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Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 1. Frankfurt (Main) u. a., 1766.

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Vorbericht.
sern keinen Zweifel übrig gelassen zu haben, daß
wir den Hippias für einen schlimmen und ge-
fährlichen Mann, und sein System, [in so fern
es den ächten Grundsäzen der Religion und der
Rechtschaffenheit widerspricht] für ein Gewebe
von Trugschlüssen ansehen, welche die menschli-
che Gesellschaft zu grunde richten würden, wenn
es moralisch möglich wäre, daß der grössere
Theil der Menschen damit angestekt werden
könnte. Wir glauben also vor allem Verdacht
über diesen Artikel sicher zu seyn. Aber da un-
ter unsern Lesern ehrliche Leute seyn können,
welche uns wenigstens eine Unvorsichtigkeit Schuld
geben, und davor halten möchten, daß wir die-
sen Hippias entweder gar nicht einführen, oder
wenn dieses der Plan unsers Werkes ja erfodert
hätte, seine Lehrsäze ausführlich hätten widerle-
gen sollen: So sehen wir für billig an, ihnen
die Ursachen zu sagen, warum wir das erste
gethan, und das andere unterlassen haben.

Weil

Vorbericht.
ſern keinen Zweifel uͤbrig gelaſſen zu haben, daß
wir den Hippias fuͤr einen ſchlimmen und ge-
faͤhrlichen Mann, und ſein Syſtem, [in ſo fern
es den aͤchten Grundſaͤzen der Religion und der
Rechtſchaffenheit widerſpricht] fuͤr ein Gewebe
von Trugſchluͤſſen anſehen, welche die menſchli-
che Geſellſchaft zu grunde richten wuͤrden, wenn
es moraliſch moͤglich waͤre, daß der groͤſſere
Theil der Menſchen damit angeſtekt werden
koͤnnte. Wir glauben alſo vor allem Verdacht
uͤber dieſen Artikel ſicher zu ſeyn. Aber da un-
ter unſern Leſern ehrliche Leute ſeyn koͤnnen,
welche uns wenigſtens eine Unvorſichtigkeit Schuld
geben, und davor halten moͤchten, daß wir die-
ſen Hippias entweder gar nicht einfuͤhren, oder
wenn dieſes der Plan unſers Werkes ja erfodert
haͤtte, ſeine Lehrſaͤze ausfuͤhrlich haͤtten widerle-
gen ſollen: So ſehen wir fuͤr billig an, ihnen
die Urſachen zu ſagen, warum wir das erſte
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[0019] Vorbericht. ſern keinen Zweifel uͤbrig gelaſſen zu haben, daß wir den Hippias fuͤr einen ſchlimmen und ge- faͤhrlichen Mann, und ſein Syſtem, [in ſo fern es den aͤchten Grundſaͤzen der Religion und der Rechtſchaffenheit widerſpricht] fuͤr ein Gewebe von Trugſchluͤſſen anſehen, welche die menſchli- che Geſellſchaft zu grunde richten wuͤrden, wenn es moraliſch moͤglich waͤre, daß der groͤſſere Theil der Menſchen damit angeſtekt werden koͤnnte. Wir glauben alſo vor allem Verdacht uͤber dieſen Artikel ſicher zu ſeyn. Aber da un- ter unſern Leſern ehrliche Leute ſeyn koͤnnen, welche uns wenigſtens eine Unvorſichtigkeit Schuld geben, und davor halten moͤchten, daß wir die- ſen Hippias entweder gar nicht einfuͤhren, oder wenn dieſes der Plan unſers Werkes ja erfodert haͤtte, ſeine Lehrſaͤze ausfuͤhrlich haͤtten widerle- gen ſollen: So ſehen wir fuͤr billig an, ihnen die Urſachen zu ſagen, warum wir das erſte gethan, und das andere unterlaſſen haben. Weil

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 1. Frankfurt (Main) u. a., 1766, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_agathon01_1766/19>, abgerufen am 29.03.2024.