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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835.

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gönnt hätte, da war mir's leid, daß alle Jugend ver-
loren ging, jetzt aber denk ich an Dich.

Bettine.
An Goethe.


Kleine unvorhergesehene Reisen in die nächsten Ge-
genden, um den Winter vor seinem Scheiden noch ein-
mal in seiner Pracht zu bewundern, haben mich abge-
halten sogleich meines einzigen und liebsten Freundes
in der ganzen Welt, Wunsch zu befriedigen. Hierbei
sende ich alles was bis jetzt erschienen, außer ein Jour-
nal, welches die Juden unter dem Namen Sulamith
herausgeben. Es ist sehr weitläufig; begehrst Du es,
so send' ich's, da die Juden es mir als ihrem Protector
und kleinen Nothhelfer, verehren. Es enthält die ver-
schiedensten Dinge, kreuz und quer; besonders zeichnen
sich die Oden die sie dem Fürst Primas widmen, darin
aus; ein großes Gedicht, was sie ihm am Neujahrstag
brachten, schickte er mir und schrieb: "Ich verstehe kein
hebräisch, sonst würde ich eine Danksagung schreiben,
aber da für die kleine Freundin der Hebräer nichts zu
verkehrt und undeutsch ist, so trage ich ihr auf, in mei-

gönnt hätte, da war mir's leid, daß alle Jugend ver-
loren ging, jetzt aber denk ich an Dich.

Bettine.
An Goethe.


Kleine unvorhergeſehene Reiſen in die nächſten Ge-
genden, um den Winter vor ſeinem Scheiden noch ein-
mal in ſeiner Pracht zu bewundern, haben mich abge-
halten ſogleich meines einzigen und liebſten Freundes
in der ganzen Welt, Wunſch zu befriedigen. Hierbei
ſende ich alles was bis jetzt erſchienen, außer ein Jour-
nal, welches die Juden unter dem Namen Sulamith
herausgeben. Es iſt ſehr weitläufig; begehrſt Du es,
ſo ſend' ich's, da die Juden es mir als ihrem Protector
und kleinen Nothhelfer, verehren. Es enthält die ver-
ſchiedenſten Dinge, kreuz und quer; beſonders zeichnen
ſich die Oden die ſie dem Fürſt Primas widmen, darin
aus; ein großes Gedicht, was ſie ihm am Neujahrstag
brachten, ſchickte er mir und ſchrieb: „Ich verſtehe kein
hebräiſch, ſonſt würde ich eine Dankſagung ſchreiben,
aber da für die kleine Freundin der Hebräer nichts zu
verkehrt und undeutſch iſt, ſo trage ich ihr auf, in mei-

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[204/0236] gönnt hätte, da war mir's leid, daß alle Jugend ver- loren ging, jetzt aber denk ich an Dich. Bettine. An Goethe. Am 30. März. Kleine unvorhergeſehene Reiſen in die nächſten Ge- genden, um den Winter vor ſeinem Scheiden noch ein- mal in ſeiner Pracht zu bewundern, haben mich abge- halten ſogleich meines einzigen und liebſten Freundes in der ganzen Welt, Wunſch zu befriedigen. Hierbei ſende ich alles was bis jetzt erſchienen, außer ein Jour- nal, welches die Juden unter dem Namen Sulamith herausgeben. Es iſt ſehr weitläufig; begehrſt Du es, ſo ſend' ich's, da die Juden es mir als ihrem Protector und kleinen Nothhelfer, verehren. Es enthält die ver- ſchiedenſten Dinge, kreuz und quer; beſonders zeichnen ſich die Oden die ſie dem Fürſt Primas widmen, darin aus; ein großes Gedicht, was ſie ihm am Neujahrstag brachten, ſchickte er mir und ſchrieb: „Ich verſtehe kein hebräiſch, ſonſt würde ich eine Dankſagung ſchreiben, aber da für die kleine Freundin der Hebräer nichts zu verkehrt und undeutſch iſt, ſo trage ich ihr auf, in mei-

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/236>, abgerufen am 26.04.2024.