Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wildermuth, Ottilie: Streit in der Liebe und Liebe im Streit. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 175–210. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

that nichts, sie zu hintertreiben, 's ging nimmer, versicherte er, wenn gute Freunde ihm zuredeten, er solle doch nicht so dumm sein, und von einem Weibe gehen, die "Sach genug" habe; 's geht nicht, ich werd' nimmer anders und sie vollends gar nicht, 's ist besser, wir sind voneinander.

Als sie vom letzten Gang vom Sitz des Gerichtshofs, wo die Scheidung vollzogen worden war, zusammen heimkehrten, sagte Liesbeth spitzig: So, jetzt kannst nehmen, wen du willst. -- Erst nicht, sagte Georg, ich bin der schuldig Theil, ich darf nicht heirathen, ohne deine Erlaubniß. -- Ich heb' dich nicht, schnauzte sie mit glutrothem Gesicht. -- Du darfst heirathen, wenn 'd willst, sagte Georg, aber, indem er sich mit geballten Fäusten vor sie hinstellte: guck, todt schlag' ich dich, maustodt, wenn 'd einen Andern nimmst. Schweigend zogen sie miteinander nach Haus, bis sie sich trennten vor Liesbeth's Hausthür.



Georg hatte nichts von seinem Weibe anzusprechen, er hatte nicht viel beigebracht und noch weniger etwas errungen. Er hatte immer besonders gut mit Pferden umgehen können und verdingte sich nun als Kutscher zu einer Herrschaft in der Stadt. Eh er ging, nahm Liesbeth, die karge Liesbeth, drei Wochen die Näherin ins Haus und ließ ihn mit Weißzeug neu ausstaffieren. In der Nacht nahm er noch Abschied von ihr, und sein

that nichts, sie zu hintertreiben, 's ging nimmer, versicherte er, wenn gute Freunde ihm zuredeten, er solle doch nicht so dumm sein, und von einem Weibe gehen, die „Sach genug“ habe; 's geht nicht, ich werd' nimmer anders und sie vollends gar nicht, 's ist besser, wir sind voneinander.

Als sie vom letzten Gang vom Sitz des Gerichtshofs, wo die Scheidung vollzogen worden war, zusammen heimkehrten, sagte Liesbeth spitzig: So, jetzt kannst nehmen, wen du willst. — Erst nicht, sagte Georg, ich bin der schuldig Theil, ich darf nicht heirathen, ohne deine Erlaubniß. — Ich heb' dich nicht, schnauzte sie mit glutrothem Gesicht. — Du darfst heirathen, wenn 'd willst, sagte Georg, aber, indem er sich mit geballten Fäusten vor sie hinstellte: guck, todt schlag' ich dich, maustodt, wenn 'd einen Andern nimmst. Schweigend zogen sie miteinander nach Haus, bis sie sich trennten vor Liesbeth's Hausthür.



Georg hatte nichts von seinem Weibe anzusprechen, er hatte nicht viel beigebracht und noch weniger etwas errungen. Er hatte immer besonders gut mit Pferden umgehen können und verdingte sich nun als Kutscher zu einer Herrschaft in der Stadt. Eh er ging, nahm Liesbeth, die karge Liesbeth, drei Wochen die Näherin ins Haus und ließ ihn mit Weißzeug neu ausstaffieren. In der Nacht nahm er noch Abschied von ihr, und sein

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="7">
        <p><pb facs="#f0038"/>
that nichts, sie zu hintertreiben, 's ging nimmer, versicherte er, wenn gute      Freunde ihm zuredeten, er solle doch nicht so dumm sein, und von einem Weibe gehen, die &#x201E;Sach      genug&#x201C; habe; 's geht nicht, ich werd' nimmer anders und sie vollends gar nicht, 's ist besser,      wir sind voneinander.</p><lb/>
        <p>Als sie vom letzten Gang vom Sitz des Gerichtshofs, wo die Scheidung vollzogen worden war,      zusammen heimkehrten, sagte Liesbeth spitzig: So, jetzt kannst nehmen, wen du willst. &#x2014; Erst      nicht, sagte Georg, ich bin der schuldig Theil, ich darf nicht heirathen, ohne deine Erlaubniß.      &#x2014; Ich heb' dich nicht, schnauzte sie mit glutrothem Gesicht. &#x2014; Du darfst heirathen, wenn 'd      willst, sagte Georg, aber, indem er sich mit geballten Fäusten vor sie hinstellte: guck, todt      schlag' ich dich, maustodt, wenn 'd einen Andern nimmst. Schweigend zogen sie miteinander nach      Haus, bis sie sich trennten vor Liesbeth's Hausthür.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p>Georg hatte nichts von seinem Weibe anzusprechen, er hatte nicht viel beigebracht und noch      weniger etwas errungen. Er hatte immer besonders gut mit Pferden umgehen können und verdingte      sich nun als Kutscher zu einer Herrschaft in der Stadt. Eh er ging, nahm Liesbeth, die karge      Liesbeth, drei Wochen die Näherin ins Haus und ließ ihn mit Weißzeug neu ausstaffieren. In der      Nacht nahm er noch Abschied von ihr, und sein<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0038] that nichts, sie zu hintertreiben, 's ging nimmer, versicherte er, wenn gute Freunde ihm zuredeten, er solle doch nicht so dumm sein, und von einem Weibe gehen, die „Sach genug“ habe; 's geht nicht, ich werd' nimmer anders und sie vollends gar nicht, 's ist besser, wir sind voneinander. Als sie vom letzten Gang vom Sitz des Gerichtshofs, wo die Scheidung vollzogen worden war, zusammen heimkehrten, sagte Liesbeth spitzig: So, jetzt kannst nehmen, wen du willst. — Erst nicht, sagte Georg, ich bin der schuldig Theil, ich darf nicht heirathen, ohne deine Erlaubniß. — Ich heb' dich nicht, schnauzte sie mit glutrothem Gesicht. — Du darfst heirathen, wenn 'd willst, sagte Georg, aber, indem er sich mit geballten Fäusten vor sie hinstellte: guck, todt schlag' ich dich, maustodt, wenn 'd einen Andern nimmst. Schweigend zogen sie miteinander nach Haus, bis sie sich trennten vor Liesbeth's Hausthür. Georg hatte nichts von seinem Weibe anzusprechen, er hatte nicht viel beigebracht und noch weniger etwas errungen. Er hatte immer besonders gut mit Pferden umgehen können und verdingte sich nun als Kutscher zu einer Herrschaft in der Stadt. Eh er ging, nahm Liesbeth, die karge Liesbeth, drei Wochen die Näherin ins Haus und ließ ihn mit Weißzeug neu ausstaffieren. In der Nacht nahm er noch Abschied von ihr, und sein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T13:35:23Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T13:35:23Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: nein; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wildermuth_streit_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wildermuth_streit_1910/38
Zitationshilfe: Wildermuth, Ottilie: Streit in der Liebe und Liebe im Streit. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 175–210. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wildermuth_streit_1910/38>, abgerufen am 29.03.2024.