Kern, 829; Stürenburg, 210b; Hauskalender, II.


Schafdreck.

* Schwätz kein so 'n Schafdreck aus. (Schwaben.)


Schäfer.

1 Böse Schäfer lieben bissige Hunde.

2 Böse Schäfer machen fette Wölfe. - Winckler, IV, 56.

3 Der Schäfer gehört zur Heerde.

Die Russen: Ohne den Schäfer machen die Schafe keine Heerde. (Cahier, 1901.)

4 Der Schäfer ist verdächtig, der beim Wolf Gevatter steht. - Simrock, 8824; Körte, 5243.

It.: Il pastor che loda il lupo, ha in odio la pecora. (Masson, 273.)

5 Der Schäfer leiht dem Hunde keine Zähne.

6 Der Schäfer lest sich mit der Schafwollen vnd Milch vergnügen vnd dass Schaf im fell bleiben, dass es fürter mehr Wolle vnnd Milch geben könne. - Lehmann, 678, 212.

7 Ein guter Schäfer schiert die Schafe nicht im Winter.

8 Ein Schäfer, der den Wolf lobt, liebt seine Schafe nicht. - Chaos, 292; Winckler, XIII, 82.

9 Ein Schäfer, der die Schafe zu Tode melkt, ist so schlimm als ein Wolf, der sie frisst. - Sprichwörtergarten, 318.

Ein Vormund z. B., der zwar das Vermögen seines Mündel gegen äussere Verluste sichert, es aber selbst an sich bringt, ist schlimmer als jeder andere Betrüger.

10 Es ist den Schäfern vmb der Schafmilch vnnd Wolle zu thun vnd nicht vmb die lust, dass sie die (Schafe) feist machen. - Lehmann, 657, 59.

11 Es ist nicht jeder ein Schäfer, der einen Stab trägt.

12 Faule Schäfer haben gute Hunde.

13 Frei man erst, säd dei Schaper tau sinen Hund, sast den Stiert wol hangen laten. (Westf.)

14 Hat ein Schäffer wenig Schaf, so muss er sie wegen armuth desto offter melcken vnd scheren. - Lehmann, 678, 210.

15 Ich gäb' einen guten Schäfer, sagte jener, ich lehne mich wohl an; aber einen guten Hund müsst' ich haben. - Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 286.

16 Jeder Schäfer lobt seine Keule. - Gaal, 1351.

"Lobet ein anderer Schäfer seine Keule, so weiss er von der seinigen noch Besseres zu sagen." (Keller, 150a.)

17 Jeder Schäfer schiert auf eigene Weise, aber er schiert.

18 Jeder Scheper laewt sine Küle, un wen se oek 99 Krimminge het. (Neumark.) - Engelien, 219, 80.

19 Jedwieder Schaafer lobt seine Koile. - Robinson, 73; Gomolcke, 464; Frommann, III, 243, 55.

20 Jera Schepa truft sin Kül. (Ukermark.)

Jeder nimmt sich darbietende Vortheile für sich in Anspruch.

21 Kein Schäfer ist fromb (redlich), er hab denn Haar auff der Zungen. - Luther's Werke, VI.

22 Man kann nicht Schäfer und Schaf zugleich sein.

Lat.: Ardua res, regi carum simul esse gregique. (Binder I, 82; II, 229; Owen, IV, 1, 45; Philippi, I, 40; Seybold, 35.)

23 Neunundneunzig Schäfer, hundert Betrüger. - Auerbach, Dorfgeschichten, IV, 14.

24 Schäfer legen die schuld auff die Wölff, wenn sie die Schaff gestolen. - Lehmann, 181, 14.

[Spaltenumbruch] 25 Schäfer seynd nichts werth, die jhre Schaf anfeinden. - Lehmann, 657, 66.

26 Schäfer und Schinder sind Geschwisterkinder. - Eisenhart, 93; Estor, I, 427; Hertius, III, 3; Hillebrand, 39; Eiselein, 543; Reyscher, V, 198; Körte, 5242; Körte2, 6545; Pistor., VII, 3; Simrock, 8823; Graf, 43, 131; Braun, I, 3756.

