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Allgemeine Zeitung. Nr. 1. Augsburg, 1. Januar 1840.

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Brunnow nach London und ihren wahrscheinlichen Resultaten spricht, beweist zur Genüge, daß die Wendung, welche die orientalischen Angelegenheiten jetzt nehmen dürften, in den höheren Regionen unserer politischen Welt eine ziemliche Verstimmung hervorgebracht hat. Selbst in den Tuilerien und ihren nächsten Umgebungen ist man seit einigen Tagen gerade über diesen Punkt sehr kleinlaut geworden; man berührt ihn absichtlich so wenig als möglich und weicht den darauf Bezug habenden Fragen mit einer Unbehaglichkeit aus, welche den Stand der Dinge deutlich genug verräth. Dieß begreift sich aber um so leichter, je mehr man sich dort lange Zeit wirklich mit der Hoffnung schmeichelte, daß die Ankündigung der endlichen Pacification des Orients durch Frankreichs gewichtige Vermittelung eigentlich den Glanzpunkt der Thronrede ausmachen und gegen den fatalen Paragraphen über die afrikanischen Verhältnisse ein heilsames Gegengewicht bilden würde. Die Hauptsache ist jetzt, daß England gewonnenes Spiel zu haben scheint; und eben deßhalb ist unsern Politikern, welche die entschiedene Sprache, die Ludwig Philipp in den orientalischen Angelegenheiten führte, als einen der größten Triumphe der Juliusmonarchie betrachteten, die ironische Herablassung und Mäßigung der englischen Presse in den letzten Tagen kein geringer Aerger. Denn wenn man auch über die Erfolge der Mission des Hrn. v. Brunnow zur Zeit noch auf Vermuthungen verwiesen ist, so glaubt man doch wenigstens darüber völlig im Klaren zu seyn, daß die längst beabsichtigte Annäherung zwischen England und Rußland auf eine Weise gelungen ist, welche Frankreichs überwiegenden Einfluß im Orient nur zu bald ein Ziel setzen dürfte. Da sich überdieß auch Oesterreich und Preußen für die englisch-russische Allianz erklärt zu haben scheinen, so bleibt Frankreich abermals allein auf Mehemed Ali's Seite stehen, nur mit dem Unterschiede, daß es jetzt sich in dieser Stellung nicht mehr die Vortheile sichern kann, welche es früher leicht hätte erlangen können, wenn es sie zu rechter Zeit einzunehmen verstanden hätte. -- Einer bei wohlunterrichteten Leuten ziemlich verbreiteten Meinung zufolge bezieht Mehemed Ali schon seit längerer Zeit von Frankreich geheime Subsidien, welche ihm auf die dringende Vorstellung bewilligt worden seyn sollen, daß er die Last der osmanischen Flotte nicht allein zu tragen im Stande sey, und sich folglich, in Ermangelung der nöthigen Unterstützung, in die verzweifelte Nothwendigkeit versetzt sehen dürfte, Zugeständnisse zu machen, welche Frankreichs politischen Interessen eben so entgegen seyn würden, wie seinen eigenen.


Niederlande

In der heutigen Sitzung der zweiten Kammer der Generalstaaten wurde, da das Budget von der Kammer verworfen worden, ein Creditgesetz für 1840 vorgelegt. Im ersten Artikel desselben wird bestimmt, daß die Budgets von 1839 während der ersten acht Monate des Jahrs 1840 in Kraft bleiben; nur bleiben die aus den ostindischen Geldmitteln genommenen 1,200,000 fl. von dem Einnahmebudget weg. Im zweiten Artikel heißt es, daß zur Deckung des Deficits eine Einschreibung von 15 Millionen Gulden ins zweite Hauptbuch der wirklichen Nationalschuld stattfinden, aber nur zwei Drittheile vorerst davon verfügbar gestellt werden sollen. Der dritte Artikel besagt, daß das Gesetz vom 31 Dec. d. J. an, während der acht ersten Monate des Jahres oder kürzer oder länger nach gesetzlichen Bestimmungen, bindende Kraft haben solle. Der Gesetzesentwurf wurde alsogleich in den Sectionen geprüft, und die Berathung wird heute noch statt haben. Es ist kaum anders zu glauben, als daß die Kammer den Gesetzesentwurf, wenn gleich nicht ohne Opposition, annimmt.


