Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768].

Bild:
<< vorherige Seite

besonders in moralischen etc.
auch gemeiniglich in diesem Leben dem Lasterhaften
ein wahres Unglück zuziehe. Da nun die ganz
unvermuthlichen Glücksfälle und Unglücksfälle
eben so oft den Tugendhaften, als den Lasterhaften,
treffen; so ist es eine ausgemachte Wahrheit, daß
mehr Tugendhafte, als Lasterhafte, auch in
diesem Leben ein vorzüglich gutes Schicksal
haben.

§. 55.

Das Recht, etwas zu thun, hat derjenige,
welchem es, nach dem Jnhalte eines Gesetzes, nie-
mand mit Gewalt wehren darf. Das Recht,
etwas zu lassen,
hat derjenige, den niemand
mit Gewalt nöthigen darf, es zu thun. Diese
beyden Arten des Rechts heissen äusserlich.

Zwangspflichten gegen andre sind solche,
deren Ausübung zu erzwingen, der andre ein äusser-
liches Recht hat; z. E. die Pflicht, den Vertrag
zu halten, und grobe Beleidigungen zu vermeiden.
Fehlt dieses äusserliche Zwangsrecht, so sind die
Pflichten gegen Andre blosse Gewissenspflichten,
als die Pflicht der Wohlthätigkeit und Dankbar-
keit u. a. m.

Beyderley Pflichten gegen Andre zu erfüllen,
ist ein jeder verbunden. Und ob man gleich bey
Versäumung der Zwangspflichten mehr Aeusser-

liches
J 3

beſonders in moraliſchen ꝛc.
auch gemeiniglich in dieſem Leben dem Laſterhaften
ein wahres Ungluͤck zuziehe. Da nun die ganz
unvermuthlichen Gluͤcksfaͤlle und Ungluͤcksfaͤlle
eben ſo oft den Tugendhaften, als den Laſterhaften,
treffen; ſo iſt es eine ausgemachte Wahrheit, daß
mehr Tugendhafte, als Laſterhafte, auch in
dieſem Leben ein vorzüglich gutes Schickſal
haben.

§. 55.

Das Recht, etwas zu thun, hat derjenige,
welchem es, nach dem Jnhalte eines Geſetzes, nie-
mand mit Gewalt wehren darf. Das Recht,
etwas zu laſſen,
hat derjenige, den niemand
mit Gewalt noͤthigen darf, es zu thun. Dieſe
beyden Arten des Rechts heiſſen äuſſerlich.

Zwangspflichten gegen andre ſind ſolche,
deren Ausuͤbung zu erzwingen, der andre ein aͤuſſer-
liches Recht hat; z. E. die Pflicht, den Vertrag
zu halten, und grobe Beleidigungen zu vermeiden.
Fehlt dieſes aͤuſſerliche Zwangsrecht, ſo ſind die
Pflichten gegen Andre bloſſe Gewiſſenspflichten,
als die Pflicht der Wohlthaͤtigkeit und Dankbar-
keit u. a. m.

Beyderley Pflichten gegen Andre zu erfuͤllen,
iſt ein jeder verbunden. Und ob man gleich bey
Verſaͤumung der Zwangspflichten mehr Aeuſſer-

liches
J 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0157" n="133"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">be&#x017F;onders in morali&#x017F;chen &#xA75B;c.</hi></fw><lb/>
auch gemeiniglich in die&#x017F;em Leben dem La&#x017F;terhaften<lb/>
ein wahres Unglu&#x0364;ck zuziehe. Da nun die ganz<lb/>
unvermuthlichen Glu&#x0364;cksfa&#x0364;lle und Unglu&#x0364;cksfa&#x0364;lle<lb/>
eben &#x017F;o oft den Tugendhaften, als den La&#x017F;terhaften,<lb/>
treffen; &#x017F;o i&#x017F;t es eine ausgemachte Wahrheit, <hi rendition="#fr">daß<lb/>
mehr Tugendhafte, als La&#x017F;terhafte, auch in<lb/>
die&#x017F;em Leben ein vorzüglich gutes Schick&#x017F;al<lb/>
haben.</hi></p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 55.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Das Recht, etwas zu thun,</hi> hat derjenige,<lb/>
welchem es, nach dem Jnhalte eines Ge&#x017F;etzes, nie-<lb/>
mand mit Gewalt wehren darf. <hi rendition="#fr">Das Recht,<lb/>
etwas zu la&#x017F;&#x017F;en,</hi> hat derjenige, den niemand<lb/>
mit Gewalt no&#x0364;thigen darf, es zu thun. Die&#x017F;e<lb/>
beyden Arten des Rechts hei&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#fr">äu&#x017F;&#x017F;erlich.</hi></p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Zwangspflichten</hi> gegen andre &#x017F;ind &#x017F;olche,<lb/>
deren Ausu&#x0364;bung zu erzwingen, der andre ein a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
liches Recht hat; z. E. die Pflicht, den Vertrag<lb/>
zu halten, und grobe Beleidigungen zu vermeiden.<lb/>
Fehlt die&#x017F;es a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erliche Zwangsrecht, &#x017F;o &#x017F;ind die<lb/>
Pflichten gegen Andre blo&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#fr">Gewi&#x017F;&#x017F;enspflichten,</hi><lb/>
als die Pflicht der Wohltha&#x0364;tigkeit und Dankbar-<lb/>
keit u. a. m.</p><lb/>
          <p>Beyderley Pflichten gegen Andre zu erfu&#x0364;llen,<lb/>
i&#x017F;t ein jeder verbunden. Und ob man gleich bey<lb/>
Ver&#x017F;a&#x0364;umung der Zwangspflichten mehr Aeu&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">J 3</fw><fw place="bottom" type="catch">liches</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[133/0157] beſonders in moraliſchen ꝛc. auch gemeiniglich in dieſem Leben dem Laſterhaften ein wahres Ungluͤck zuziehe. Da nun die ganz unvermuthlichen Gluͤcksfaͤlle und Ungluͤcksfaͤlle eben ſo oft den Tugendhaften, als den Laſterhaften, treffen; ſo iſt es eine ausgemachte Wahrheit, daß mehr Tugendhafte, als Laſterhafte, auch in dieſem Leben ein vorzüglich gutes Schickſal haben. §. 55. Das Recht, etwas zu thun, hat derjenige, welchem es, nach dem Jnhalte eines Geſetzes, nie- mand mit Gewalt wehren darf. Das Recht, etwas zu laſſen, hat derjenige, den niemand mit Gewalt noͤthigen darf, es zu thun. Dieſe beyden Arten des Rechts heiſſen äuſſerlich. Zwangspflichten gegen andre ſind ſolche, deren Ausuͤbung zu erzwingen, der andre ein aͤuſſer- liches Recht hat; z. E. die Pflicht, den Vertrag zu halten, und grobe Beleidigungen zu vermeiden. Fehlt dieſes aͤuſſerliche Zwangsrecht, ſo ſind die Pflichten gegen Andre bloſſe Gewiſſenspflichten, als die Pflicht der Wohlthaͤtigkeit und Dankbar- keit u. a. m. Beyderley Pflichten gegen Andre zu erfuͤllen, iſt ein jeder verbunden. Und ob man gleich bey Verſaͤumung der Zwangspflichten mehr Aeuſſer- liches J 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768/157
Zitationshilfe: Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768], S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768/157>, abgerufen am 26.04.2024.