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Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

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len/ der hatte den Brauch/ daß er allzeit eine
Schreib-Tafel bey sich führte/ und also bald
eine Artzney glücklich angeschlagen/ solches mit
sonderbahrem Fleisse einzeichnete. Nun solte
er einen Schmiedt am viertägichtem Fieber
curiren/ dieser wolte ohne des Henckers
Danck/ Speck und Kohl fressen/ der gute Me-
dicus
hatte seine Bücher alle auffgeschlagen/
doch fand er kein gut votun vor den Kohl/ dar-
um bat er die Frau/ so lieb sie ihres Mannes
Leben hätte/ so fleißig solte sie sich vorsehen/ daß
er keinen Speck mit Kohl zu essen kriegte.
Was geschicht da die Frau nicht wolte/ bat
der Meister seinen Schmiedknecht/ er möch-
te ihm was bey dem Nachbar zu wege brin-
gen. Der ist nicht faul und trägt ihm un-
ter dem Schurtzfell eine Schüssel zu/ daran
sich drey Meißnische Zeisigmagen hätten zu
tode gessen/ die nimmt der arme Krancke/ schwa-
che Mann auff das Hertze/ den Tag hernach/
als der Medicus in seiner Erbarkeit daher ge-
treten kömmt/ und mit grosser Bekümmernüß
der gefährlichen Kranckheit nach denckt/ siehe
da/ so stehet der Schmied wieder in der Werck-
stadt/ und schmeist auff das Amboß zu/
gleich als hätte er die Zeit seines Lebens kein
Fieber gehabt/ der Doctor verwundert sich

über
O v


len/ der hatte den Brauch/ daß er allzeit eine
Schreib-Tafel bey ſich fuͤhrte/ und alſo bald
eine Artzney gluͤcklich angeſchlagen/ ſolches mit
ſonderbahrem Fleiſſe einzeichnete. Nun ſolte
er einen Schmiedt am viertaͤgichtem Fieber
curiren/ dieſer wolte ohne des Henckers
Danck/ Speck und Kohl freſſen/ der gute Me-
dicus
hatte ſeine Buͤcher alle auffgeſchlagen/
doch fand er kein gut votũ vor den Kohl/ dar-
um bat er die Frau/ ſo lieb ſie ihres Mannes
Leben haͤtte/ ſo fleißig ſolte ſie ſich voꝛſehen/ daß
er keinen Speck mit Kohl zu eſſen kriegte.
Was geſchicht da die Frau nicht wolte/ bat
der Meiſter ſeinen Schmiedknecht/ er moͤch-
te ihm was bey dem Nachbar zu wege brin-
gen. Der iſt nicht faul und traͤgt ihm un-
ter dem Schurtzfell eine Schuͤſſel zu/ daꝛan
ſich drey Meißniſche Zeiſigmagen haͤtten zu
tode geſſen/ die nim̃t der arme Krancke/ ſchwa-
che Mann auff das Hertze/ den Tag hernach/
als der Medicus in ſeiner Erbarkeit daher ge-
treten koͤmmt/ und mit groſſer Bekuͤmmernuͤß
der gefaͤhrlichen Kranckheit nach denckt/ ſiehe
da/ ſo ſtehet deꝛ Schmied wiedeꝛ in der Werck-
ſtadt/ und ſchmeiſt auff das Amboß zu/
gleich als haͤtte er die Zeit ſeines Lebens kein
Fieber gehabt/ der Doctor verwundert ſich

uͤber
O v
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[321/0327] len/ der hatte den Brauch/ daß er allzeit eine Schreib-Tafel bey ſich fuͤhrte/ und alſo bald eine Artzney gluͤcklich angeſchlagen/ ſolches mit ſonderbahrem Fleiſſe einzeichnete. Nun ſolte er einen Schmiedt am viertaͤgichtem Fieber curiren/ dieſer wolte ohne des Henckers Danck/ Speck und Kohl freſſen/ der gute Me- dicus hatte ſeine Buͤcher alle auffgeſchlagen/ doch fand er kein gut votũ vor den Kohl/ dar- um bat er die Frau/ ſo lieb ſie ihres Mannes Leben haͤtte/ ſo fleißig ſolte ſie ſich voꝛſehen/ daß er keinen Speck mit Kohl zu eſſen kriegte. Was geſchicht da die Frau nicht wolte/ bat der Meiſter ſeinen Schmiedknecht/ er moͤch- te ihm was bey dem Nachbar zu wege brin- gen. Der iſt nicht faul und traͤgt ihm un- ter dem Schurtzfell eine Schuͤſſel zu/ daꝛan ſich drey Meißniſche Zeiſigmagen haͤtten zu tode geſſen/ die nim̃t der arme Krancke/ ſchwa- che Mann auff das Hertze/ den Tag hernach/ als der Medicus in ſeiner Erbarkeit daher ge- treten koͤmmt/ und mit groſſer Bekuͤmmernuͤß der gefaͤhrlichen Kranckheit nach denckt/ ſiehe da/ ſo ſtehet deꝛ Schmied wiedeꝛ in der Werck- ſtadt/ und ſchmeiſt auff das Amboß zu/ gleich als haͤtte er die Zeit ſeines Lebens kein Fieber gehabt/ der Doctor verwundert ſich uͤber O v

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/327>, abgerufen am 29.03.2024.