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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806.

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Er sprach zu seinem Knechte:
"Reiten wir zur Weissenburg,
"Da sind wir wohl gehalten,
"Nach unserm Herz und Muth."
Da er nun gegen die Weissenburg kam,
Wohl unter das hohe Haus,
Da sah die falsche Fraue,
Mit Freuden zum Fenster aus.
"Gott grüs euch, edle Fraue,
"Bescher euch Glück und Heil,
"Eur Will, der ist ergangen,
"Todt habt ihr euren Gemahl."
"Ist denn mein Will ergangen,
"Mein edler Herre todt,
"So will ichs nicht eher glauben,
"Ich seh denn sein Blut so roth."
"Er zog aus seiner Scheiden,
"Ein Schwerdt von Blut so roth;
"Sieh da, du edle Fraue,
"Ein Zeichen von seinem Tod."
Sie rang ihr weisse Hände,
Rauft aus ihr gelbes Haar:
"Hülfreicher Christ vom Himmel,
"Was hab ich nun gethan!"
Sie zog von ihrem Finger,
Ein Ringelein von Gold:
Er ſprach zu ſeinem Knechte:
„Reiten wir zur Weiſſenburg,
„Da ſind wir wohl gehalten,
„Nach unſerm Herz und Muth.“
Da er nun gegen die Weiſſenburg kam,
Wohl unter das hohe Haus,
Da ſah die falſche Fraue,
Mit Freuden zum Fenſter aus.
„Gott gruͤs euch, edle Fraue,
„Beſcher euch Gluͤck und Heil,
„Eur Will, der iſt ergangen,
„Todt habt ihr euren Gemahl.“
„Iſt denn mein Will ergangen,
„Mein edler Herre todt,
„So will ichs nicht eher glauben,
„Ich ſeh denn ſein Blut ſo roth.“
„Er zog aus ſeiner Scheiden,
„Ein Schwerdt von Blut ſo roth;
„Sieh da, du edle Fraue,
„Ein Zeichen von ſeinem Tod.“
Sie rang ihr weiſſe Haͤnde,
Rauft aus ihr gelbes Haar:
„Huͤlfreicher Chriſt vom Himmel,
„Was hab ich nun gethan!“
Sie zog von ihrem Finger,
Ein Ringelein von Gold:
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[244/0253] Er ſprach zu ſeinem Knechte: „Reiten wir zur Weiſſenburg, „Da ſind wir wohl gehalten, „Nach unſerm Herz und Muth.“ Da er nun gegen die Weiſſenburg kam, Wohl unter das hohe Haus, Da ſah die falſche Fraue, Mit Freuden zum Fenſter aus. „Gott gruͤs euch, edle Fraue, „Beſcher euch Gluͤck und Heil, „Eur Will, der iſt ergangen, „Todt habt ihr euren Gemahl.“ „Iſt denn mein Will ergangen, „Mein edler Herre todt, „So will ichs nicht eher glauben, „Ich ſeh denn ſein Blut ſo roth.“ „Er zog aus ſeiner Scheiden, „Ein Schwerdt von Blut ſo roth; „Sieh da, du edle Fraue, „Ein Zeichen von ſeinem Tod.“ Sie rang ihr weiſſe Haͤnde, Rauft aus ihr gelbes Haar: „Huͤlfreicher Chriſt vom Himmel, „Was hab ich nun gethan!“ Sie zog von ihrem Finger, Ein Ringelein von Gold:

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Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/253>, abgerufen am 27.04.2024.