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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806.

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Langsam zur Burg hinauf thut reiten,
Was sieht sein Knecht zu einer Seiten?

Er sieht ein schönes Weib da sitzen,
Von Gold und Silber herrlich blitzen,
Von Perlen und von Edelstein,
Wie eine Sonne reich und rein,
Der Knecht winkt seinen Herrn zu sich:
"Gern diente dieser Fraue ich!"
Der Ritter grüßt in großer Zucht,
Er drückt an sich die edle Frucht:
"Ihr seyd es Ritter, edler Herr,
"Das Wunder das mich treibet her,
"In allen Landen, wo ihr wart,
"Hab ich euch glücklich stets bewahrt."
"Kein schöner Weib hab ich erblickt,
"Ich lieb euch wie es aus mir blickt.
"Ich sah euch oft im tiefsten Traum,
"Jezt glaub ich meinen Sinnen kaum,
"Wollt Gott, ihr wärt mein ehlich Weib,
"In Ehren dient ich eurem Leib."
"Nun so wohl hin, sprach da die Zart:
"Auf diese Red hab ich gewart,
"Ich zog dich auf mit Liebeskraft,
"Die alles wirkt, die alles schafft,
"Ich bin die Deine, ewig dein,
"Doch must du auch der Meine seyn.

Langſam zur Burg hinauf thut reiten,
Was ſieht ſein Knecht zu einer Seiten?

Er ſieht ein ſchoͤnes Weib da ſitzen,
Von Gold und Silber herrlich blitzen,
Von Perlen und von Edelſtein,
Wie eine Sonne reich und rein,
Der Knecht winkt ſeinen Herrn zu ſich:
„Gern diente dieſer Fraue ich!“
Der Ritter gruͤßt in großer Zucht,
Er druͤckt an ſich die edle Frucht:
„Ihr ſeyd es Ritter, edler Herr,
„Das Wunder das mich treibet her,
„In allen Landen, wo ihr wart,
„Hab ich euch gluͤcklich ſtets bewahrt.“
„Kein ſchoͤner Weib hab ich erblickt,
„Ich lieb euch wie es aus mir blickt.
„Ich ſah euch oft im tiefſten Traum,
„Jezt glaub ich meinen Sinnen kaum,
„Wollt Gott, ihr waͤrt mein ehlich Weib,
„In Ehren dient ich eurem Leib.“
„Nun ſo wohl hin, ſprach da die Zart:
„Auf dieſe Red hab ich gewart,
„Ich zog dich auf mit Liebeskraft,
„Die alles wirkt, die alles ſchafft,
„Ich bin die Deine, ewig dein,
„Doch muſt du auch der Meine ſeyn.

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[408[418]/0427] Langſam zur Burg hinauf thut reiten, Was ſieht ſein Knecht zu einer Seiten? Er ſieht ein ſchoͤnes Weib da ſitzen, Von Gold und Silber herrlich blitzen, Von Perlen und von Edelſtein, Wie eine Sonne reich und rein, Der Knecht winkt ſeinen Herrn zu ſich: „Gern diente dieſer Fraue ich!“ Der Ritter gruͤßt in großer Zucht, Er druͤckt an ſich die edle Frucht: „Ihr ſeyd es Ritter, edler Herr, „Das Wunder das mich treibet her, „In allen Landen, wo ihr wart, „Hab ich euch gluͤcklich ſtets bewahrt.“ „Kein ſchoͤner Weib hab ich erblickt, „Ich lieb euch wie es aus mir blickt. „Ich ſah euch oft im tiefſten Traum, „Jezt glaub ich meinen Sinnen kaum, „Wollt Gott, ihr waͤrt mein ehlich Weib, „In Ehren dient ich eurem Leib.“ „Nun ſo wohl hin, ſprach da die Zart: „Auf dieſe Red hab ich gewart, „Ich zog dich auf mit Liebeskraft, „Die alles wirkt, die alles ſchafft, „Ich bin die Deine, ewig dein, „Doch muſt du auch der Meine ſeyn.

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Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 408[418]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/427>, abgerufen am 26.04.2024.