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Basedow, Johann Bernhard: Das in Dessau errichtete Philanthropinum. Leipzig, 1774.

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Von einem französischen Lehrer.

Wir suchen aber schon jetzund einen jungen
Gelehrten von französischer Nation. Wir setzen
voraus, daß er in allen Schulstudien, wie gewöhn-
lich, erfahren sey, und daß er also auch Latein ge-
nug wisse, um Bücher und Redende fertig zu ver-
stehen. Wenn die historischen, politischen und
schönen Wissenschaften seine Hauptsache sind; so
ist es uns am liebsten. Er selbst wird nur ver-
mittelst der französischen Sprache, sowohl im Un-
terrichte als im Umgange, dem Philanthropinum
dienen; und sowohl im Real-Unterrichte, als in der
Sprache, nach der natürlichen Methode (anfangs
durch blosse Ausübung, und zuletzt erst durch Re-
geln) Unterweisung geben. Folglich muß er die-
ser Sprache sehr kundig seyn, und wegen des aus-
gebreiteten Vorurtheils auch einen vollkommenen
Accent haben. Er muß auch die Gabe eines Schrift-
stellers in diesem Grade besitzen, daß man ihm
zweckmässige Auszüge und Verkürzungen franzö-
sischer Bücher, die der Jugend unschädlich und
brauchbarer gemacht werden sollen, anvertrauen
kann. Sein äusserliches Wesen muß anständig
und gefällig seyn. Er muß den Namen eines tu-
gendhaften Mannes haben und bestätigen. Wer
gegen die Unsterblichkeit der Seele und gegen die
künftige Vergeltung des Guten und Bösen, und
wider die Wahrheit des apostolischen Christenthu-
mes zu disputiren oder zu spotten pflegt, und es nicht
vielmehr für seine Pflicht hält, diesen der Welt
heilsamen und wahren Glauben zu befördern, der ist
kein philanthropinischer Mann. Uebrigens ist es uns

fast
Von einem franzoͤſiſchen Lehrer.

Wir ſuchen aber ſchon jetzund einen jungen
Gelehrten von franzoͤſiſcher Nation. Wir ſetzen
voraus, daß er in allen Schulſtudien, wie gewoͤhn-
lich, erfahren ſey, und daß er alſo auch Latein ge-
nug wiſſe, um Buͤcher und Redende fertig zu ver-
ſtehen. Wenn die hiſtoriſchen, politiſchen und
ſchoͤnen Wiſſenſchaften ſeine Hauptſache ſind; ſo
iſt es uns am liebſten. Er ſelbſt wird nur ver-
mittelſt der franzoͤſiſchen Sprache, ſowohl im Un-
terrichte als im Umgange, dem Philanthropinum
dienen; und ſowohl im Real-Unterrichte, als in der
Sprache, nach der natuͤrlichen Methode (anfangs
durch bloſſe Ausuͤbung, und zuletzt erſt durch Re-
geln) Unterweiſung geben. Folglich muß er die-
ſer Sprache ſehr kundig ſeyn, und wegen des aus-
gebreiteten Vorurtheils auch einen vollkommenen
Accent haben. Er muß auch die Gabe eines Schrift-
ſtellers in dieſem Grade beſitzen, daß man ihm
zweckmaͤſſige Auszuͤge und Verkuͤrzungen franzoͤ-
ſiſcher Buͤcher, die der Jugend unſchaͤdlich und
brauchbarer gemacht werden ſollen, anvertrauen
kann. Sein aͤuſſerliches Weſen muß anſtaͤndig
und gefaͤllig ſeyn. Er muß den Namen eines tu-
gendhaften Mannes haben und beſtaͤtigen. Wer
gegen die Unſterblichkeit der Seele und gegen die
kuͤnftige Vergeltung des Guten und Boͤſen, und
wider die Wahrheit des apoſtoliſchen Chriſtenthu-
mes zu diſputiren oder zu ſpotten pflegt, und es nicht
vielmehr fuͤr ſeine Pflicht haͤlt, dieſen der Welt
heilſamen und wahren Glauben zu befoͤrdern, der iſt
kein philanthropiniſcher Mann. Uebrigens iſt es uns

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[56/0092] Von einem franzoͤſiſchen Lehrer. Wir ſuchen aber ſchon jetzund einen jungen Gelehrten von franzoͤſiſcher Nation. Wir ſetzen voraus, daß er in allen Schulſtudien, wie gewoͤhn- lich, erfahren ſey, und daß er alſo auch Latein ge- nug wiſſe, um Buͤcher und Redende fertig zu ver- ſtehen. Wenn die hiſtoriſchen, politiſchen und ſchoͤnen Wiſſenſchaften ſeine Hauptſache ſind; ſo iſt es uns am liebſten. Er ſelbſt wird nur ver- mittelſt der franzoͤſiſchen Sprache, ſowohl im Un- terrichte als im Umgange, dem Philanthropinum dienen; und ſowohl im Real-Unterrichte, als in der Sprache, nach der natuͤrlichen Methode (anfangs durch bloſſe Ausuͤbung, und zuletzt erſt durch Re- geln) Unterweiſung geben. Folglich muß er die- ſer Sprache ſehr kundig ſeyn, und wegen des aus- gebreiteten Vorurtheils auch einen vollkommenen Accent haben. Er muß auch die Gabe eines Schrift- ſtellers in dieſem Grade beſitzen, daß man ihm zweckmaͤſſige Auszuͤge und Verkuͤrzungen franzoͤ- ſiſcher Buͤcher, die der Jugend unſchaͤdlich und brauchbarer gemacht werden ſollen, anvertrauen kann. Sein aͤuſſerliches Weſen muß anſtaͤndig und gefaͤllig ſeyn. Er muß den Namen eines tu- gendhaften Mannes haben und beſtaͤtigen. Wer gegen die Unſterblichkeit der Seele und gegen die kuͤnftige Vergeltung des Guten und Boͤſen, und wider die Wahrheit des apoſtoliſchen Chriſtenthu- mes zu diſputiren oder zu ſpotten pflegt, und es nicht vielmehr fuͤr ſeine Pflicht haͤlt, dieſen der Welt heilſamen und wahren Glauben zu befoͤrdern, der iſt kein philanthropiniſcher Mann. Uebrigens iſt es uns faſt

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Zitationshilfe: Basedow, Johann Bernhard: Das in Dessau errichtete Philanthropinum. Leipzig, 1774, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_philanthropinum_1774/92>, abgerufen am 27.04.2024.