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Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892.

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als ob der Schmetterling bei mittlerer Wärme rein roth, bei
starker schwarz bestäubt ausfiele.

Allein dieser Schluss kann nicht richtig sein, wie die fol-
genden Versuche beweisen.

Ich züchtete aus den Eiern deutscher Phlaeas-Weibchen
Raupen, die ich während ihrer Verpuppung und bis zum Aus-
schlüpfen des Schmetterlings einer stark erhöhten Temperatur
unterwarf. Das Resultat waren viele Schmetterlinge mit schwacher
schwärzlicher Bestäubung, aber keinen, der den dunkelsten
Eleus-Formen südlicher Gegenden gleich gekommen
wäre
. Ich machte dann den Gegenversuch und unterwarf eben
verpuppte Raupen, die aus Eiern der neapolitanischen Früh-
jahrs-Generationen 1) gezüchtet waren, einer sehr niederen Tempe-
ratur. Ich erhielt viele Schmetterlinge mit weniger Schwarz,
als die in der Wärme gehaltenen Puppen sie lieferten, aber
keinen, der so hell gewesen wäre, als es die deutschen
Schmetterlinge gewöhnlich sind. Der Unterschied
zwischen den durch Kälte aufgehellten Neapler Stücken
und den normalen deutschen, und andererseits der
zwischen den künstlich durch Wärme geschwärzten
deutschen Stücken und normalen Neapler Stücken ist
zu gross, als dass er in Unvollkommenheiten des Ex-
perimentes seinen Grund haben könnte
. Die deutsche
und die Neapler Colonie der Art ist also constitutionell
verschieden
, die eine neigt viel stärker zum reinen Rothgold
als die andere, und diese zweite weit stärker zur Schwärzung
als die erste.

1) Es sei mir gestattet, schon bei diesem nur vorläufigen Bericht
über meine Versuche, Herrn Dr. Schiemenz von der Zoologischen
Station in Neapel meinen wärmsten Dank zu sagen für seine liebens-
würdige und aufopfernde Unterstützung meiner Bestrebungen. Ohne die-
selbe würde ich ausser Stande gewesen sein, das schwer zu gewinnende
lebende Material zu erhalten.

als ob der Schmetterling bei mittlerer Wärme rein roth, bei
starker schwarz bestäubt ausfiele.

Allein dieser Schluss kann nicht richtig sein, wie die fol-
genden Versuche beweisen.

Ich züchtete aus den Eiern deutscher Phlaeas-Weibchen
Raupen, die ich während ihrer Verpuppung und bis zum Aus-
schlüpfen des Schmetterlings einer stark erhöhten Temperatur
unterwarf. Das Resultat waren viele Schmetterlinge mit schwacher
schwärzlicher Bestäubung, aber keinen, der den dunkelsten
Elēus-Formen südlicher Gegenden gleich gekommen
wäre
. Ich machte dann den Gegenversuch und unterwarf eben
verpuppte Raupen, die aus Eiern der neapolitanischen Früh-
jahrs-Generationen 1) gezüchtet waren, einer sehr niederen Tempe-
ratur. Ich erhielt viele Schmetterlinge mit weniger Schwarz,
als die in der Wärme gehaltenen Puppen sie lieferten, aber
keinen, der so hell gewesen wäre, als es die deutschen
Schmetterlinge gewöhnlich sind. Der Unterschied
zwischen den durch Kälte aufgehellten Neapler Stücken
und den normalen deutschen, und andererseits der
zwischen den künstlich durch Wärme geschwärzten
deutschen Stücken und normalen Neapler Stücken ist
zu gross, als dass er in Unvollkommenheiten des Ex-
perimentes seinen Grund haben könnte
. Die deutsche
und die Neapler Colonie der Art ist also constitutionell
verschieden
, die eine neigt viel stärker zum reinen Rothgold
als die andere, und diese zweite weit stärker zur Schwärzung
als die erste.

1) Es sei mir gestattet, schon bei diesem nur vorläufigen Bericht
über meine Versuche, Herrn Dr. Schiemenz von der Zoologischen
Station in Neapel meinen wärmsten Dank zu sagen für seine liebens-
würdige und aufopfernde Unterstützung meiner Bestrebungen. Ohne die-
selbe würde ich ausser Stande gewesen sein, das schwer zu gewinnende
lebende Material zu erhalten.
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[524/0548] als ob der Schmetterling bei mittlerer Wärme rein roth, bei starker schwarz bestäubt ausfiele. Allein dieser Schluss kann nicht richtig sein, wie die fol- genden Versuche beweisen. Ich züchtete aus den Eiern deutscher Phlaeas-Weibchen Raupen, die ich während ihrer Verpuppung und bis zum Aus- schlüpfen des Schmetterlings einer stark erhöhten Temperatur unterwarf. Das Resultat waren viele Schmetterlinge mit schwacher schwärzlicher Bestäubung, aber keinen, der den dunkelsten Elēus-Formen südlicher Gegenden gleich gekommen wäre. Ich machte dann den Gegenversuch und unterwarf eben verpuppte Raupen, die aus Eiern der neapolitanischen Früh- jahrs-Generationen 1) gezüchtet waren, einer sehr niederen Tempe- ratur. Ich erhielt viele Schmetterlinge mit weniger Schwarz, als die in der Wärme gehaltenen Puppen sie lieferten, aber keinen, der so hell gewesen wäre, als es die deutschen Schmetterlinge gewöhnlich sind. Der Unterschied zwischen den durch Kälte aufgehellten Neapler Stücken und den normalen deutschen, und andererseits der zwischen den künstlich durch Wärme geschwärzten deutschen Stücken und normalen Neapler Stücken ist zu gross, als dass er in Unvollkommenheiten des Ex- perimentes seinen Grund haben könnte. Die deutsche und die Neapler Colonie der Art ist also constitutionell verschieden, die eine neigt viel stärker zum reinen Rothgold als die andere, und diese zweite weit stärker zur Schwärzung als die erste. 1) Es sei mir gestattet, schon bei diesem nur vorläufigen Bericht über meine Versuche, Herrn Dr. Schiemenz von der Zoologischen Station in Neapel meinen wärmsten Dank zu sagen für seine liebens- würdige und aufopfernde Unterstützung meiner Bestrebungen. Ohne die- selbe würde ich ausser Stande gewesen sein, das schwer zu gewinnende lebende Material zu erhalten.

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Zitationshilfe: Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 524. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/548>, abgerufen am 24.04.2024.