Ein Begleiteiter muß genau Achtung geben, ob der- jenige, den er begleitet, mit seiner Stimme, oder mit seinem In- strumente die Höhe und Tiefe gleich stark habe, und ob die Töne der Hauptstimme in der Ferne und in der Nähe gleich deutlich klingen. Ist dieses letztere nicht, so muß man die Begleitung, auch ohne ausdrückliche Andeutung, so einrichten, damit die schwa- chen Töne durch ein zu starkes Accompagnement nicht bedecket werden. Man weiß Z. E. von der Queerflöte, daß sie in der Höhe weit durchsticht, in der Tiefe aber nicht, ohngeachtet sie übrigens von gleichem Tone seyn kann.
§. 9.
Man muß, wegen der Stärke, das Forte im Tutti vom Forte im Solo wohl unterscheiden. Das letztere muß in einem genauen Verhältniß mit der Stärke der Hauptstimme stehen; das erstere hingegen kann schon stärker seyn.
§. 10.
Wenn sich die Modulation ändert, so giebt man es durch eine Verstärkung in der Begleitung zu erkennen. Wenn der Vortrag alsdenn z. E. fortißimo seyn soll, so nimmt man beyde Hände voller Harmonie, bricht die letztere von unten hurtig her- auf, und lässet hernach in der linken Hand blos die Grundnote mit ihrer Octave, in der rechten Hand aber alle Ziffern liegen (a). Wenn gewisse Gänge durch eine Versetzung wiederholet werden, so verdoppelt man mit der linken Hand blos die Hauptgrund- noten zu mehrerer Deutlichkeit (b). Sind diese Gänge so beschaf- fen, daß sie ganz durch mit der Octave mitgespielet werden können, so unterscheidet man solche Hauptnoten durch eine verstärkte Har- monie, allenfalls mit beyden Händen. Die Noten bey (c) mit einem darüber gesetzten Striche sind es, von denen hier die Rede ist. Ausser der guten Ausnahme dieses Forte, bekommen bey kur- zen Pausen die vorschlagenden Noten dadurch ein besonderes Ge- wichte, und die Mitspielenden eine grosse Erleichterung, weil bekann-
ter-
Vom Vortrage.
§. 8.
Ein Begleiteiter muß genau Achtung geben, ob der- jenige, den er begleitet, mit ſeiner Stimme, oder mit ſeinem In- ſtrumente die Höhe und Tiefe gleich ſtark habe, und ob die Töne der Hauptſtimme in der Ferne und in der Nähe gleich deutlich klingen. Iſt dieſes letztere nicht, ſo muß man die Begleitung, auch ohne ausdrückliche Andeutung, ſo einrichten, damit die ſchwa- chen Töne durch ein zu ſtarkes Accompagnement nicht bedecket werden. Man weiß Z. E. von der Queerflöte, daß ſie in der Höhe weit durchſticht, in der Tiefe aber nicht, ohngeachtet ſie übrigens von gleichem Tone ſeyn kann.
§. 9.
Man muß, wegen der Stärke, das Forte im Tutti vom Forte im Solo wohl unterſcheiden. Das letztere muß in einem genauen Verhältniß mit der Stärke der Hauptſtimme ſtehen; das erſtere hingegen kann ſchon ſtärker ſeyn.
§. 10.
Wenn ſich die Modulation ändert, ſo giebt man es durch eine Verſtärkung in der Begleitung zu erkennen. Wenn der Vortrag alsdenn z. E. fortißimo ſeyn ſoll, ſo nimmt man beyde Hände voller Harmonie, bricht die letztere von unten hurtig her- auf, und läſſet hernach in der linken Hand blos die Grundnote mit ihrer Octave, in der rechten Hand aber alle Ziffern liegen (a). Wenn gewiſſe Gänge durch eine Verſetzung wiederholet werden, ſo verdoppelt man mit der linken Hand blos die Hauptgrund- noten zu mehrerer Deutlichkeit (b). Sind dieſe Gänge ſo beſchaf- fen, daß ſie ganz durch mit der Octave mitgeſpielet werden können, ſo unterſcheidet man ſolche Hauptnoten durch eine verſtärkte Har- monie, allenfalls mit beyden Händen. Die Noten bey (c) mit einem darüber geſetzten Striche ſind es, von denen hier die Rede iſt. Auſſer der guten Ausnahme dieſes Forte, bekommen bey kur- zen Pauſen die vorſchlagenden Noten dadurch ein beſonderes Ge- wichte, und die Mitſpielenden eine groſſe Erleichterung, weil bekann-
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Vom Vortrage.
§. 8. Ein Begleiteiter muß genau Achtung geben, ob der-
jenige, den er begleitet, mit ſeiner Stimme, oder mit ſeinem In-
ſtrumente die Höhe und Tiefe gleich ſtark habe, und ob die Töne
der Hauptſtimme in der Ferne und in der Nähe gleich deutlich
klingen. Iſt dieſes letztere nicht, ſo muß man die Begleitung,
auch ohne ausdrückliche Andeutung, ſo einrichten, damit die ſchwa-
chen Töne durch ein zu ſtarkes Accompagnement nicht bedecket
werden. Man weiß Z. E. von der Queerflöte, daß ſie in der
Höhe weit durchſticht, in der Tiefe aber nicht, ohngeachtet ſie
übrigens von gleichem Tone ſeyn kann.
§. 9. Man muß, wegen der Stärke, das Forte im Tutti
vom Forte im Solo wohl unterſcheiden. Das letztere muß in einem
genauen Verhältniß mit der Stärke der Hauptſtimme ſtehen;
das erſtere hingegen kann ſchon ſtärker ſeyn.
§. 10. Wenn ſich die Modulation ändert, ſo giebt man
es durch eine Verſtärkung in der Begleitung zu erkennen. Wenn
der Vortrag alsdenn z. E. fortißimo ſeyn ſoll, ſo nimmt man beyde
Hände voller Harmonie, bricht die letztere von unten hurtig her-
auf, und läſſet hernach in der linken Hand blos die Grundnote
mit ihrer Octave, in der rechten Hand aber alle Ziffern liegen (a).
Wenn gewiſſe Gänge durch eine Verſetzung wiederholet werden,
ſo verdoppelt man mit der linken Hand blos die Hauptgrund-
noten zu mehrerer Deutlichkeit (b). Sind dieſe Gänge ſo beſchaf-
fen, daß ſie ganz durch mit der Octave mitgeſpielet werden können,
ſo unterſcheidet man ſolche Hauptnoten durch eine verſtärkte Har-
monie, allenfalls mit beyden Händen. Die Noten bey (c) mit
einem darüber geſetzten Striche ſind es, von denen hier die Rede
iſt. Auſſer der guten Ausnahme dieſes Forte, bekommen bey kur-
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wichte, und die Mitſpielenden eine groſſe Erleichterung, weil bekann-
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Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch02_1762/257>, abgerufen am 26.04.2024.
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