Im Plattdeutschen: Scheper un Schinner sind Geschwisterkinner. (Schlingmann, 1220.) Dies Sprichwort hat nur rechtliche Gültigkeit bis zum Erscheinen der Reichspolizei-Ordnungen des 16. Jahrhunderts gehabt, durch welche die Schäfer für ehrlich erklärt wurden. Seit dem Erscheinen derselben konnte von einer rechtlichen Verwandtschaft der Schäfer und Schinder nicht mehr die Rede sein. (Vgl. Reyscher, Zeitschrift für deutsches Recht, Leipzig 1841, Bd. 5, Hft. 2, S. 198; Otto Beneke, Von unehrlichen Leuten, Hamburg 1863, S. 13.) Wie es im Mittelalter eine Standesehre gab, so waren wiederum gewisse Beschäftigungen und Berufsarten ehrlos, so z. B. seit Aufnahme des römischen Rechts der Scharfrichter. Wie in Deutschland früher einzelne Berufsarten für unehrliche gehalten wurden, so war dies im alten Rom noch im grössern Umfange der Fall, wo das Handwerk überhaupt nicht besonders in Ehren stand. Eine Anzahl bürgerlicher Beschäftigungen wurden als Schelt- und Schimpfwörter gebraucht. In besonders wegwerfender Weise nennt Cicero die Schuster, Gürtler, Ruderknechte und Lastträger. Eigentliche Gewerbe gab es indess nur wenige, die den, der sie betrieb, zu schimpflichem Vorwurf gereichen konnte. Merkwürdigerweise gehörten darunter die Graupenmüller (alicarius). Aber theils ist das Mahlen überhaupt in der ältern Zeit eine Straf- und Zwangsarbeit für die Sklaven gewesen, theils haben sich in jenen Mühlen gemeine Dirnen herumgetrieben. Auf erklärlichere Weise ist der "Maulthiertreiber", mulio, zu einem Schimpfnamen geworden. Sueton erwähnt, dass Vespasian's Finanzen nach seiner afrikanischen Statthalterschaft so zerrüttet gewesen seien, dass er durch allerlei Handelsgeschäfte, wahrscheinlich mit Sklaven und Zugthieren, denselben aufzuhelfen bemüht sein musste. Infolge dessen sei er vom Volke mulio genannt worden. Aber schon früher führte diesen Titel der Günstling Cäsar's, Ventidius Bassus, der von einem Wagen- und Maulthierlieferanten sich zum Consul aufschwang. (Vgl. Römische Schimpfwörter, im Ausland, 1872, Nr. 8.)

27 Schäfer, welche die Wölfe rühmen, lieben selten ihre Schafe.

28 Schaper Lulei stinkt as en ful Ei, singet de Jungens. (Göttingen.) - Schambach, I, 339; Hoefer, 503.

Schäfer Faulenzer stinkt wie ein faules Ei. Viel gebraucht, um von der Faulheit abzumahnen.

29 Schäper un Schinder sint Swester-Broierkinder. - Schambach, II, 352.

Sie sind Schwester-Bruderkinder, d. i. Vettern. Beide martern, dieser Menschen, jener Schafe.

30 Schepker un Schinder sind Sister- un Bröerkinner (oder: sünd Schwesterkinner). - Bueren, 1054; Deecke, 12; Hauskalender, I.

Die Gewerbe beider galten früher, wie oben bemerkt, für unehrlich, wie denn auch beide in dem Rufe stehen, allerlei geheime Künste zu verstehen. Schon sehr früh zählte man die Schinder zu den verächtlichen Leuten, und später hielt man sich für berechtigt, auch diejenigen mit gleicher Verachtung zu behandeln, welche sich mit Arbeiten abgaben, die sich nur für einen Schinder schickten, wozu besonders das Abdecken gehörte, das die Schäfer bei ihren verreckten Schafen verrichteten. Die Kinder der Schäfer hatten daher mit den Kindern der Schinder dasselbe Schicksal, nämlich von den Zünften ausgeschlossen zu sein. Die fortgeschrittene Bildung hat diese Gesetze längst beseitigt.

