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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Einleitung.
sich zu Asche. So sucht auch der geschickte Arbeiter die hoch-
gelegensten Plätze aus, um das Holz auf völlig trockenem Boden auf-
zurichten. Dann baut er einen Holzstoss auf von ungeheurer Masse,
breit und rund an der Basis, oben wie eine Pyramide abschliessend.
Alsbald bedeckt er dessen Oberfläche mit Eichen- und Buchenblättern,
dann mit schwarzer, schwerer Kohlenlösche, so ist das Holz, das davon
bedeckt wird, nicht mehr der Luft ausgesetzt. Wenn der Augenblick
gekommen ist, das Feuer anzulegen, bedient man sich einer engen
Öffnung, die darunter durchläuft und mit Sorgfalt hergestellt ist, die
einen Kanal inmitten des Meilers bildet und dazu dient, das Feuer
anzulegen; alsdann, sobald dies geschehen, verschliesst er diese Öffnung
hermetisch mit Blättern und lettiger Erde; weder Wind noch Luft
können eindringen. Das Feuer, indem es mit der Luft in Verbindung
zu treten sucht, kriecht langsam, aber vergeblich in das Innere, wobei
sich sein Fortschreiten durch lautes Geräusch bemerklich macht.
Säulen von Dampf steigen in die Luft auf, so dicht und schwer und
von so durchdringendem Geruch, wie die, welche der Tartarus aus-
atmet, oder wie der Wirbelwind, den der Sage nach Cacus, der Sohn
Vulkans, gegen Herkules ausspie in dem Moment, ehe er den Todes-
streich für seinen tempelschänderischen Raub in der Höhle des Berges
Aventin durch Herkules empfing. Es ist nötig, dass der Arbeiter
sieben Tage und Nächte wacht, damit die Kohlen richtig gebrannt
werden, dass er die Regen vorausbeachte und den Wind, der von
Süden bläst (Föhn), was der Anblick des Himmels sei und dass er
die Sterne beobachtete. Er lasse sich nie täuschen durch den Fuhr-
mann und sein träges Gespann, noch durch Orion, welcher die Regen
voraussagt, er kenne vollständig die verschiedenen Phasen des Mondes.
Während sich das Brennen der Kohle vollzieht, kann sich der Köhler
von Zeit zu Zeit ausruhen am Fusse des Meilers. Sobald der Hahn
seinen Morgengesang ertönen lässt, kommt seine Frau, um ihn bei
seiner Mühe zu unterstützen: sie bringt ihm Knoblauch, Salz, Zwiebel,
Öl und einen Schlauch Landwein, sowie ein Stück fetten Speckes.
Sie wacht einige Nächte, um dem ermüdeten Gatten Gesellschaft zu
leisten, fürchtet nicht teilzunehmen an der Mühe der Nachtwache,
sorgt für seine Ruhe, bereitet ihm sein Lager, reinigt seine Hütte
(für deren Errichtung er zuvor sorgen muss); unser Mann arbeitet
ohne Ermüdung, geniesst seine Ruhe; sie immer vergnügt wie er.
Nach Verlauf von sieben Tagen ist das Kohlenbrennen vollständig
zu Ende geführt, und man sieht das Feuer aufhören. Dann deckt
man den Meiler ab mit der Hilfe von Harken, das Holz erscheint,

Beck, Geschichte des Eisens. 2

Einleitung.
sich zu Asche. So sucht auch der geschickte Arbeiter die hoch-
gelegensten Plätze aus, um das Holz auf völlig trockenem Boden auf-
zurichten. Dann baut er einen Holzstoſs auf von ungeheurer Masse,
breit und rund an der Basis, oben wie eine Pyramide abschlieſsend.
Alsbald bedeckt er dessen Oberfläche mit Eichen- und Buchenblättern,
dann mit schwarzer, schwerer Kohlenlösche, so ist das Holz, das davon
bedeckt wird, nicht mehr der Luft ausgesetzt. Wenn der Augenblick
gekommen ist, das Feuer anzulegen, bedient man sich einer engen
Öffnung, die darunter durchläuft und mit Sorgfalt hergestellt ist, die
einen Kanal inmitten des Meilers bildet und dazu dient, das Feuer
anzulegen; alsdann, sobald dies geschehen, verschlieſst er diese Öffnung
hermetisch mit Blättern und lettiger Erde; weder Wind noch Luft
können eindringen. Das Feuer, indem es mit der Luft in Verbindung
zu treten sucht, kriecht langsam, aber vergeblich in das Innere, wobei
sich sein Fortschreiten durch lautes Geräusch bemerklich macht.
Säulen von Dampf steigen in die Luft auf, so dicht und schwer und
von so durchdringendem Geruch, wie die, welche der Tartarus aus-
atmet, oder wie der Wirbelwind, den der Sage nach Cacus, der Sohn
Vulkans, gegen Herkules ausspie in dem Moment, ehe er den Todes-
streich für seinen tempelschänderischen Raub in der Höhle des Berges
Aventin durch Herkules empfing. Es ist nötig, daſs der Arbeiter
sieben Tage und Nächte wacht, damit die Kohlen richtig gebrannt
werden, daſs er die Regen vorausbeachte und den Wind, der von
Süden bläst (Föhn), was der Anblick des Himmels sei und daſs er
die Sterne beobachtete. Er lasse sich nie täuschen durch den Fuhr-
mann und sein träges Gespann, noch durch Orion, welcher die Regen
voraussagt, er kenne vollständig die verschiedenen Phasen des Mondes.
Während sich das Brennen der Kohle vollzieht, kann sich der Köhler
von Zeit zu Zeit ausruhen am Fuſse des Meilers. Sobald der Hahn
seinen Morgengesang ertönen läſst, kommt seine Frau, um ihn bei
seiner Mühe zu unterstützen: sie bringt ihm Knoblauch, Salz, Zwiebel,
Öl und einen Schlauch Landwein, sowie ein Stück fetten Speckes.
Sie wacht einige Nächte, um dem ermüdeten Gatten Gesellschaft zu
leisten, fürchtet nicht teilzunehmen an der Mühe der Nachtwache,
sorgt für seine Ruhe, bereitet ihm sein Lager, reinigt seine Hütte
(für deren Errichtung er zuvor sorgen muſs); unser Mann arbeitet
ohne Ermüdung, genieſst seine Ruhe; sie immer vergnügt wie er.
Nach Verlauf von sieben Tagen ist das Kohlenbrennen vollständig
zu Ende geführt, und man sieht das Feuer aufhören. Dann deckt
man den Meiler ab mit der Hilfe von Harken, das Holz erscheint,

