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Wilbrandt, Adolph: Johann Ohlerich. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 267–332. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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sie, obwohl ihr noch die Beklemmung auf dem Herzen lag. Er hat es selber gewollt!

Es verging noch eine Weile, bis er sich zu ihr wandte. Liesbeth! sagte er dann und blieb vor ihr stehen. Wo bist du gewesen, als ich nach Hause kam?

Sein Ton war ruhig, und sogleich regte sich auch ein weiches Gefühl in ihr. Wo ich gewesen bin? antwortete sie sanft. Das Feuerwerk und die Stromfahrt hab' ich mir angesehen.

Mit wem?

Sie war einen Augenblick stumm. Mit dem Herrn Julius, sagte sie dann und erröthete wider ihren Willen.

Ihr zwei Beide allein?

Nun ja; wir Beide allein.

Es war natürlich noch helllichter Tag?

Ihr Gesicht wurde bei dieser stachelig bösen Frage flammendroth. Sie sah ihn erbittert an und schwieg.

Antwort! rief er plötzlich mit losgelassener, jähzorniger Stimme. Antwort, oder ich weiß nicht, was ich thue! -- Was ist zwischen euch geschehn?

Wenn du so schreist, sage ich kein Wort. Ich bin auch ein Mensch, wie du; du sollst mich nicht anfahren wie einen Hund, ich krieche auch nicht vor dir. Heute Morgen hab' ich dir's gesagt, daß ich etwas thun würde, was dich nicht freut --

Was ist zwischen euch geschehn? schrie er sie wieder an. Herr Gott Sakrament -- was ist zwischen euch geschehn? -- Er ergriff ihren Arm und drückte ihn so heftig, daß sie einen Schrei ausstieß. Durch diesen Laut wieder ein wenig zur Besinnung gebracht -- denn er war außer sich -- ließ er nach zu drücken, aber er behielt ihren Arm in seiner Hand. Ich sag' dir, ich will die Wahrheit wissen, oder ich bring' dich um!

Liesbeth richtete sich mit ihrem freien Arm im Bette auf. Ihr ganzer Widerstand war durch seine Mißhandlung entflammt. Du weckst das Kind auf! sagte sie mit wilder

sie, obwohl ihr noch die Beklemmung auf dem Herzen lag. Er hat es selber gewollt!

Es verging noch eine Weile, bis er sich zu ihr wandte. Liesbeth! sagte er dann und blieb vor ihr stehen. Wo bist du gewesen, als ich nach Hause kam?

Sein Ton war ruhig, und sogleich regte sich auch ein weiches Gefühl in ihr. Wo ich gewesen bin? antwortete sie sanft. Das Feuerwerk und die Stromfahrt hab' ich mir angesehen.

Mit wem?

Sie war einen Augenblick stumm. Mit dem Herrn Julius, sagte sie dann und erröthete wider ihren Willen.

Ihr zwei Beide allein?

Nun ja; wir Beide allein.

Es war natürlich noch helllichter Tag?

Ihr Gesicht wurde bei dieser stachelig bösen Frage flammendroth. Sie sah ihn erbittert an und schwieg.

Antwort! rief er plötzlich mit losgelassener, jähzorniger Stimme. Antwort, oder ich weiß nicht, was ich thue! — Was ist zwischen euch geschehn?

Wenn du so schreist, sage ich kein Wort. Ich bin auch ein Mensch, wie du; du sollst mich nicht anfahren wie einen Hund, ich krieche auch nicht vor dir. Heute Morgen hab' ich dir's gesagt, daß ich etwas thun würde, was dich nicht freut —

Was ist zwischen euch geschehn? schrie er sie wieder an. Herr Gott Sakrament — was ist zwischen euch geschehn? — Er ergriff ihren Arm und drückte ihn so heftig, daß sie einen Schrei ausstieß. Durch diesen Laut wieder ein wenig zur Besinnung gebracht — denn er war außer sich — ließ er nach zu drücken, aber er behielt ihren Arm in seiner Hand. Ich sag' dir, ich will die Wahrheit wissen, oder ich bring' dich um!

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[0036] sie, obwohl ihr noch die Beklemmung auf dem Herzen lag. Er hat es selber gewollt! Es verging noch eine Weile, bis er sich zu ihr wandte. Liesbeth! sagte er dann und blieb vor ihr stehen. Wo bist du gewesen, als ich nach Hause kam? Sein Ton war ruhig, und sogleich regte sich auch ein weiches Gefühl in ihr. Wo ich gewesen bin? antwortete sie sanft. Das Feuerwerk und die Stromfahrt hab' ich mir angesehen. Mit wem? Sie war einen Augenblick stumm. Mit dem Herrn Julius, sagte sie dann und erröthete wider ihren Willen. Ihr zwei Beide allein? Nun ja; wir Beide allein. Es war natürlich noch helllichter Tag? Ihr Gesicht wurde bei dieser stachelig bösen Frage flammendroth. Sie sah ihn erbittert an und schwieg. Antwort! rief er plötzlich mit losgelassener, jähzorniger Stimme. Antwort, oder ich weiß nicht, was ich thue! — Was ist zwischen euch geschehn? Wenn du so schreist, sage ich kein Wort. Ich bin auch ein Mensch, wie du; du sollst mich nicht anfahren wie einen Hund, ich krieche auch nicht vor dir. Heute Morgen hab' ich dir's gesagt, daß ich etwas thun würde, was dich nicht freut — Was ist zwischen euch geschehn? schrie er sie wieder an. Herr Gott Sakrament — was ist zwischen euch geschehn? — Er ergriff ihren Arm und drückte ihn so heftig, daß sie einen Schrei ausstieß. Durch diesen Laut wieder ein wenig zur Besinnung gebracht — denn er war außer sich — ließ er nach zu drücken, aber er behielt ihren Arm in seiner Hand. Ich sag' dir, ich will die Wahrheit wissen, oder ich bring' dich um! Liesbeth richtete sich mit ihrem freien Arm im Bette auf. Ihr ganzer Widerstand war durch seine Mißhandlung entflammt. Du weckst das Kind auf! sagte sie mit wilder

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T13:21:33Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T13:21:33Z)

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Zitationshilfe: Wilbrandt, Adolph: Johann Ohlerich. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 267–332. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilbrandt_ohlerich_1910/36>, abgerufen am 28.03.2024.