31 Schlechter Schäfer, fetter Wolf.

Frz.: A mauvais berger, loup engraisse. (Cahier, 971.)

32 Unner'n Scheper un sinen Köter is doch en Unnersched. - Dähnert, 399.

Man muss doch die Leute ansehen und einen Unterschied machen.

33 Was hilft dem Schäfer das Schreien, wenn der Wolf mit dem Schafe fort ist.

Auch zweckmässige Mittel müssen, wenn sie wirksam sein sollen, zur rechten Zeit angewandt werden.

34 Wenn der Schäfer ein Wolf ist, wohin sollen sich die Schafe flüchten! - Parömiakon, 1386.

35 Wenn der Schäfer will, muss der Hund beissen.

36 Wenn man hundert Schäfer bringt, soll man gleich den ersten nehmen. (Rottenburg.) - Birlinger, 640.

[Spaltenumbruch] *7 Er weiss seine Schafchens zu scheren.Frischbier2, 3241; Hennig, 223.

Versteht seinen Vortheil, weiss es am rechten Ende anzugreifen, um seinen Beutel zu füllen.

*8 He gêt sinem Schäpken na.Dähnert, 399b.

Er ist gern bei dem Mädchen, das er liebgewonnen hat.

*9 He wêt sin Schöpken got to scheren. (Mecklenburg.) – Frommann, II, 223; Eichwald, 1641; Dähnert, 399b.

Er weiss einen Schnitt zu machen. Auch von Sporteln und dergleichen Einnahmen gesagt.

*10 Hei hädd sin Schöppkes in 't Dröge. (S. Karren 79.) (Kleve.) – Firmenich, I, 382, 10; Bagel, 55; ostfriesisch bei Eichwald, 1642; Bueren, 533; Kern, 829; Stürenburg, 210b; Hauskalender, II.


Schafdreck.

* Schwätz kein so 'n Schafdreck aus. (Schwaben.)


Schäfer.

1 Böse Schäfer lieben bissige Hunde.

2 Böse Schäfer machen fette Wölfe.Winckler, IV, 56.

3 Der Schäfer gehört zur Heerde.

Die Russen: Ohne den Schäfer machen die Schafe keine Heerde. (Cahier, 1901.)

4 Der Schäfer ist verdächtig, der beim Wolf Gevatter steht.Simrock, 8824; Körte, 5243.

It.: Il pastor che loda il lupo, ha in odio la pecora. (Masson, 273.)

5 Der Schäfer leiht dem Hunde keine Zähne.

6 Der Schäfer lest sich mit der Schafwollen vnd Milch vergnügen vnd dass Schaf im fell bleiben, dass es fürter mehr Wolle vnnd Milch geben könne.Lehmann, 678, 212.

7 Ein guter Schäfer schiert die Schafe nicht im Winter.

8 Ein Schäfer, der den Wolf lobt, liebt seine Schafe nicht.Chaos, 292; Winckler, XIII, 82.

9 Ein Schäfer, der die Schafe zu Tode melkt, ist so schlimm als ein Wolf, der sie frisst.Sprichwörtergarten, 318.

Ein Vormund z. B., der zwar das Vermögen seines Mündel gegen äussere Verluste sichert, es aber selbst an sich bringt, ist schlimmer als jeder andere Betrüger.

10 Es ist den Schäfern vmb der Schafmilch vnnd Wolle zu thun vnd nicht vmb die lust, dass sie die (Schafe) feist machen.Lehmann, 657, 59.

11 Es ist nicht jeder ein Schäfer, der einen Stab trägt.

12 Faule Schäfer haben gute Hunde.

13 Frî man êrst, säd dei Schaper tau sinen Hund, sast den Stiert wol hangen laten. (Westf.)

14 Hat ein Schäffer wenig Schaf, so muss er sie wegen armuth desto offter melcken vnd scheren.Lehmann, 678, 210.

15 Ich gäb' einen guten Schäfer, sagte jener, ich lehne mich wohl an; aber einen guten Hund müsst' ich haben.Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 286.