Italien.

Der heilige Vater hat nun seine Residenz vom Quirinal nach dem Palast des Vaticans verlegt, und seine dort mit vieler Pracht neu eingerichtete Wohnung bezogen. Von morgen an werden wiederum die kirchlichen Functionen in der Sixtinischen Capelle in Vatican vollzogen, wo Montag auch das Consistorium versammelt wird. -- Es scheint jetzt bestimmt, daß der Herzog von Bordeaux zum neuen Jahr nach Neapel auf Besuch reist, obgleich seinem längern Verweilen hier nicht mehr die alten Hindernisse im Wege stehen möchten, da selbst Ludwig Philipp sich in letzter Zeit erklärt haben soll, man habe der Sache zu viel Wichtigkeit beigelegt. -- Eine Gespenstergeschichte in einem Kloster, wo die armen Nonnen durch nächtliches Geräusch unter dem Boden ihrer Wohnung in ihrer Ruhe gestört wurden, bildete das Gespräch der ganzen Stadt. Man hatte den angstgepeinigten Nonnen gerathen, ein anderes Local zu beziehen, was auch höhern Orts bewilligt wurde. Nun hat sich bei näherer Untersuchung ergeben, daß unter dem Gebäude eine antike Kloake hinlaufen muß, worin sich das Wasser durch irgend einen Zufall wieder einen Weg gebahnt hat, was das vorher nie gehörte Geräusch verursachte. -- Einige spanische Geistliche sind von hier nach Klöstern in andern Städten der Umgegend versetzt worden.


Deutschland.

In unserm Ständehaus, wo diesen Morgen der Ausschuß zur Prüfung der Legitimationen gewählt wurde, herrscht bereits einiges Leben. Man glaubt, daß die Wahl der Präsidenten und Secretäre noch in dieser Woche, und in der nächsten die feierliche Eröffnung stattfinden werde. -- Ein Gemälde von Maes in Rom, welches in den letzten Tagen hier ankam, und im Besitz des Hrn. Bolgiano ist, findet einen solchen Beifall, daß dessen Wohnung fortwährend mit Beschauern überfüllt ist; dieses Bild, das büßende Mädchen von Magdala vorstellend, zeigt seines Urhebers Kunstfertigkeit auf eine glänzende Weise, namentlich ist die Farbengebung und das Helldunkel mit großer Meisterschaft gehandhabt. Die zweifache Beleuchtung (die Gestalt ist nämlich von dem Tageslicht und zugleich von einer Lampe beschienen) verfehlt auf die Beschauer ihren Zweck nicht und hält sie stundenlang gefesselt.

Dieser Tage sind die Verhandlungen der neuesten außerordentlichen Generalversammlung der Actionnäre unserer Donau-Dampfschifffahrtsgesellschaft im Druck erschienen. Es erhellt daraus, daß, wie von einer so ehren werthen Association zu erwarten stand, die Theilnehmer durch die augenblickliche Ungunst der Verhältnisse sich nicht haben abwendig machen lassen, nach dem vorgesteckten Ziele mit dem bisherigen Eifer und Muthe zu streben. Namentlich wurde der Fortbestand der Maschinenfabrik mit der mächtig überwiegenden Stimmenmehrheit von 679 gegen 385 beschlossen. Auch vereinigte man sich einstimmig dahin, die zur gänzlichen Zustandebringung aller Bauten, Einrichtungen etc. und zur Beischaffung des nöthigen Betriebscapitals noch erforderlichen 200,000 fl. auf dem Wege des Darlehens zu erlangen. Für den augenblicklichen Bedarf unterzeichneten die am Schlusse der Verhandlungen noch anwesenden Actionnäre in wenigen Minuten die namhafte Summe von etwa 200,000 Gulden.(Brs. Bl.)

