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Zeiller, Martin: Centvria III. Variarvm Quæstionvm. Bd. 3. Ulm, 1659.

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Die 80. Frag/ des 3. Hundert.
bey einem Menschen sich insonderheit befinden.
Sihe Velstenium, disput. Eth. 5. quaest. 1.

Die 80. Frag.
Begegnet aber auch/ und wider-
fähret einem Menschen/ in disem
Leben/ eine Glücksee-
ligkeit?

ES ist ein elend Ding umb
aller Menschen Leben/ so bald ein Mensch
geboren wird/ so ist Leben/ und Tod/ bey-
sammen. Lebt er gleich ein Zeitlang/ so ist er doch
vilen Widerwärtigkeiten/ Unruhen/ Kranck-
heiten/ Bekümmernußen/ auch Sorgen für die
Seinige/ und dergleichen/ underworffen. Wie
kan dann da eine Glückseeligkeit seyn? und was ist
für guetes von disem flüchtigen Leben zugewar-
ten? Da oft alles under/ und über sich gehet/ und
deßwegen das Menschliche Leben einem Schiff
auff dem Meer verglichen wird; auch deßwegen
Solon gewolt/ daß man keinen Menschen/ vor
seinem Tode/ glückseelig halten könne. Ob nun
wol Aristoteles darwider ist/ und einem mit Tu-
gend begabten Mann eine Glückseeligkeit zue-
schreibet: Da hergegen die Todten nicht mehr der
Tugend abwarten können: so habe auch das Glück
sovil Macht nicht/ daß es einen Bidermann/ von
seiner ehrlichen Verrichtung abwendig/ und aus
einem glückseeligen/ einen elenden Menschen/ ma-

chen

Die 80. Frag/ des 3. Hundert.
bey einem Menſchen ſich inſonderheit befinden.
Sihe Velſtenium, diſput. Eth. 5. quæſt. 1.

Die 80. Frag.
Begegnet aber auch/ und wider-
faͤhret einem Menſchen/ in diſem
Leben/ eine Gluͤckſee-
ligkeit?

ES iſt ein elend Ding umb
aller Menſchen Leben/ ſo bald ein Menſch
geboren wird/ ſo iſt Leben/ und Tod/ bey-
ſammen. Lebt er gleich ein Zeitlang/ ſo iſt er doch
vilen Widerwaͤrtigkeiten/ Unruhen/ Kranck-
heiten/ Bekuͤmmernußen/ auch Sorgen fuͤr die
Seinige/ und dergleichen/ underworffen. Wie
kan dann da eine Gluͤckſeeligkeit ſeyn? und was iſt
fuͤr guetes von diſem fluͤchtigen Leben zugewar-
ten? Da oft alles under/ und uͤber ſich gehet/ und
deßwegen das Menſchliche Leben einem Schiff
auff dem Meer verglichen wird; auch deßwegen
Solon gewolt/ daß man keinen Menſchen/ vor
ſeinem Tode/ gluͤckſeelig halten koͤnne. Ob nun
wol Aristoteles darwider iſt/ und einem mit Tu-
gend begabten Mann eine Gluͤckſeeligkeit zue-
ſchreibet: Da hergegen die Todten nicht mehr der
Tugend abwarten koͤnnen: ſo habe auch das Gluͤck
ſovil Macht nicht/ daß es einen Bidermann/ von
ſeiner ehrlichen Verrichtung abwendig/ und aus
einem gluͤckſeeligen/ einen elenden Menſchen/ ma-

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[404/0428] Die 80. Frag/ des 3. Hundert. bey einem Menſchen ſich inſonderheit befinden. Sihe Velſtenium, diſput. Eth. 5. quæſt. 1. Die 80. Frag. Begegnet aber auch/ und wider- faͤhret einem Menſchen/ in diſem Leben/ eine Gluͤckſee- ligkeit? ES iſt ein elend Ding umb aller Menſchen Leben/ ſo bald ein Menſch geboren wird/ ſo iſt Leben/ und Tod/ bey- ſammen. Lebt er gleich ein Zeitlang/ ſo iſt er doch vilen Widerwaͤrtigkeiten/ Unruhen/ Kranck- heiten/ Bekuͤmmernußen/ auch Sorgen fuͤr die Seinige/ und dergleichen/ underworffen. Wie kan dann da eine Gluͤckſeeligkeit ſeyn? und was iſt fuͤr guetes von diſem fluͤchtigen Leben zugewar- ten? Da oft alles under/ und uͤber ſich gehet/ und deßwegen das Menſchliche Leben einem Schiff auff dem Meer verglichen wird; auch deßwegen Solon gewolt/ daß man keinen Menſchen/ vor ſeinem Tode/ gluͤckſeelig halten koͤnne. Ob nun wol Aristoteles darwider iſt/ und einem mit Tu- gend begabten Mann eine Gluͤckſeeligkeit zue- ſchreibet: Da hergegen die Todten nicht mehr der Tugend abwarten koͤnnen: ſo habe auch das Gluͤck ſovil Macht nicht/ daß es einen Bidermann/ von ſeiner ehrlichen Verrichtung abwendig/ und aus einem gluͤckſeeligen/ einen elenden Menſchen/ ma- chen

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Zitationshilfe: Zeiller, Martin: Centvria III. Variarvm Quæstionvm. Bd. 3. Ulm, 1659, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zeiller_centuria03_1659/428>, abgerufen am 28.03.2024.