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Friese, Abraham: Christliche Leichpredigt. Liegnitz, 1616.

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pars cordis est in coelo, pars haeret in coeno. Denn

Mein halbes hertz das ist bey Gott/
Das ander steckt in Creutz vnd kott.

Vnd ich/ der ich nach Gottes willen/ dergleichen hertz-
leid auch dreymahl erfahren mussen/ weis/ daß solch zeug-
nüß war sey/ Denn wie vber solcher schmertzlichen dikhotomia
vnd hertzspaltung trewer Eheleute/ sich das hinter stellige
theil bekümmere/ ängstige vnd plage/ weiß niemandes als
der es erfahren/ Gott behütte vns vnd alle frome Eheleu-
te ferner.

Es klaget zwar die Medea beim Euripide, daß kein
grösser leid einem wiederfahren vnd begegnen möge/ als sei-
ne Kinder todt vor jhm liegen sehen/ da sie saget: Qvod-
nam cruciabilius malum aliud inveneris mortalibus,
qvam extinctos adspicere liberos?
vnd ist freilich nicht
ohne/ in dem Kinder von hertzen kommen/ vnd wieder zu
hertzen gehen/ sonderlich wenn sie from sind/ Daher auch
der Herr Philippus Melanthon seliger offt gesagt/ daß
Calamitas Sobolis maximus dolor sey post sensum irae
divinae,
Were also nach dem fewerbrennenden zorn Got-
tes kein grösser elend/ als seiner Kinder vngelück/ Wie es
auch Gott selber Esa. 49. vnd im 103. Psalm andeutet:
So ist doch der Kinder Todt nicht vnbillich von einem für-
nehmen Theologo, der es auch erfahren/ zwar ein Haus-
Creutz: Aber eines frommen lieben Ehgattens tödtlicher
Abgang ein Hertzenleid/ gar recht vnd wol genent worden/
Jn dem ein fromb Ehgemahl dem andern besser ist als zehen
Kinder 1. Sam. 1. Daher der Christliche Poet wol saget:

Non dolor est major, qvam cum violentia mortis
Unanimi solvit corda ligata fide.

Kein

pars cordis eſt in cœlo, pars hæret in cœno. Denn

Mein halbes hertz das iſt bey Gott/
Das ander ſteckt in Creutz vnd kott.

Vnd ich/ der ich nach Gottes willen/ dergleichen hertz-
leid auch dreymahl erfahren muſſen/ weis/ daß ſolch zeug-
nuͤß war ſey/ Denn wie vber ſolcher ſchmertzlichen διχοτομίᾳ
vnd hertzſpaltung trewer Eheleute/ ſich das hinter ſtellige
theil bekuͤmmere/ aͤngſtige vnd plage/ weiß niemandes als
der es erfahren/ Gott behuͤtte vns vnd alle frome Eheleu-
te ferner.

Es klaget zwar die Medea beim Euripide, daß kein
groͤſſer leid einem wiederfahren vnd begegnen moͤge/ als ſei-
ne Kinder todt vor jhm liegen ſehen/ da ſie ſaget: Qvod-
nam cruciabilius malum aliud inveneris mortalibus,
qvàm extinctos adſpicere liberos?
vnd iſt freilich nicht
ohne/ in dem Kinder von hertzen kommen/ vnd wieder zu
hertzen gehen/ ſonderlich wenn ſie from ſind/ Daher auch
der Herr Philippus Melanthon ſeliger offt geſagt/ daß
Calamitas Sobolis maximus dolor ſey poſt ſenſum iræ
divinæ,
Were alſo nach dem fewerbrennenden zorn Got-
tes kein groͤſſer elend/ als ſeiner Kinder vngeluͤck/ Wie es
auch Gott ſelber Eſa. 49. vnd im 103. Pſalm andeutet:
So iſt doch der Kinder Todt nicht vnbillich von einem fuͤr-
nehmen Theologo, der es auch erfahren/ zwar ein Haus-
Creutz: Aber eines frommen lieben Ehgattens toͤdtlicher
Abgang ein Hertzenleid/ gar recht vnd wol genent worden/
Jn dem ein fromb Ehgemahl dem andern beſſer iſt als zehen
Kinder 1. Sam. 1. Daher der Chriſtliche Poët wol ſaget:

Non dolor eſt major, qvàm cum violentia mortis
Unanimi ſolvit corda ligata fide.

Kein
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[[16]/0016] pars cordis eſt in cœlo, pars hæret in cœno. Denn Mein halbes hertz das iſt bey Gott/ Das ander ſteckt in Creutz vnd kott. Vnd ich/ der ich nach Gottes willen/ dergleichen hertz- leid auch dreymahl erfahren muſſen/ weis/ daß ſolch zeug- nuͤß war ſey/ Denn wie vber ſolcher ſchmertzlichen διχοτομίᾳ vnd hertzſpaltung trewer Eheleute/ ſich das hinter ſtellige theil bekuͤmmere/ aͤngſtige vnd plage/ weiß niemandes als der es erfahren/ Gott behuͤtte vns vnd alle frome Eheleu- te ferner. Es klaget zwar die Medea beim Euripide, daß kein groͤſſer leid einem wiederfahren vnd begegnen moͤge/ als ſei- ne Kinder todt vor jhm liegen ſehen/ da ſie ſaget: Qvod- nam cruciabilius malum aliud inveneris mortalibus, qvàm extinctos adſpicere liberos? vnd iſt freilich nicht ohne/ in dem Kinder von hertzen kommen/ vnd wieder zu hertzen gehen/ ſonderlich wenn ſie from ſind/ Daher auch der Herr Philippus Melanthon ſeliger offt geſagt/ daß Calamitas Sobolis maximus dolor ſey poſt ſenſum iræ divinæ, Were alſo nach dem fewerbrennenden zorn Got- tes kein groͤſſer elend/ als ſeiner Kinder vngeluͤck/ Wie es auch Gott ſelber Eſa. 49. vnd im 103. Pſalm andeutet: So iſt doch der Kinder Todt nicht vnbillich von einem fuͤr- nehmen Theologo, der es auch erfahren/ zwar ein Haus- Creutz: Aber eines frommen lieben Ehgattens toͤdtlicher Abgang ein Hertzenleid/ gar recht vnd wol genent worden/ Jn dem ein fromb Ehgemahl dem andern beſſer iſt als zehen Kinder 1. Sam. 1. Daher der Chriſtliche Poët wol ſaget: Non dolor eſt major, qvàm cum violentia mortis Unanimi ſolvit corda ligata fide. Kein

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Zitationshilfe: Friese, Abraham: Christliche Leichpredigt. Liegnitz, 1616, S. [16]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/524994/16>, abgerufen am 26.04.2024.