Nachdem das Dampfschiff der Regensburger Donau-Dampfschifffahrtsgesellschaft "Ludwig I" durch den außergewöhnlich niedern Wasserstand der Donau seit der Probefahrt im Monat August in Ulm zurückgehalten war, ist dasselbe am 27 Dec. Vormittags 11 Uhr glücklich wieder in Regensburg angekommen.


Brunnow nach London und ihren wahrscheinlichen Resultaten spricht, beweist zur Genüge, daß die Wendung, welche die orientalischen Angelegenheiten jetzt nehmen dürften, in den höheren Regionen unserer politischen Welt eine ziemliche Verstimmung hervorgebracht hat. Selbst in den Tuilerien und ihren nächsten Umgebungen ist man seit einigen Tagen gerade über diesen Punkt sehr kleinlaut geworden; man berührt ihn absichtlich so wenig als möglich und weicht den darauf Bezug habenden Fragen mit einer Unbehaglichkeit aus, welche den Stand der Dinge deutlich genug verräth. Dieß begreift sich aber um so leichter, je mehr man sich dort lange Zeit wirklich mit der Hoffnung schmeichelte, daß die Ankündigung der endlichen Pacification des Orients durch Frankreichs gewichtige Vermittelung eigentlich den Glanzpunkt der Thronrede ausmachen und gegen den fatalen Paragraphen über die afrikanischen Verhältnisse ein heilsames Gegengewicht bilden würde. Die Hauptsache ist jetzt, daß England gewonnenes Spiel zu haben scheint; und eben deßhalb ist unsern Politikern, welche die entschiedene Sprache, die Ludwig Philipp in den orientalischen Angelegenheiten führte, als einen der größten Triumphe der Juliusmonarchie betrachteten, die ironische Herablassung und Mäßigung der englischen Presse in den letzten Tagen kein geringer Aerger. Denn wenn man auch über die Erfolge der Mission des Hrn. v. Brunnow zur Zeit noch auf Vermuthungen verwiesen ist, so glaubt man doch wenigstens darüber völlig im Klaren zu seyn, daß die längst beabsichtigte Annäherung zwischen England und Rußland auf eine Weise gelungen ist, welche Frankreichs überwiegenden Einfluß im Orient nur zu bald ein Ziel setzen dürfte. Da sich überdieß auch Oesterreich und Preußen für die englisch-russische Allianz erklärt zu haben scheinen, so bleibt Frankreich abermals allein auf Mehemed Ali's Seite stehen, nur mit dem Unterschiede, daß es jetzt sich in dieser Stellung nicht mehr die Vortheile sichern kann, welche es früher leicht hätte erlangen können, wenn es sie zu rechter Zeit einzunehmen verstanden hätte. — Einer bei wohlunterrichteten Leuten ziemlich verbreiteten Meinung zufolge bezieht Mehemed Ali schon seit längerer Zeit von Frankreich geheime Subsidien, welche ihm auf die dringende Vorstellung bewilligt worden seyn sollen, daß er die Last der osmanischen Flotte nicht allein zu tragen im Stande sey, und sich folglich, in Ermangelung der nöthigen Unterstützung, in die verzweifelte Nothwendigkeit versetzt sehen dürfte, Zugeständnisse zu machen, welche Frankreichs politischen Interessen eben so entgegen seyn würden, wie seinen eigenen.


Niederlande

In der heutigen Sitzung der zweiten Kammer der Generalstaaten wurde, da das Budget von der Kammer verworfen worden, ein Creditgesetz für 1840 vorgelegt. Im ersten Artikel desselben wird bestimmt, daß die Budgets von 1839 während der ersten acht Monate des Jahrs 1840 in Kraft bleiben; nur bleiben die aus den ostindischen Geldmitteln genommenen 1,200,000 fl. von dem Einnahmebudget weg. Im zweiten Artikel heißt es, daß zur Deckung des Deficits eine Einschreibung von 15 Millionen Gulden ins zweite Hauptbuch der wirklichen Nationalschuld stattfinden, aber nur zwei Drittheile vorerst davon verfügbar gestellt werden sollen. Der dritte Artikel besagt, daß das Gesetz vom 31 Dec. d. J. an, während der acht ersten Monate des Jahres oder kürzer oder länger nach gesetzlichen Bestimmungen, bindende Kraft haben solle. Der Gesetzesentwurf wurde alsogleich in den Sectionen geprüft, und die Berathung wird heute noch statt haben. Es ist kaum anders zu glauben, als daß die Kammer den Gesetzesentwurf, wenn gleich nicht ohne Opposition, annimmt.


