Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

Bild:
<< vorherige Seite


und nahm seinen freundlichen Abschied. Hier-
auff erhub sich ein trefflich Gelächter/ und
sagte Gelanor, ist das nicht ein barmhertziger
Geelschnabel mit seinem vornehmen Vater/
wäre der Vater selbst hier/ und es träffe ein/
was der Sohn vor ein Zeugniß giebt/ so wol-
ten wir sehen/ ob wir ihn vor den vornehmsten
in der Compagnie könten passiren lassen. A-
ber wie kömmt der Haußfeix darzu/ daß er sich
in allem mit dem Vater vergleichen will.
Der Vater mag vielleicht 50. Jahr alt seyn;
ist denn deßwegen dieser elende Sechzehn-
pfenniger auch so alt. Es heist/ folge des
Vaters Thaten nach/ und laß dirs so saur
werden/ so wird die Ehre ungedrungen und
ungezwungen darzu kommen. Mit der Ehre
ist es so beschaffen:
Quod sequitur fugio, quod fugit ipse
sequor
.

Solche discursen fielen vor/ also daß sie nicht
einmahl gedachten/ wo der schöne Vater-
Sohn seine affront verfressen würde.

CAP. XXIV.

JMmittelst begunte einem am Tische sehr
übel zu werden/ weil er den vorigen Tag

einen


und nahm ſeinen freundlichen Abſchied. Hier-
auff erhub ſich ein trefflich Gelaͤchter/ und
ſagte Gelanor, iſt das nicht ein barmhertziger
Geelſchnabel mit ſeinem vornehmen Vater/
waͤre der Vater ſelbſt hier/ und es traͤffe ein/
was der Sohn vor ein Zeugniß giebt/ ſo wol-
ten wir ſehen/ ob wir ihn vor den vornehmſten
in der Compagnie koͤnten paſſiren laſſen. A-
ber wie koͤmmt der Haußfeix darzu/ daß er ſich
in allem mit dem Vater vergleichen will.
Der Vater mag vielleicht 50. Jahr alt ſeyn;
iſt denn deßwegen dieſer elende Sechzehn-
pfenniger auch ſo alt. Es heiſt/ folge des
Vaters Thaten nach/ und laß dirs ſo ſaur
werden/ ſo wird die Ehre ungedrungen und
ungezwungen darzu kommen. Mit der Ehre
iſt es ſo beſchaffen:
Quod ſequitur fugio, quod fugit ipſe
ſequor
.

Solche diſcurſen fielen vor/ alſo daß ſie nicht
einmahl gedachten/ wo der ſchoͤne Vater-
Sohn ſeine affront verfreſſen wuͤrde.

CAP. XXIV.

JMmittelſt begunte einem am Tiſche ſehr
uͤbel zu werden/ weil er den vorigen Tag

einen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0218" n="212"/><lb/>
und nahm &#x017F;einen freundlichen Ab&#x017F;chied. Hier-<lb/>
auff erhub &#x017F;ich ein trefflich Gela&#x0364;chter/ und<lb/>
&#x017F;agte <hi rendition="#aq">Gelanor,</hi> i&#x017F;t das nicht ein barmhertziger<lb/>
Geel&#x017F;chnabel mit &#x017F;einem vornehmen Vater/<lb/>
wa&#x0364;re der Vater &#x017F;elb&#x017F;t hier/ und es tra&#x0364;ffe ein/<lb/>
was der Sohn vor ein Zeugniß giebt/ &#x017F;o wol-<lb/>
ten wir &#x017F;ehen/ ob wir ihn vor den vornehm&#x017F;ten<lb/>
in der <hi rendition="#aq">Compagnie</hi> ko&#x0364;nten <hi rendition="#aq">pa&#x017F;&#x017F;i</hi>ren la&#x017F;&#x017F;en. A-<lb/>
ber wie ko&#x0364;mmt der Haußfeix darzu/ daß er &#x017F;ich<lb/>
in allem mit dem Vater vergleichen will.<lb/>
Der Vater mag vielleicht 50. Jahr alt &#x017F;eyn;<lb/>
i&#x017F;t denn deßwegen die&#x017F;er elende Sechzehn-<lb/>
pfenniger auch &#x017F;o alt. Es hei&#x017F;t/ folge des<lb/>
Vaters Thaten nach/ und laß dirs &#x017F;o &#x017F;aur<lb/>
werden/ &#x017F;o wird die Ehre ungedrungen und<lb/>
ungezwungen darzu kommen. Mit der Ehre<lb/>
i&#x017F;t es &#x017F;o be&#x017F;chaffen:<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">Quod &#x017F;equitur fugio, quod fugit ip&#x017F;e<lb/>
&#x017F;equor</hi>.</hi><lb/>
Solche <hi rendition="#aq">di&#x017F;cur&#x017F;en</hi> fielen vor/ al&#x017F;o daß &#x017F;ie nicht<lb/>
einmahl gedachten/ wo der &#x017F;cho&#x0364;ne Vater-<lb/>
Sohn &#x017F;eine <hi rendition="#aq">affront</hi> verfre&#x017F;&#x017F;en wu&#x0364;rde.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#aq">CAP</hi>. <hi rendition="#aq">XXIV</hi>.</head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">J</hi>Mmittel&#x017F;t begunte einem am Ti&#x017F;che &#x017F;ehr<lb/>
u&#x0364;bel zu werden/ weil er den vorigen Tag<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">einen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[212/0218] und nahm ſeinen freundlichen Abſchied. Hier- auff erhub ſich ein trefflich Gelaͤchter/ und ſagte Gelanor, iſt das nicht ein barmhertziger Geelſchnabel mit ſeinem vornehmen Vater/ waͤre der Vater ſelbſt hier/ und es traͤffe ein/ was der Sohn vor ein Zeugniß giebt/ ſo wol- ten wir ſehen/ ob wir ihn vor den vornehmſten in der Compagnie koͤnten paſſiren laſſen. A- ber wie koͤmmt der Haußfeix darzu/ daß er ſich in allem mit dem Vater vergleichen will. Der Vater mag vielleicht 50. Jahr alt ſeyn; iſt denn deßwegen dieſer elende Sechzehn- pfenniger auch ſo alt. Es heiſt/ folge des Vaters Thaten nach/ und laß dirs ſo ſaur werden/ ſo wird die Ehre ungedrungen und ungezwungen darzu kommen. Mit der Ehre iſt es ſo beſchaffen: Quod ſequitur fugio, quod fugit ipſe ſequor. Solche diſcurſen fielen vor/ alſo daß ſie nicht einmahl gedachten/ wo der ſchoͤne Vater- Sohn ſeine affront verfreſſen wuͤrde. CAP. XXIV. JMmittelſt begunte einem am Tiſche ſehr uͤbel zu werden/ weil er den vorigen Tag einen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Bei der Ausgabe handelt es sich um die 2. Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/218
Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/218>, abgerufen am 28.03.2024.