16 Jeder Schäfer lobt seine Keule.Gaal, 1351.

„Lobet ein anderer Schäfer seine Keule, so weiss er von der seinigen noch Besseres zu sagen.“ (Keller, 150a.)

17 Jeder Schäfer schiert auf eigene Weise, aber er schiert.

18 Jeder Scheper laewt sine Küle, un wen se oek 99 Krimminge het. (Neumark.) – Engelien, 219, 80.

19 Jedwieder Schaafer lobt seine Koile.Robinson, 73; Gomolcke, 464; Frommann, III, 243, 55.

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Jeder nimmt sich darbietende Vortheile für sich in Anspruch.

21 Kein Schäfer ist fromb (redlich), er hab denn Haar auff der Zungen.Luther's Werke, VI.

22 Man kann nicht Schäfer und Schaf zugleich sein.

Lat.: Ardua res, regi carum simul esse gregique. (Binder I, 82; II, 229; Owen, IV, 1, 45; Philippi, I, 40; Seybold, 35.)

23 Neunundneunzig Schäfer, hundert Betrüger.Auerbach, Dorfgeschichten, IV, 14.

24 Schäfer legen die schuld auff die Wölff, wenn sie die Schaff gestolen.Lehmann, 181, 14.

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26 Schäfer und Schinder sind Geschwisterkinder.Eisenhart, 93; Estor, I, 427; Hertius, III, 3; Hillebrand, 39; Eiselein, 543; Reyscher, V, 198; Körte, 5242; Körte2, 6545; Pistor., VII, 3; Simrock, 8823; Graf, 43, 131; Braun, I, 3756.

Im Plattdeutschen: Scheper un Schinner sind Geschwisterkinner. (Schlingmann, 1220.) Dies Sprichwort hat nur rechtliche Gültigkeit bis zum Erscheinen der Reichspolizei-Ordnungen des 16. Jahrhunderts gehabt, durch welche die Schäfer für ehrlich erklärt wurden. Seit dem Erscheinen derselben konnte von einer rechtlichen Verwandtschaft der Schäfer und Schinder nicht mehr die Rede sein. (Vgl. Reyscher, Zeitschrift für deutsches Recht, Leipzig 1841, Bd. 5, Hft. 2, S. 198; Otto Beneke, Von unehrlichen Leuten, Hamburg 1863, S. 13.) Wie es im Mittelalter eine Standesehre gab, so waren wiederum gewisse Beschäftigungen und Berufsarten ehrlos, so z. B. seit Aufnahme des römischen Rechts der Scharfrichter. Wie in Deutschland früher einzelne Berufsarten für unehrliche gehalten wurden, so war dies im alten Rom noch im grössern Umfange der Fall, wo das Handwerk überhaupt nicht besonders in Ehren stand. Eine Anzahl bürgerlicher Beschäftigungen wurden als Schelt- und Schimpfwörter gebraucht. In besonders wegwerfender Weise nennt Cicero die Schuster, Gürtler, Ruderknechte und Lastträger. Eigentliche Gewerbe gab es indess nur wenige, die den, der sie betrieb, zu schimpflichem Vorwurf gereichen konnte. Merkwürdigerweise gehörten darunter die Graupenmüller (alicarius). Aber theils ist das Mahlen überhaupt in der ältern Zeit eine Straf- und Zwangsarbeit für die Sklaven gewesen, theils haben sich in jenen Mühlen gemeine Dirnen herumgetrieben. Auf erklärlichere Weise ist der „Maulthiertreiber“, mulio, zu einem Schimpfnamen geworden. Sueton erwähnt, dass Vespasian's Finanzen nach seiner afrikanischen Statthalterschaft so zerrüttet gewesen seien, dass er durch allerlei Handelsgeschäfte, wahrscheinlich mit Sklaven und Zugthieren, denselben aufzuhelfen bemüht sein musste. Infolge dessen sei er vom Volke mulio genannt worden. Aber schon früher führte diesen Titel der Günstling Cäsar's, Ventidius Bassus, der von einem Wagen- und Maulthierlieferanten sich zum Consul aufschwang. (Vgl. Römische Schimpfwörter, im Ausland, 1872, Nr. 8.)

