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Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834.

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Achtzehnte Vorlesung.


Nach der allgemeinen Charakteristik der Künste,
welche in den Kreis der Aesthetik gehören, beschrän¬
ken wir uns verabredetermaßen auf die Kunst der
Rede, der poetischen wie der prosaischen. Diese
Kunst bedient sich der Sprache, als ihres Mate¬
rials, wie der Bildhauer des Marmors, der Mu¬
siker des Tons. Nicht alle Sprachen sind gleich
geeignet für die kunstreiche Bearbeitung, einige
sind zu spröde, andere zu weich, einige zu roh,
andere zu gebildet, einige zu arm, andere, man
möchte sagen, zu reich, wie die deutsche, was
zwar ein schöner Fehler ist, wenn überall einer,
was aber doch dem Dichter oder Redner bei der
Wahl der Wörter und Ausdrücke nicht selten auch
die Qual verursacht. Allein der wichtigste Unter¬

Achtzehnte Vorleſung.


Nach der allgemeinen Charakteriſtik der Kuͤnſte,
welche in den Kreis der Aeſthetik gehoͤren, beſchraͤn¬
ken wir uns verabredetermaßen auf die Kunſt der
Rede, der poetiſchen wie der proſaiſchen. Dieſe
Kunſt bedient ſich der Sprache, als ihres Mate¬
rials, wie der Bildhauer des Marmors, der Mu¬
ſiker des Tons. Nicht alle Sprachen ſind gleich
geeignet fuͤr die kunſtreiche Bearbeitung, einige
ſind zu ſproͤde, andere zu weich, einige zu roh,
andere zu gebildet, einige zu arm, andere, man
moͤchte ſagen, zu reich, wie die deutſche, was
zwar ein ſchoͤner Fehler iſt, wenn uͤberall einer,
was aber doch dem Dichter oder Redner bei der
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[223/0237] Achtzehnte Vorleſung. Nach der allgemeinen Charakteriſtik der Kuͤnſte, welche in den Kreis der Aeſthetik gehoͤren, beſchraͤn¬ ken wir uns verabredetermaßen auf die Kunſt der Rede, der poetiſchen wie der proſaiſchen. Dieſe Kunſt bedient ſich der Sprache, als ihres Mate¬ rials, wie der Bildhauer des Marmors, der Mu¬ ſiker des Tons. Nicht alle Sprachen ſind gleich geeignet fuͤr die kunſtreiche Bearbeitung, einige ſind zu ſproͤde, andere zu weich, einige zu roh, andere zu gebildet, einige zu arm, andere, man moͤchte ſagen, zu reich, wie die deutſche, was zwar ein ſchoͤner Fehler iſt, wenn uͤberall einer, was aber doch dem Dichter oder Redner bei der Wahl der Woͤrter und Ausdruͤcke nicht ſelten auch die Qual verurſacht. Allein der wichtigſte Unter¬

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Zitationshilfe: Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/237>, abgerufen am 28.03.2024.