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Wildermuth, Ottilie: Streit in der Liebe und Liebe im Streit. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 175–210. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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grätiger Bursche tauge nicht unters Militär, wo man kuschen müsse. Er fugte sich wirklich zum Verwundern, und kleine Excesse in Trunkenheit ausgenommen, hielt er sich vortrefflich als Soldat; sein Obermann, der je und je den Herrn Schultheiß besuchte, meinte: Wenn wir Krieg hätten, so gäbe der einen General nichts desto schöners. Er war ein freigebiger Kamerad und theilte von dem Zuschuß zu seinem magern Sold, den ihm der Vater reichlich zufließen ließ, den andern gerne mit; so war er hoch angesehen unter den Kameraden.

Liesbeth hatte allerdings Respect, als er in der feinen Uniform, die er sich aus eigenem Beutel angeschafft, zum erstenmal am Sonntag einen Besuch machte, sie sprach im Gärtchen lange mit ihm und gestattete, daß er sich zu ihr auf die Hausbank setzte, aber doch war diese Militärzeit eine qualvolle für sie, weil sie beständig von Eifersucht verzehrt war. Wenn ihr Georg einen Gruß sagen ließ, so war ihre Antwort: Dem wird es ernst sein mit Grüßen, man weiß ja, wie die Soldaten mit den Stadtmägden herumscharmuzen, wird auch Eine haben, die ihm am Sonntag den Dreibätzner in den Sack giebt! Durch ähnliche Suggestivfragen suchte auch Georg muthmaßliche Treulosigkeiten seiner Geliebten zu erfahren; -- wenn er dann heim kam, so hatte er den halben Tag zu thun, bis er sein Schätzchen versöhnte, die wegen allerlei eingebildeter Unthaten seinerseits mit ihm trutzte. War das gelungen und sie begleitete ihn Abends auf dem Rückweg zur Stadt, so fing sie schon

grätiger Bursche tauge nicht unters Militär, wo man kuschen müsse. Er fugte sich wirklich zum Verwundern, und kleine Excesse in Trunkenheit ausgenommen, hielt er sich vortrefflich als Soldat; sein Obermann, der je und je den Herrn Schultheiß besuchte, meinte: Wenn wir Krieg hätten, so gäbe der einen General nichts desto schöners. Er war ein freigebiger Kamerad und theilte von dem Zuschuß zu seinem magern Sold, den ihm der Vater reichlich zufließen ließ, den andern gerne mit; so war er hoch angesehen unter den Kameraden.

Liesbeth hatte allerdings Respect, als er in der feinen Uniform, die er sich aus eigenem Beutel angeschafft, zum erstenmal am Sonntag einen Besuch machte, sie sprach im Gärtchen lange mit ihm und gestattete, daß er sich zu ihr auf die Hausbank setzte, aber doch war diese Militärzeit eine qualvolle für sie, weil sie beständig von Eifersucht verzehrt war. Wenn ihr Georg einen Gruß sagen ließ, so war ihre Antwort: Dem wird es ernst sein mit Grüßen, man weiß ja, wie die Soldaten mit den Stadtmägden herumscharmuzen, wird auch Eine haben, die ihm am Sonntag den Dreibätzner in den Sack giebt! Durch ähnliche Suggestivfragen suchte auch Georg muthmaßliche Treulosigkeiten seiner Geliebten zu erfahren; — wenn er dann heim kam, so hatte er den halben Tag zu thun, bis er sein Schätzchen versöhnte, die wegen allerlei eingebildeter Unthaten seinerseits mit ihm trutzte. War das gelungen und sie begleitete ihn Abends auf dem Rückweg zur Stadt, so fing sie schon

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[0017] grätiger Bursche tauge nicht unters Militär, wo man kuschen müsse. Er fugte sich wirklich zum Verwundern, und kleine Excesse in Trunkenheit ausgenommen, hielt er sich vortrefflich als Soldat; sein Obermann, der je und je den Herrn Schultheiß besuchte, meinte: Wenn wir Krieg hätten, so gäbe der einen General nichts desto schöners. Er war ein freigebiger Kamerad und theilte von dem Zuschuß zu seinem magern Sold, den ihm der Vater reichlich zufließen ließ, den andern gerne mit; so war er hoch angesehen unter den Kameraden. Liesbeth hatte allerdings Respect, als er in der feinen Uniform, die er sich aus eigenem Beutel angeschafft, zum erstenmal am Sonntag einen Besuch machte, sie sprach im Gärtchen lange mit ihm und gestattete, daß er sich zu ihr auf die Hausbank setzte, aber doch war diese Militärzeit eine qualvolle für sie, weil sie beständig von Eifersucht verzehrt war. Wenn ihr Georg einen Gruß sagen ließ, so war ihre Antwort: Dem wird es ernst sein mit Grüßen, man weiß ja, wie die Soldaten mit den Stadtmägden herumscharmuzen, wird auch Eine haben, die ihm am Sonntag den Dreibätzner in den Sack giebt! Durch ähnliche Suggestivfragen suchte auch Georg muthmaßliche Treulosigkeiten seiner Geliebten zu erfahren; — wenn er dann heim kam, so hatte er den halben Tag zu thun, bis er sein Schätzchen versöhnte, die wegen allerlei eingebildeter Unthaten seinerseits mit ihm trutzte. War das gelungen und sie begleitete ihn Abends auf dem Rückweg zur Stadt, so fing sie schon

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T13:35:23Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T13:35:23Z)

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Zitationshilfe: Wildermuth, Ottilie: Streit in der Liebe und Liebe im Streit. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 175–210. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wildermuth_streit_1910/17>, abgerufen am 25.04.2024.