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Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768].

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aus natürlicher Erkenntniß etc.
Wohlfahrt abhängt, welchen du ohne Kummer
nicht auf immer wirst entbehren können. Verbinde
dich gleichfalls mit keiner Person, die an ihrer
Seite dieses wagen will.

Die Schönheit ist sehr vergänglich; noch
veränderlicher ist das Urtheil über dieselbe, und
das vergnügende Wohlgefallen, welches dadurch
erreget wird. Es ist unmöglich, um der blossen
Schönheit Willen, eine durch Laster mißfällige
Ehegesellschaft, oder die Armuth, oder die Ver-
achtung derer, an deren Beyfall am meisten gele-
ben ist, in der Länge der Zeit, ohne quälende
Reue zu ertragen.

Es ist dir nicht möglich, in deiner Ehe glück-
lich zu seyn, wenn es deine Ehegesellschaft gereuen
wird,
dich gewählt zu haben.

Wenn eine Ehe beyde Personen in gute Um-
stände setzt, und keine herrschende Laster ihre Glück-
seligkeit stöhren; wenn beyde vor der Ehe keinen
solchen Widerwillen gegen einander haben, daß sie
lieber unverheyrathet bleiben wollten, falls sie
nicht durch die guten Umstände überredet würden:
alsdann wächst die Liebe mit den Jahren in
der Ehe, und die Personen verlieren mit der
Zeit den Wunsch,
welcher auf eine andre Ehe-
gesellschaft abzielte, die ihnen der Umstände wegen
unmöglich, oder nicht rathsam war.

Wenn

aus natuͤrlicher Erkenntniß ꝛc.
Wohlfahrt abhaͤngt, welchen du ohne Kummer
nicht auf immer wirſt entbehren koͤnnen. Verbinde
dich gleichfalls mit keiner Perſon, die an ihrer
Seite dieſes wagen will.

Die Schönheit iſt ſehr vergaͤnglich; noch
veraͤnderlicher iſt das Urtheil uͤber dieſelbe, und
das vergnuͤgende Wohlgefallen, welches dadurch
erreget wird. Es iſt unmoͤglich, um der bloſſen
Schoͤnheit Willen, eine durch Laſter mißfaͤllige
Ehegeſellſchaft, oder die Armuth, oder die Ver-
achtung derer, an deren Beyfall am meiſten gele-
ben iſt, in der Laͤnge der Zeit, ohne quaͤlende
Reue zu ertragen.

Es iſt dir nicht moͤglich, in deiner Ehe gluͤck-
lich zu ſeyn, wenn es deine Ehegeſellſchaft gereuen
wird,
dich gewaͤhlt zu haben.

Wenn eine Ehe beyde Perſonen in gute Um-
ſtaͤnde ſetzt, und keine herrſchende Laſter ihre Gluͤck-
ſeligkeit ſtoͤhren; wenn beyde vor der Ehe keinen
ſolchen Widerwillen gegen einander haben, daß ſie
lieber unverheyrathet bleiben wollten, falls ſie
nicht durch die guten Umſtaͤnde uͤberredet wuͤrden:
alsdann waͤchſt die Liebe mit den Jahren in
der Ehe, und die Perſonen verlieren mit der
Zeit den Wunſch,
welcher auf eine andre Ehe-
geſellſchaft abzielte, die ihnen der Umſtaͤnde wegen
unmoͤglich, oder nicht rathſam war.

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[75/0099] aus natuͤrlicher Erkenntniß ꝛc. Wohlfahrt abhaͤngt, welchen du ohne Kummer nicht auf immer wirſt entbehren koͤnnen. Verbinde dich gleichfalls mit keiner Perſon, die an ihrer Seite dieſes wagen will. Die Schönheit iſt ſehr vergaͤnglich; noch veraͤnderlicher iſt das Urtheil uͤber dieſelbe, und das vergnuͤgende Wohlgefallen, welches dadurch erreget wird. Es iſt unmoͤglich, um der bloſſen Schoͤnheit Willen, eine durch Laſter mißfaͤllige Ehegeſellſchaft, oder die Armuth, oder die Ver- achtung derer, an deren Beyfall am meiſten gele- ben iſt, in der Laͤnge der Zeit, ohne quaͤlende Reue zu ertragen. Es iſt dir nicht moͤglich, in deiner Ehe gluͤck- lich zu ſeyn, wenn es deine Ehegeſellſchaft gereuen wird, dich gewaͤhlt zu haben. Wenn eine Ehe beyde Perſonen in gute Um- ſtaͤnde ſetzt, und keine herrſchende Laſter ihre Gluͤck- ſeligkeit ſtoͤhren; wenn beyde vor der Ehe keinen ſolchen Widerwillen gegen einander haben, daß ſie lieber unverheyrathet bleiben wollten, falls ſie nicht durch die guten Umſtaͤnde uͤberredet wuͤrden: alsdann waͤchſt die Liebe mit den Jahren in der Ehe, und die Perſonen verlieren mit der Zeit den Wunſch, welcher auf eine andre Ehe- geſellſchaft abzielte, die ihnen der Umſtaͤnde wegen unmoͤglich, oder nicht rathſam war. Wenn

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Zitationshilfe: Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768], S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768/99>, abgerufen am 26.04.2024.