Italien.

Der heilige Vater hat nun seine Residenz vom Quirinal nach dem Palast des Vaticans verlegt, und seine dort mit vieler Pracht neu eingerichtete Wohnung bezogen. Von morgen an werden wiederum die kirchlichen Functionen in der Sixtinischen Capelle in Vatican vollzogen, wo Montag auch das Consistorium versammelt wird. — Es scheint jetzt bestimmt, daß der Herzog von Bordeaux zum neuen Jahr nach Neapel auf Besuch reist, obgleich seinem längern Verweilen hier nicht mehr die alten Hindernisse im Wege stehen möchten, da selbst Ludwig Philipp sich in letzter Zeit erklärt haben soll, man habe der Sache zu viel Wichtigkeit beigelegt. — Eine Gespenstergeschichte in einem Kloster, wo die armen Nonnen durch nächtliches Geräusch unter dem Boden ihrer Wohnung in ihrer Ruhe gestört wurden, bildete das Gespräch der ganzen Stadt. Man hatte den angstgepeinigten Nonnen gerathen, ein anderes Local zu beziehen, was auch höhern Orts bewilligt wurde. Nun hat sich bei näherer Untersuchung ergeben, daß unter dem Gebäude eine antike Kloake hinlaufen muß, worin sich das Wasser durch irgend einen Zufall wieder einen Weg gebahnt hat, was das vorher nie gehörte Geräusch verursachte. — Einige spanische Geistliche sind von hier nach Klöstern in andern Städten der Umgegend versetzt worden.


Deutschland.

In unserm Ständehaus, wo diesen Morgen der Ausschuß zur Prüfung der Legitimationen gewählt wurde, herrscht bereits einiges Leben. Man glaubt, daß die Wahl der Präsidenten und Secretäre noch in dieser Woche, und in der nächsten die feierliche Eröffnung stattfinden werde. — Ein Gemälde von Maes in Rom, welches in den letzten Tagen hier ankam, und im Besitz des Hrn. Bolgiano ist, findet einen solchen Beifall, daß dessen Wohnung fortwährend mit Beschauern überfüllt ist; dieses Bild, das büßende Mädchen von Magdala vorstellend, zeigt seines Urhebers Kunstfertigkeit auf eine glänzende Weise, namentlich ist die Farbengebung und das Helldunkel mit großer Meisterschaft gehandhabt. Die zweifache Beleuchtung (die Gestalt ist nämlich von dem Tageslicht und zugleich von einer Lampe beschienen) verfehlt auf die Beschauer ihren Zweck nicht und hält sie stundenlang gefesselt.

Dieser Tage sind die Verhandlungen der neuesten außerordentlichen Generalversammlung der Actionnäre unserer Donau-Dampfschifffahrtsgesellschaft im Druck erschienen. Es erhellt daraus, daß, wie von einer so ehren werthen Association zu erwarten stand, die Theilnehmer durch die augenblickliche Ungunst der Verhältnisse sich nicht haben abwendig machen lassen, nach dem vorgesteckten Ziele mit dem bisherigen Eifer und Muthe zu streben. Namentlich wurde der Fortbestand der Maschinenfabrik mit der mächtig überwiegenden Stimmenmehrheit von 679 gegen 385 beschlossen. Auch vereinigte man sich einstimmig dahin, die zur gänzlichen Zustandebringung aller Bauten, Einrichtungen etc. und zur Beischaffung des nöthigen Betriebscapitals noch erforderlichen 200,000 fl. auf dem Wege des Darlehens zu erlangen. Für den augenblicklichen Bedarf unterzeichneten die am Schlusse der Verhandlungen noch anwesenden Actionnäre in wenigen Minuten die namhafte Summe von etwa 200,000 Gulden.(Brs. Bl.)