Beck, Geschichte des Eisens. 2
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[17/0037] Einleitung. sich zu Asche. So sucht auch der geschickte Arbeiter die hoch- gelegensten Plätze aus, um das Holz auf völlig trockenem Boden auf- zurichten. Dann baut er einen Holzstoſs auf von ungeheurer Masse, breit und rund an der Basis, oben wie eine Pyramide abschlieſsend. Alsbald bedeckt er dessen Oberfläche mit Eichen- und Buchenblättern, dann mit schwarzer, schwerer Kohlenlösche, so ist das Holz, das davon bedeckt wird, nicht mehr der Luft ausgesetzt. Wenn der Augenblick gekommen ist, das Feuer anzulegen, bedient man sich einer engen Öffnung, die darunter durchläuft und mit Sorgfalt hergestellt ist, die einen Kanal inmitten des Meilers bildet und dazu dient, das Feuer anzulegen; alsdann, sobald dies geschehen, verschlieſst er diese Öffnung hermetisch mit Blättern und lettiger Erde; weder Wind noch Luft können eindringen. Das Feuer, indem es mit der Luft in Verbindung zu treten sucht, kriecht langsam, aber vergeblich in das Innere, wobei sich sein Fortschreiten durch lautes Geräusch bemerklich macht. Säulen von Dampf steigen in die Luft auf, so dicht und schwer und von so durchdringendem Geruch, wie die, welche der Tartarus aus- atmet, oder wie der Wirbelwind, den der Sage nach Cacus, der Sohn Vulkans, gegen Herkules ausspie in dem Moment, ehe er den Todes- streich für seinen tempelschänderischen Raub in der Höhle des Berges Aventin durch Herkules empfing. Es ist nötig, daſs der Arbeiter sieben Tage und Nächte wacht, damit die Kohlen richtig gebrannt werden, daſs er die Regen vorausbeachte und den Wind, der von Süden bläst (Föhn), was der Anblick des Himmels sei und daſs er die Sterne beobachtete. Er lasse sich nie täuschen durch den Fuhr- mann und sein träges Gespann, noch durch Orion, welcher die Regen voraussagt, er kenne vollständig die verschiedenen Phasen des Mondes. Während sich das Brennen der Kohle vollzieht, kann sich der Köhler von Zeit zu Zeit ausruhen am Fuſse des Meilers. Sobald der Hahn seinen Morgengesang ertönen läſst, kommt seine Frau, um ihn bei seiner Mühe zu unterstützen: sie bringt ihm Knoblauch, Salz, Zwiebel, Öl und einen Schlauch Landwein, sowie ein Stück fetten Speckes. Sie wacht einige Nächte, um dem ermüdeten Gatten Gesellschaft zu leisten, fürchtet nicht teilzunehmen an der Mühe der Nachtwache, sorgt für seine Ruhe, bereitet ihm sein Lager, reinigt seine Hütte (für deren Errichtung er zuvor sorgen muſs); unser Mann arbeitet ohne Ermüdung, genieſst seine Ruhe; sie immer vergnügt wie er. Nach Verlauf von sieben Tagen ist das Kohlenbrennen vollständig zu Ende geführt, und man sieht das Feuer aufhören. Dann deckt man den Meiler ab mit der Hilfe von Harken, das Holz erscheint, Beck, Geschichte des Eisens. 2

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/37>, abgerufen am 26.04.2024.