27 Schäfer, welche die Wölfe rühmen, lieben selten ihre Schafe.

28 Schaper Lulei stinkt as en ful Ei, singet de Jungens. (Göttingen.) – Schambach, I, 339; Hoefer, 503.

Schäfer Faulenzer stinkt wie ein faules Ei. Viel gebraucht, um von der Faulheit abzumahnen.

29 Schäper un Schinder sint Swester-Broierkinder.Schambach, II, 352.

Sie sind Schwester-Bruderkinder, d. i. Vettern. Beide martern, dieser Menschen, jener Schafe.

30 Schepker un Schinder sind Sister- un Bröerkinner (oder: sünd Schwesterkinner).Bueren, 1054; Deecke, 12; Hauskalender, I.

Die Gewerbe beider galten früher, wie oben bemerkt, für unehrlich, wie denn auch beide in dem Rufe stehen, allerlei geheime Künste zu verstehen. Schon sehr früh zählte man die Schinder zu den verächtlichen Leuten, und später hielt man sich für berechtigt, auch diejenigen mit gleicher Verachtung zu behandeln, welche sich mit Arbeiten abgaben, die sich nur für einen Schinder schickten, wozu besonders das Abdecken gehörte, das die Schäfer bei ihren verreckten Schafen verrichteten. Die Kinder der Schäfer hatten daher mit den Kindern der Schinder dasselbe Schicksal, nämlich von den Zünften ausgeschlossen zu sein. Die fortgeschrittene Bildung hat diese Gesetze längst beseitigt.

31 Schlechter Schäfer, fetter Wolf.

Frz.: A mauvais berger, loup engraissé. (Cahier, 971.)

32 Unner'n Schêper un sinen Köter is doch ên Unnerschêd.Dähnert, 399.

Man muss doch die Leute ansehen und einen Unterschied machen.

33 Was hilft dem Schäfer das Schreien, wenn der Wolf mit dem Schafe fort ist.

Auch zweckmässige Mittel müssen, wenn sie wirksam sein sollen, zur rechten Zeit angewandt werden.