Nachdem das Dampfschiff der Regensburger Donau-Dampfschifffahrtsgesellschaft „Ludwig I“ durch den außergewöhnlich niedern Wasserstand der Donau seit der Probefahrt im Monat August in Ulm zurückgehalten war, ist dasselbe am 27 Dec. Vormittags 11 Uhr glücklich wieder in Regensburg angekommen.

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Brunnow nach London und ihren wahrscheinlichen Resultaten spricht, beweist zur Genüge, daß die Wendung, welche die orientalischen Angelegenheiten jetzt nehmen dürften, in den höheren Regionen unserer politischen Welt eine ziemliche Verstimmung hervorgebracht hat. Selbst in den Tuilerien und ihren nächsten Umgebungen ist man seit einigen Tagen gerade über diesen Punkt sehr kleinlaut geworden; man berührt ihn absichtlich so wenig als möglich und weicht den darauf Bezug habenden Fragen mit einer Unbehaglichkeit aus, welche den Stand der Dinge deutlich genug verräth. Dieß begreift sich aber um so leichter, je mehr man sich dort lange Zeit wirklich mit der Hoffnung schmeichelte, daß die Ankündigung der endlichen Pacification des Orients durch Frankreichs gewichtige Vermittelung eigentlich den Glanzpunkt der Thronrede ausmachen und gegen den fatalen Paragraphen über die afrikanischen Verhältnisse ein heilsames Gegengewicht bilden würde. Die Hauptsache ist jetzt, daß England gewonnenes Spiel zu haben scheint; und eben deßhalb ist unsern Politikern, welche die entschiedene Sprache, die Ludwig Philipp in den orientalischen Angelegenheiten führte, als einen der größten Triumphe der Juliusmonarchie betrachteten, die ironische Herablassung und Mäßigung der englischen Presse in den letzten Tagen kein geringer Aerger. Denn wenn man auch über die Erfolge der Mission des Hrn. v. Brunnow zur Zeit noch auf Vermuthungen verwiesen ist, so glaubt man doch wenigstens darüber völlig im Klaren zu seyn, daß die längst beabsichtigte Annäherung zwischen England und Rußland auf eine Weise gelungen ist, welche Frankreichs überwiegenden Einfluß im Orient nur zu bald ein Ziel setzen dürfte. Da sich überdieß auch Oesterreich und Preußen für die englisch-russische Allianz erklärt zu haben scheinen, so bleibt Frankreich abermals allein auf Mehemed Ali's Seite stehen, nur mit dem Unterschiede, daß es jetzt sich in dieser Stellung nicht mehr die Vortheile sichern kann, welche es früher leicht hätte erlangen können, wenn es sie zu rechter Zeit einzunehmen verstanden hätte. &#x2014; Einer bei wohlunterrichteten Leuten ziemlich verbreiteten Meinung zufolge bezieht Mehemed Ali schon seit längerer Zeit von Frankreich geheime Subsidien, welche ihm auf die dringende Vorstellung bewilligt worden seyn sollen, daß er die Last der osmanischen Flotte nicht allein zu tragen im Stande sey, und sich folglich, in Ermangelung der nöthigen Unterstützung, in die verzweifelte Nothwendigkeit versetzt sehen dürfte, Zugeständnisse zu machen, welche Frankreichs politischen Interessen eben so entgegen seyn würden, wie seinen eigenen.</p><lb/>
