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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

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seines Aufenthalts in Berlin, und welches Vertrauen
hatte er grade ihr gezeigt, als ihn ein dringendes
Geschäft plötzlich auf seine Güter rief! -- Wenn er
sich gedrungen fühlte, sie zur Mitwisserin seiner Ideen
zu machen. Ihre Phantasie malte sich eine Reihe
angenehmer Situationen, als eine kalte Frage da¬
zwischenfuhr: Wird er denn überhaupt kommen? Hat
er dem Mädchen nicht vielleicht etwas aufgebunden,
nur um sie los zu werden? Ist er nicht vielleicht ab¬
gereist, um seine Verbindungen hier zu brechen? Er
kehrt zurück, Gott weiß warum, aber nicht, um die
wieder anzuknüpfen, deren er überdrüßig ist. Er ist
ein Mann, der der Welt angehört, Berlin ihm ein
Stationsort, um sich auszuruhen, nicht länger als
nöthig, und die Personen, mit denen er umgeht,
zum Zeitvertreib zu gebrauchen. Zum Thor hinaus,
in der nächsten Stadt, hat er uns vergessen --

Aus diesem neuen peinlichen Selbstgespräch riß
sie ein fester Klingelzug und gleich darauf meldete
der Diener den Legationsrath von Wandel.


ſeines Aufenthalts in Berlin, und welches Vertrauen
hatte er grade ihr gezeigt, als ihn ein dringendes
Geſchäft plötzlich auf ſeine Güter rief! — Wenn er
ſich gedrungen fühlte, ſie zur Mitwiſſerin ſeiner Ideen
zu machen. Ihre Phantaſie malte ſich eine Reihe
angenehmer Situationen, als eine kalte Frage da¬
zwiſchenfuhr: Wird er denn überhaupt kommen? Hat
er dem Mädchen nicht vielleicht etwas aufgebunden,
nur um ſie los zu werden? Iſt er nicht vielleicht ab¬
gereiſt, um ſeine Verbindungen hier zu brechen? Er
kehrt zurück, Gott weiß warum, aber nicht, um die
wieder anzuknüpfen, deren er überdrüßig iſt. Er iſt
ein Mann, der der Welt angehört, Berlin ihm ein
Stationsort, um ſich auszuruhen, nicht länger als
nöthig, und die Perſonen, mit denen er umgeht,
zum Zeitvertreib zu gebrauchen. Zum Thor hinaus,
in der nächſten Stadt, hat er uns vergeſſen —

Aus dieſem neuen peinlichen Selbſtgeſpräch riß
ſie ein feſter Klingelzug und gleich darauf meldete
der Diener den Legationsrath von Wandel.


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[59/0069] ſeines Aufenthalts in Berlin, und welches Vertrauen hatte er grade ihr gezeigt, als ihn ein dringendes Geſchäft plötzlich auf ſeine Güter rief! — Wenn er ſich gedrungen fühlte, ſie zur Mitwiſſerin ſeiner Ideen zu machen. Ihre Phantaſie malte ſich eine Reihe angenehmer Situationen, als eine kalte Frage da¬ zwiſchenfuhr: Wird er denn überhaupt kommen? Hat er dem Mädchen nicht vielleicht etwas aufgebunden, nur um ſie los zu werden? Iſt er nicht vielleicht ab¬ gereiſt, um ſeine Verbindungen hier zu brechen? Er kehrt zurück, Gott weiß warum, aber nicht, um die wieder anzuknüpfen, deren er überdrüßig iſt. Er iſt ein Mann, der der Welt angehört, Berlin ihm ein Stationsort, um ſich auszuruhen, nicht länger als nöthig, und die Perſonen, mit denen er umgeht, zum Zeitvertreib zu gebrauchen. Zum Thor hinaus, in der nächſten Stadt, hat er uns vergeſſen — Aus dieſem neuen peinlichen Selbſtgeſpräch riß ſie ein feſter Klingelzug und gleich darauf meldete der Diener den Legationsrath von Wandel.

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/69>, abgerufen am 26.04.2024.