34 Wenn der Schäfer ein Wolf ist, wohin sollen sich die Schafe flüchten!Parömiakon, 1386.

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[[36]/0042] *7 Er weiss seine Schafchens zu scheren. – Frischbier2, 3241; Hennig, 223. Versteht seinen Vortheil, weiss es am rechten Ende anzugreifen, um seinen Beutel zu füllen. *8 He gêt sinem Schäpken na. – Dähnert, 399b. Er ist gern bei dem Mädchen, das er liebgewonnen hat. *9 He wêt sin Schöpken got to scheren. (Mecklenburg.) – Frommann, II, 223; Eichwald, 1641; Dähnert, 399b. Er weiss einen Schnitt zu machen. Auch von Sporteln und dergleichen Einnahmen gesagt. *10 Hei hädd sin Schöppkes in 't Dröge. (S. Karren 79.) (Kleve.) – Firmenich, I, 382, 10; Bagel, 55; ostfriesisch bei Eichwald, 1642; Bueren, 533; Kern, 829; Stürenburg, 210b; Hauskalender, II. Schafdreck. * Schwätz kein so 'n Schafdreck aus. (Schwaben.) Schäfer. 1 Böse Schäfer lieben bissige Hunde. 2 Böse Schäfer machen fette Wölfe. – Winckler, IV, 56. 3 Der Schäfer gehört zur Heerde. Die Russen: Ohne den Schäfer machen die Schafe keine Heerde. (Cahier, 1901.) 4 Der Schäfer ist verdächtig, der beim Wolf Gevatter steht. – Simrock, 8824; Körte, 5243. It.: Il pastor che loda il lupo, ha in odio la pecora. (Masson, 273.) 5 Der Schäfer leiht dem Hunde keine Zähne. 6 Der Schäfer lest sich mit der Schafwollen vnd Milch vergnügen vnd dass Schaf im fell bleiben, dass es fürter mehr Wolle vnnd Milch geben könne. – Lehmann, 678, 212. 7 Ein guter Schäfer schiert die Schafe nicht im Winter. 8 Ein Schäfer, der den Wolf lobt, liebt seine Schafe nicht. – Chaos, 292; Winckler, XIII, 82. 9 Ein Schäfer, der die Schafe zu Tode melkt, ist so schlimm als ein Wolf, der sie frisst. – Sprichwörtergarten, 318. Ein Vormund z. B., der zwar das Vermögen seines Mündel gegen äussere Verluste sichert, es aber selbst an sich bringt, ist schlimmer als jeder andere Betrüger. 10 Es ist den Schäfern vmb der Schafmilch vnnd Wolle zu thun vnd nicht vmb die lust, dass sie die (Schafe) feist machen. – Lehmann, 657, 59. 11 Es ist nicht jeder ein Schäfer, der einen Stab trägt. 12 Faule Schäfer haben gute Hunde. 13 Frî man êrst, säd dei Schaper tau sinen Hund, sast den Stiert wol hangen laten. (Westf.) 14 Hat ein Schäffer wenig Schaf, so muss er sie wegen armuth desto offter melcken vnd scheren. – Lehmann, 678, 210. 15 Ich gäb' einen guten Schäfer, sagte jener, ich lehne mich wohl an; aber einen guten Hund müsst' ich haben. – Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 286. 16 Jeder Schäfer lobt seine Keule. – Gaal, 1351. „Lobet ein anderer Schäfer seine Keule, so weiss er von der seinigen noch Besseres zu sagen.“ (Keller, 150a.) 17 Jeder Schäfer schiert auf eigene Weise, aber er schiert. 18 Jeder Scheper laewt sine Küle, un wen se oek 99 Krimminge het. (Neumark.) – Engelien, 219, 80. 19 Jedwieder Schaafer lobt seine Koile. – Robinson, 73; Gomolcke, 464; Frommann, III, 243, 55. 20 Jera Schepa truft sin Kül. (Ukermark.) Jeder nimmt sich darbietende Vortheile für sich in Anspruch. 21 Kein Schäfer ist fromb (redlich), er hab denn Haar auff der Zungen. – Luther's Werke, VI. 22 Man kann nicht Schäfer und Schaf zugleich sein. Lat.: Ardua res, regi carum simul esse gregique. (Binder I, 82; II, 229; Owen, IV, 1, 45; Philippi, I, 40; Seybold, 35.) 23 Neunundneunzig Schäfer, hundert Betrüger. – Auerbach, Dorfgeschichten, IV, 14. 24 Schäfer legen die schuld auff die Wölff, wenn sie die Schaff gestolen. – Lehmann, 181, 14. 25 Schäfer seynd nichts werth, die jhre Schaf anfeinden. – Lehmann, 657, 66. 