Es ist ein Irrthum wenn man glaubt, daß sich die Regeln des guten Vortrags blos auf die Ausführung der Handsachen erstrecken. Man hat alles dasjenige, was im ersten Theile dieses Versuchs vom Vortrage abgehandelt worden ist, und wohin ich meine Leser verweise, auch bey dem Accompagnement in gewissen Umständen zu beobachten. Das letztere nimmt noch mehrern Antheil an den Regeln des guten Vortrages, als die Ausübung der Handsachen, weil ein Begleiter nicht nur seine vorgeschriebe- nen Grundnoten dem wahren Inhalt gemäß ausführen muß, sondern noch überdem wegen der Stärke und Schwäche, und wegen der Höhe und Tiefe der Harmonie vernünftige Einrichtun- gen zu machen hat. Wir haben uns darüber schon in dem 19ten Paragraph der Einleitung erkläret, und von einem Accom- pagnisten gefordert, daß er jedem Stücke, welches er begleitet, die ihm zukommende Harmonie mit dem rechten Vortrage in der ge- hörigen Stärke und Weite gleichsam anpassen soll.
§. 2.
Je wenigerstimmig ein Stück ist, je feiner muß die Begleitung dabey seyn. Ein Solo, oder eine Soloarie giebet also die beste Gelegenheit, einen Accompagnisten zu beurtheilen. Hier muß man die meiste Vorsicht anwenden, damit die Absichten der Hauptstimme gemeinschaftlich erreichet werden. Ich weiß nicht, ob dem Begleiter alsdenn nicht noch mehr Ehre gebühre, als dem, der begleitet wird. Dieser letztere kann vielleicht lange Zeit
zuge-
Neun und zwanzigſtes Capitel.
Neun und zwanzigſtes Capitel. Vom Vortrage.
§. 1.
Es iſt ein Irrthum wenn man glaubt, daß ſich die Regeln des guten Vortrags blos auf die Ausführung der Handſachen erſtrecken. Man hat alles dasjenige, was im erſten Theile dieſes Verſuchs vom Vortrage abgehandelt worden iſt, und wohin ich meine Leſer verweiſe, auch bey dem Accompagnement in gewiſſen Umſtänden zu beobachten. Das letztere nimmt noch mehrern Antheil an den Regeln des guten Vortrages, als die Ausübung der Handſachen, weil ein Begleiter nicht nur ſeine vorgeſchriebe- nen Grundnoten dem wahren Inhalt gemäß ausführen muß, ſondern noch überdem wegen der Stärke und Schwäche, und wegen der Höhe und Tiefe der Harmonie vernünftige Einrichtun- gen zu machen hat. Wir haben uns darüber ſchon in dem 19ten Paragraph der Einleitung erkläret, und von einem Accom- pagniſten gefordert, daß er jedem Stücke, welches er begleitet, die ihm zukommende Harmonie mit dem rechten Vortrage in der ge- hörigen Stärke und Weite gleichſam anpaſſen ſoll.
§. 2.
Je wenigerſtimmig ein Stück iſt, je feiner muß die Begleitung dabey ſeyn. Ein Solo, oder eine Soloarie giebet alſo die beſte Gelegenheit, einen Accompagniſten zu beurtheilen. Hier muß man die meiſte Vorſicht anwenden, damit die Abſichten der Hauptſtimme gemeinſchaftlich erreichet werden. Ich weiß nicht, ob dem Begleiter alsdenn nicht noch mehr Ehre gebühre, als dem, der begleitet wird. Dieſer letztere kann vielleicht lange Zeit
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Neun und zwanzigſtes Capitel.
Neun und zwanzigſtes Capitel.
Vom Vortrage.
§. 1.
Es iſt ein Irrthum wenn man glaubt, daß ſich die Regeln
des guten Vortrags blos auf die Ausführung der Handſachen
erſtrecken. Man hat alles dasjenige, was im erſten Theile dieſes
Verſuchs vom Vortrage abgehandelt worden iſt, und wohin ich
meine Leſer verweiſe, auch bey dem Accompagnement in gewiſſen
Umſtänden zu beobachten. Das letztere nimmt noch mehrern
Antheil an den Regeln des guten Vortrages, als die Ausübung
der Handſachen, weil ein Begleiter nicht nur ſeine vorgeſchriebe-
nen Grundnoten dem wahren Inhalt gemäß ausführen muß,
ſondern noch überdem wegen der Stärke und Schwäche, und
wegen der Höhe und Tiefe der Harmonie vernünftige Einrichtun-
gen zu machen hat. Wir haben uns darüber ſchon in dem 19ten
Paragraph der Einleitung erkläret, und von einem Accom-
pagniſten gefordert, daß er jedem Stücke, welches er begleitet, die
ihm zukommende Harmonie mit dem rechten Vortrage in der ge-
hörigen Stärke und Weite gleichſam anpaſſen ſoll.
§. 2. Je wenigerſtimmig ein Stück iſt, je feiner muß die
Begleitung dabey ſeyn. Ein Solo, oder eine Soloarie giebet alſo
die beſte Gelegenheit, einen Accompagniſten zu beurtheilen. Hier
muß man die meiſte Vorſicht anwenden, damit die Abſichten der
Hauptſtimme gemeinſchaftlich erreichet werden. Ich weiß nicht,
ob dem Begleiter alsdenn nicht noch mehr Ehre gebühre, als
dem, der begleitet wird. Dieſer letztere kann vielleicht lange Zeit
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Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch02_1762/252>, abgerufen am 26.04.2024.
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