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Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].

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Friedrich Adler.
Ach, des Lebens trübe Reste
Bleiben, wenn der Flor gehoben --
Das Geheimniß ist das Beste.


Frühlingsgebet.

Deutsches Dichterbuch aus Oesterreich.

Wieder wallen die süßen Lüfte
Und den farbigen Brautkranz
Flicht die Erde, die ewig junge
Wieder in's perlenglitzernde Haar;
Aufleuchtend erglüht
Zu neuer Freude das Auge,
Das zum Staube sich trüb' gesenkt;
Hoffend wendet das Herz sich
Der Zukunft zu,
Die sich golden aufthut,
Und auf die Lippen drängt,
Innig geflüstert
Sich das tiefste Gebet der Seele.
Selten in mein Herz
Ist der fröhliche Lenz gekehrt,
Und meine Blüthen
Hast du mit Schauer umweht und Frost,
Finster waltendes Schicksal:
Hast mich früh hinausgedrängt,
Mit dem Leben zu kämpfen,
Und strenge Nothwendigkeit
Verscheuchte die süßen Bilder,
Welche die Dichtung spinnt,
Die sorgenlose, die ewig
Heitere Göttin.
Gabst du den Kampf, ich habe gekämpft!
Wirst du die Sonne mir verhüllen,
Im Dunkel werd' ich suchen den Weg --
Eins nur begehre ich.

Friedrich Adler.
Ach, des Lebens trübe Reſte
Bleiben, wenn der Flor gehoben —
Das Geheimniß iſt das Beſte.


Frühlingsgebet.

Deutſches Dichterbuch aus Oeſterreich.

Wieder wallen die ſüßen Lüfte
Und den farbigen Brautkranz
Flicht die Erde, die ewig junge
Wieder in’s perlenglitzernde Haar;
Aufleuchtend erglüht
Zu neuer Freude das Auge,
Das zum Staube ſich trüb’ geſenkt;
Hoffend wendet das Herz ſich
Der Zukunft zu,
Die ſich golden aufthut,
Und auf die Lippen drängt,
Innig geflüſtert
Sich das tiefſte Gebet der Seele.
Selten in mein Herz
Iſt der fröhliche Lenz gekehrt,
Und meine Blüthen
Haſt du mit Schauer umweht und Froſt,
Finſter waltendes Schickſal:
Haſt mich früh hinausgedrängt,
Mit dem Leben zu kämpfen,
Und ſtrenge Nothwendigkeit
Verſcheuchte die ſüßen Bilder,
Welche die Dichtung ſpinnt,
Die ſorgenloſe, die ewig
Heitere Göttin.
Gabſt du den Kampf, ich habe gekämpft!
Wirſt du die Sonne mir verhüllen,
Im Dunkel werd’ ich ſuchen den Weg —
Eins nur begehre ich.

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[86/0104] Friedrich Adler. Ach, des Lebens trübe Reſte Bleiben, wenn der Flor gehoben — Das Geheimniß iſt das Beſte. Frühlingsgebet. Deutſches Dichterbuch aus Oeſterreich. Wieder wallen die ſüßen Lüfte Und den farbigen Brautkranz Flicht die Erde, die ewig junge Wieder in’s perlenglitzernde Haar; Aufleuchtend erglüht Zu neuer Freude das Auge, Das zum Staube ſich trüb’ geſenkt; Hoffend wendet das Herz ſich Der Zukunft zu, Die ſich golden aufthut, Und auf die Lippen drängt, Innig geflüſtert Sich das tiefſte Gebet der Seele. Selten in mein Herz Iſt der fröhliche Lenz gekehrt, Und meine Blüthen Haſt du mit Schauer umweht und Froſt, Finſter waltendes Schickſal: Haſt mich früh hinausgedrängt, Mit dem Leben zu kämpfen, Und ſtrenge Nothwendigkeit Verſcheuchte die ſüßen Bilder, Welche die Dichtung ſpinnt, Die ſorgenloſe, die ewig Heitere Göttin. Gabſt du den Kampf, ich habe gekämpft! Wirſt du die Sonne mir verhüllen, Im Dunkel werd’ ich ſuchen den Weg — Eins nur begehre ich.

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Zitationshilfe: Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885], S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/104>, abgerufen am 26.04.2024.