26 Schäfer und Schinder sind Geschwisterkinder. – Eisenhart, 93; Estor, I, 427; Hertius, III, 3; Hillebrand, 39; Eiselein, 543; Reyscher, V, 198; Körte, 5242; Körte2, 6545; Pistor., VII, 3; Simrock, 8823; Graf, 43, 131; Braun, I, 3756. Im Plattdeutschen: Scheper un Schinner sind Geschwisterkinner. (Schlingmann, 1220.) Dies Sprichwort hat nur rechtliche Gültigkeit bis zum Erscheinen der Reichspolizei-Ordnungen des 16. Jahrhunderts gehabt, durch welche die Schäfer für ehrlich erklärt wurden. Seit dem Erscheinen derselben konnte von einer rechtlichen Verwandtschaft der Schäfer und Schinder nicht mehr die Rede sein. (Vgl. Reyscher, Zeitschrift für deutsches Recht, Leipzig 1841, Bd. 5, Hft. 2, S. 198; Otto Beneke, Von unehrlichen Leuten, Hamburg 1863, S. 13.) Wie es im Mittelalter eine Standesehre gab, so waren wiederum gewisse Beschäftigungen und Berufsarten ehrlos, so z. B. seit Aufnahme des römischen Rechts der Scharfrichter. Wie in Deutschland früher einzelne Berufsarten für unehrliche gehalten wurden, so war dies im alten Rom noch im grössern Umfange der Fall, wo das Handwerk überhaupt nicht besonders in Ehren stand. Eine Anzahl bürgerlicher Beschäftigungen wurden als Schelt- und Schimpfwörter gebraucht. In besonders wegwerfender Weise nennt Cicero die Schuster, Gürtler, Ruderknechte und Lastträger. Eigentliche Gewerbe gab es indess nur wenige, die den, der sie betrieb, zu schimpflichem Vorwurf gereichen konnte. Merkwürdigerweise gehörten darunter die Graupenmüller (alicarius). Aber theils ist das Mahlen überhaupt in der ältern Zeit eine Straf- und Zwangsarbeit für die Sklaven gewesen, theils haben sich in jenen Mühlen gemeine Dirnen herumgetrieben. Auf erklärlichere Weise ist der „Maulthiertreiber“, mulio, zu einem Schimpfnamen geworden. Sueton erwähnt, dass Vespasian's Finanzen nach seiner afrikanischen Statthalterschaft so zerrüttet gewesen seien, dass er durch allerlei Handelsgeschäfte, wahrscheinlich mit Sklaven und Zugthieren, denselben aufzuhelfen bemüht sein musste. Infolge dessen sei er vom Volke mulio genannt worden. Aber schon früher führte diesen Titel der Günstling Cäsar's, Ventidius Bassus, der von einem Wagen- und Maulthierlieferanten sich zum Consul aufschwang. (Vgl. Römische Schimpfwörter, im Ausland, 1872, Nr. 8.) 27 Schäfer, welche die Wölfe rühmen, lieben selten ihre Schafe. 28 Schaper Lulei stinkt as en ful Ei, singet de Jungens. (Göttingen.) – Schambach, I, 339; Hoefer, 503. Schäfer Faulenzer stinkt wie ein faules Ei. Viel gebraucht, um von der Faulheit abzumahnen. 29 Schäper un Schinder sint Swester-Broierkinder. – Schambach, II, 352. Sie sind Schwester-Bruderkinder, d. i. Vettern. Beide martern, dieser Menschen, jener Schafe. 30 Schepker un Schinder sind Sister- un Bröerkinner (oder: sünd Schwesterkinner). – Bueren, 1054; Deecke, 12; Hauskalender, I. Die Gewerbe beider galten früher, wie oben bemerkt, für unehrlich, wie denn auch beide in dem Rufe stehen, allerlei geheime Künste zu verstehen. Schon sehr früh zählte man die Schinder zu den verächtlichen Leuten, und später hielt man sich für berechtigt, auch diejenigen mit gleicher Verachtung zu behandeln, welche sich mit Arbeiten abgaben, die sich nur für einen Schinder schickten, wozu besonders das Abdecken gehörte, das die Schäfer bei ihren verreckten Schafen verrichteten. Die Kinder der Schäfer hatten daher mit den Kindern der Schinder dasselbe Schicksal, nämlich von den Zünften ausgeschlossen zu sein. Die fortgeschrittene Bildung hat diese Gesetze längst beseitigt. 31 Schlechter Schäfer, fetter Wolf. Frz.: A mauvais berger, loup engraissé. (Cahier, 971.) 32 Unner'n Schêper un sinen Köter is doch ên Unnerschêd. – Dähnert, 399. Man muss doch die Leute ansehen und einen Unterschied machen. 33 Was hilft dem Schäfer das Schreien, wenn der Wolf mit dem Schafe fort ist. Auch zweckmässige Mittel müssen, wenn sie wirksam sein sollen, zur rechten Zeit angewandt werden. 34 Wenn der Schäfer ein Wolf ist, wohin sollen sich die Schafe flüchten! – Parömiakon, 1386. 35 Wenn der Schäfer will, muss der Hund beissen. 36 Wenn man hundert Schäfer bringt, soll man gleich den ersten nehmen. (Rottenburg.) – Birlinger, 640.

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876, S. [36]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/42>, abgerufen am 29.03.2024.