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Basedow, Johann Bernhard: Das in Dessau errichtete Philanthropinum. Leipzig, 1774.

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An Wohlthäter
wegungsgründe hat, wider seine eigne Einsicht zu
folgsam zu seyn. Ob uns also gleich Pensionisten,
wobey diese Besorgniß nicht Statt findet, ange-
nehm sind, da wir gern, sobald möglich, allen
Ständen vom höchsten bis zum niedrigsten nützen,
besonders weil nur dadurch das Seminar erwerben
kann, um sich mit Aufwand zu vervollkommnen
und der Armuth beyzustehen: so laden wir doch
weit menschenfreundlicher, und mit einer wohlthä-
tigen Zudringlichkeit ein, edle und einsichtsvolle
Seelen, welche Wohlthäter der verlaßnen
Armuth und guter Naturgaben seyn kön-
nen und wollen, und eben dadurch die ge-
schwinde Ausbreitung eines verbesserten
Schulwesens
über viele Gegenden und Länder
auf die sicherste Art befördern werden.

Das Philanthropinum nimmt also arme
Kinder, von 11 bis 15 Jahren (bey besondern Um-
ständen auch wohl etwas jüngere und ältere), die
nach ihrem Alter wohlgewachsen sind; keinen merk-
lichen Fehler an den sinnlichen Werkzeugen und den
Sprachgliedern haben, und an Naturgaben wenig-
stens etwas Vorzug vor der Mittelmässigkeit zu
haben scheinen. Unsre Absicht ist, dieselben zu
erziehen, zu unterweisen und zu üben, daß die
besten mit der Zeit Pädagogen (das ist, Lehrer in
vornehmen Häusern und Schulen), die mittlern
Schulmeister auf dem Lande und in niedrigen Schu-
len, die schlechtesten aber gute Famulanten oder
solche Hausbediente in vornehmen Familien wer-
den, welche die Erziehung der herrschaftlichen Kin-

der

An Wohlthaͤter
wegungsgruͤnde hat, wider ſeine eigne Einſicht zu
folgſam zu ſeyn. Ob uns alſo gleich Penſioniſten,
wobey dieſe Beſorgniß nicht Statt findet, ange-
nehm ſind, da wir gern, ſobald moͤglich, allen
Staͤnden vom hoͤchſten bis zum niedrigſten nuͤtzen,
beſonders weil nur dadurch das Seminar erwerben
kann, um ſich mit Aufwand zu vervollkommnen
und der Armuth beyzuſtehen: ſo laden wir doch
weit menſchenfreundlicher, und mit einer wohlthaͤ-
tigen Zudringlichkeit ein, edle und einſichtsvolle
Seelen, welche Wohlthaͤter der verlaßnen
Armuth und guter Naturgaben ſeyn koͤn-
nen und wollen, und eben dadurch die ge-
ſchwinde Ausbreitung eines verbeſſerten
Schulweſens
uͤber viele Gegenden und Laͤnder
auf die ſicherſte Art befoͤrdern werden.

Das Philanthropinum nimmt alſo arme
Kinder, von 11 bis 15 Jahren (bey beſondern Um-
ſtaͤnden auch wohl etwas juͤngere und aͤltere), die
nach ihrem Alter wohlgewachſen ſind; keinen merk-
lichen Fehler an den ſinnlichen Werkzeugen und den
Sprachgliedern haben, und an Naturgaben wenig-
ſtens etwas Vorzug vor der Mittelmaͤſſigkeit zu
haben ſcheinen. Unſre Abſicht iſt, dieſelben zu
erziehen, zu unterweiſen und zu uͤben, daß die
beſten mit der Zeit Paͤdagogen (das iſt, Lehrer in
vornehmen Haͤuſern und Schulen), die mittlern
Schulmeiſter auf dem Lande und in niedrigen Schu-
len, die ſchlechteſten aber gute Famulanten oder
ſolche Hausbediente in vornehmen Familien wer-
den, welche die Erziehung der herrſchaftlichen Kin-

der
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[70/0106] An Wohlthaͤter wegungsgruͤnde hat, wider ſeine eigne Einſicht zu folgſam zu ſeyn. Ob uns alſo gleich Penſioniſten, wobey dieſe Beſorgniß nicht Statt findet, ange- nehm ſind, da wir gern, ſobald moͤglich, allen Staͤnden vom hoͤchſten bis zum niedrigſten nuͤtzen, beſonders weil nur dadurch das Seminar erwerben kann, um ſich mit Aufwand zu vervollkommnen und der Armuth beyzuſtehen: ſo laden wir doch weit menſchenfreundlicher, und mit einer wohlthaͤ- tigen Zudringlichkeit ein, edle und einſichtsvolle Seelen, welche Wohlthaͤter der verlaßnen Armuth und guter Naturgaben ſeyn koͤn- nen und wollen, und eben dadurch die ge- ſchwinde Ausbreitung eines verbeſſerten Schulweſens uͤber viele Gegenden und Laͤnder auf die ſicherſte Art befoͤrdern werden. Das Philanthropinum nimmt alſo arme Kinder, von 11 bis 15 Jahren (bey beſondern Um- ſtaͤnden auch wohl etwas juͤngere und aͤltere), die nach ihrem Alter wohlgewachſen ſind; keinen merk- lichen Fehler an den ſinnlichen Werkzeugen und den Sprachgliedern haben, und an Naturgaben wenig- ſtens etwas Vorzug vor der Mittelmaͤſſigkeit zu haben ſcheinen. Unſre Abſicht iſt, dieſelben zu erziehen, zu unterweiſen und zu uͤben, daß die beſten mit der Zeit Paͤdagogen (das iſt, Lehrer in vornehmen Haͤuſern und Schulen), die mittlern Schulmeiſter auf dem Lande und in niedrigen Schu- len, die ſchlechteſten aber gute Famulanten oder ſolche Hausbediente in vornehmen Familien wer- den, welche die Erziehung der herrſchaftlichen Kin- der

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Zitationshilfe: Basedow, Johann Bernhard: Das in Dessau errichtete Philanthropinum. Leipzig, 1774, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_philanthropinum_1774/106>, abgerufen am 26.04.2024.