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[0005/0005] Brunnow nach London und ihren wahrscheinlichen Resultaten spricht, beweist zur Genüge, daß die Wendung, welche die orientalischen Angelegenheiten jetzt nehmen dürften, in den höheren Regionen unserer politischen Welt eine ziemliche Verstimmung hervorgebracht hat. Selbst in den Tuilerien und ihren nächsten Umgebungen ist man seit einigen Tagen gerade über diesen Punkt sehr kleinlaut geworden; man berührt ihn absichtlich so wenig als möglich und weicht den darauf Bezug habenden Fragen mit einer Unbehaglichkeit aus, welche den Stand der Dinge deutlich genug verräth. Dieß begreift sich aber um so leichter, je mehr man sich dort lange Zeit wirklich mit der Hoffnung schmeichelte, daß die Ankündigung der endlichen Pacification des Orients durch Frankreichs gewichtige Vermittelung eigentlich den Glanzpunkt der Thronrede ausmachen und gegen den fatalen Paragraphen über die afrikanischen Verhältnisse ein heilsames Gegengewicht bilden würde. Die Hauptsache ist jetzt, daß England gewonnenes Spiel zu haben scheint; und eben deßhalb ist unsern Politikern, welche die entschiedene Sprache, die Ludwig Philipp in den orientalischen Angelegenheiten führte, als einen der größten Triumphe der Juliusmonarchie betrachteten, die ironische Herablassung und Mäßigung der englischen Presse in den letzten Tagen kein geringer Aerger. Denn wenn man auch über die Erfolge der Mission des Hrn. v. Brunnow zur Zeit noch auf Vermuthungen verwiesen ist, so glaubt man doch wenigstens darüber völlig im Klaren zu seyn, daß die längst beabsichtigte Annäherung zwischen England und Rußland auf eine Weise gelungen ist, welche Frankreichs überwiegenden Einfluß im Orient nur zu bald ein Ziel setzen dürfte. Da sich überdieß auch Oesterreich und Preußen für die englisch-russische Allianz erklärt zu haben scheinen, so bleibt Frankreich abermals allein auf Mehemed Ali's Seite stehen, nur mit dem Unterschiede, daß es jetzt sich in dieser Stellung nicht mehr die Vortheile sichern kann, welche es früher leicht hätte erlangen können, wenn es sie zu rechter Zeit einzunehmen verstanden hätte. — Einer bei wohlunterrichteten Leuten ziemlich verbreiteten Meinung zufolge bezieht Mehemed Ali schon seit längerer Zeit von Frankreich geheime Subsidien, welche ihm auf die dringende Vorstellung bewilligt worden seyn sollen, daß er die Last der osmanischen Flotte nicht allein zu tragen im Stande sey, und sich folglich, in Ermangelung der nöthigen Unterstützung, in die verzweifelte Nothwendigkeit versetzt sehen dürfte, Zugeständnisse zu machen, welche Frankreichs politischen Interessen eben so entgegen seyn würden, wie seinen eigenen. Niederlande * ✝Aus dem Haag, 25 Dec. In der heutigen Sitzung der zweiten Kammer der Generalstaaten wurde, da das Budget von der Kammer verworfen worden, ein Creditgesetz für 1840 vorgelegt. Im ersten Artikel desselben wird bestimmt, daß die Budgets von 1839 während der ersten acht Monate des Jahrs 1840 in Kraft bleiben; nur bleiben die aus den ostindischen Geldmitteln genommenen 1,200,000 fl. von dem Einnahmebudget weg. Im zweiten Artikel heißt es, daß zur Deckung des Deficits eine Einschreibung von 15 Millionen Gulden ins zweite Hauptbuch der wirklichen Nationalschuld stattfinden, aber nur zwei Drittheile vorerst davon verfügbar gestellt werden sollen. Der dritte Artikel besagt, daß das Gesetz vom 31 Dec. d. J. an, während der acht ersten Monate des Jahres oder kürzer oder länger nach gesetzlichen Bestimmungen, bindende Kraft haben solle. Der Gesetzesentwurf wurde alsogleich in den Sectionen geprüft, und die Berathung wird heute noch statt haben. Es ist kaum anders zu glauben, als daß die Kammer den Gesetzesentwurf, wenn gleich nicht ohne Opposition, annimmt. Italien. *Rom, 21 Dec. Der heilige Vater hat nun seine Residenz vom Quirinal nach dem Palast des Vaticans verlegt, und seine dort mit vieler Pracht neu eingerichtete Wohnung bezogen. Von morgen an werden wiederum die kirchlichen Functionen in der Sixtinischen Capelle in Vatican vollzogen, wo Montag auch das Consistorium versammelt wird. — Es scheint jetzt bestimmt, daß der Herzog von Bordeaux zum neuen Jahr nach Neapel auf Besuch reist, obgleich seinem längern Verweilen hier nicht mehr die alten Hindernisse im Wege stehen möchten, da selbst Ludwig Philipp sich in letzter Zeit erklärt haben soll, man habe der Sache zu viel Wichtigkeit beigelegt. — Eine Gespenstergeschichte in einem Kloster, wo die armen Nonnen durch nächtliches Geräusch unter dem Boden ihrer Wohnung in ihrer Ruhe gestört wurden, bildete das Gespräch der ganzen Stadt. Man hatte den angstgepeinigten Nonnen gerathen, ein anderes Local zu beziehen, was auch höhern Orts bewilligt wurde. Nun hat sich bei näherer Untersuchung ergeben, daß unter dem Gebäude eine antike Kloake hinlaufen muß, worin sich das Wasser durch irgend einen Zufall wieder einen Weg gebahnt hat, was das vorher nie gehörte Geräusch verursachte. — Einige spanische Geistliche sind von hier nach Klöstern in andern Städten der Umgegend versetzt worden. Deutschland. **München, 30 Dec. In unserm Ständehaus, wo diesen Morgen der Ausschuß zur Prüfung der Legitimationen gewählt wurde, herrscht bereits einiges Leben. Man glaubt, daß die Wahl der Präsidenten und Secretäre noch in dieser Woche, und in der nächsten die feierliche Eröffnung stattfinden werde. — Ein Gemälde von Maes in Rom, welches in den letzten Tagen hier ankam, und im Besitz des Hrn. Bolgiano ist, findet einen solchen Beifall, daß dessen Wohnung fortwährend mit Beschauern überfüllt ist; dieses Bild, das büßende Mädchen von Magdala vorstellend, zeigt seines Urhebers Kunstfertigkeit auf eine glänzende Weise, namentlich ist die Farbengebung und das Helldunkel mit großer Meisterschaft gehandhabt. Die zweifache Beleuchtung (die Gestalt ist nämlich von dem Tageslicht und zugleich von einer Lampe beschienen) verfehlt auf die Beschauer ihren Zweck nicht und hält sie stundenlang gefesselt. Regensburg, 22 Dec. Dieser Tage sind die Verhandlungen der neuesten außerordentlichen Generalversammlung der Actionnäre unserer Donau-Dampfschifffahrtsgesellschaft im Druck erschienen. Es erhellt daraus, daß, wie von einer so ehren werthen Association zu erwarten stand, die Theilnehmer durch die augenblickliche Ungunst der Verhältnisse sich nicht haben abwendig machen lassen, nach dem vorgesteckten Ziele mit dem bisherigen Eifer und Muthe zu streben. Namentlich wurde der Fortbestand der Maschinenfabrik mit der mächtig überwiegenden Stimmenmehrheit von 679 gegen 385 beschlossen. Auch vereinigte man sich einstimmig dahin, die zur gänzlichen Zustandebringung aller Bauten, Einrichtungen etc. und zur Beischaffung des nöthigen Betriebscapitals noch erforderlichen 200,000 fl. auf dem Wege des Darlehens zu erlangen. Für den augenblicklichen Bedarf unterzeichneten die am Schlusse der Verhandlungen noch anwesenden Actionnäre in wenigen Minuten die namhafte Summe von etwa 200,000 Gulden.(Brs. Bl.) Nachdem das Dampfschiff der Regensburger Donau-Dampfschifffahrtsgesellschaft „Ludwig I“ durch den außergewöhnlich niedern Wasserstand der Donau seit der Probefahrt im Monat August in Ulm zurückgehalten war, ist dasselbe am 27 Dec. Vormittags 11 Uhr glücklich wieder in Regensburg angekommen.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 1. Augsburg, 1. Januar 1840, S. 0005. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_001_18400101/5>, abgerufen am 26.04.2024.