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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

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wenn auch nicht aus gleichen Gründen, wie das Rechts- und
Moralgesetz, weil aus ihrer Uebertretung wirthschaftliche Nachtheile
entstehen können, zufolge von Handlungen und Lebensweisen der
Kinder, welche eine vernünftige Wirthschaft verbannt 1).

1) z. B. heimliches Entwenden bei spärlicher Befriedigung von Bedürfnissen,
Genußsucht und Verschwendung bei früher Angewöhnung, Verbindungen zwischen
Kindern und Gesinde zu Verheimlichungen u. dgl. m.
§. 66.
Fortsetzung.

Jene Verhältnisse sind aber 2) in den, den Begriff der
Familie übersteigenden
, Hauswirthschaften Folge ei-
ner vorschriftlichen Organisation1), da hier der Begriff der
von Hausvater und Hausmutter hinwegfällt und der Geschäftskreis
der Führer der Hauswirthschaft zu ausgedehnt ist. Es tritt daher
hier ein völliger Behördenorganismus ein, in welchem jeder Beamte,
in verschiedenen Abstufungen, seinen Geschäftskreis genau ange-
wiesen erhält. Es werden ganz eigene Registraturen und Kanzleien
errichtet, in welchen die ganze Hauswirthschaft schriftlich und auf
zusammengesetzte Art aufgezeichnet wird. Die Controle derselben
und der Geschäftsführung ist alsdann einer eigenen höheren Be-
hörde übertragen 2). Das Verhältniß zwischen den Beamten und
etwa vorhandenen Pfleglingen ist ebenfalls durch Vorschriften re-
gulirt, eben so wie die ganze Behandlung der Lezteren, die mit
pädagogischen, ärztlichen, polizeilichen, nationalökonomischen und
finanziellen Prinzipien zusammenhängen und in soferne außerhalb
den Kreis der allgemeinen Wirthschaftslehre fallen. Die Haupt-
maxime bei Errichtung eines solchen Behördenorganismus ist Ein-
fachheit, die andere die feste Abgränzung des Geschäftskreises, die
dritte die Selbstständigkeit der Beamten, ohne sich den Gefahren der
Veruntreuung und nutzlosen Verschwendung Preis zu geben und
die Untergebenen schutzlos und blos zu stellen.

1) Es gehören hierher nicht die Erziehungsinstitute, denn diese bilden Familien
mit dem Erziehungspersonale und die Behandlung der Zöglinge ist Sache der Päda-
gogik, mit der aber die Hauswirthschaft im nämlichen Verhältnisse steht, wie im
Falle c. des §. 65.
2) Unter diesen Gesichtspunkten stehen die im §. 64. genannten Anstalten;
auch die Verwaltungen der fürstlichen Höfe mit ihren eigenthümlichen, noch mittel-
alterigen, Chargen, und die Behörden zur Verwaltung der Civillisten in konstitutio-
nellen Staaten, an deren Spitze immer der Fürst selbst mit einem Rathe steht.
§. 67.
Fortsetzung.

In beiden Fällen 3) unterliegt die Behandlung des
Gesindes gleichen
, aus dem Rechts-, Moral- und

wenn auch nicht aus gleichen Gründen, wie das Rechts- und
Moralgeſetz, weil aus ihrer Uebertretung wirthſchaftliche Nachtheile
entſtehen können, zufolge von Handlungen und Lebensweiſen der
Kinder, welche eine vernünftige Wirthſchaft verbannt 1).

1) z. B. heimliches Entwenden bei ſpärlicher Befriedigung von Bedürfniſſen,
Genußſucht und Verſchwendung bei früher Angewöhnung, Verbindungen zwiſchen
Kindern und Geſinde zu Verheimlichungen u. dgl. m.
§. 66.
Fortſetzung.

Jene Verhältniſſe ſind aber 2) in den, den Begriff der
Familie überſteigenden
, Hauswirthſchaften Folge ei-
ner vorſchriftlichen Organiſation1), da hier der Begriff der
von Hausvater und Hausmutter hinwegfällt und der Geſchäftskreis
der Führer der Hauswirthſchaft zu ausgedehnt iſt. Es tritt daher
hier ein völliger Behördenorganismus ein, in welchem jeder Beamte,
in verſchiedenen Abſtufungen, ſeinen Geſchäftskreis genau ange-
wieſen erhält. Es werden ganz eigene Regiſtraturen und Kanzleien
errichtet, in welchen die ganze Hauswirthſchaft ſchriftlich und auf
zuſammengeſetzte Art aufgezeichnet wird. Die Controle derſelben
und der Geſchäftsführung iſt alsdann einer eigenen höheren Be-
hörde übertragen 2). Das Verhältniß zwiſchen den Beamten und
etwa vorhandenen Pfleglingen iſt ebenfalls durch Vorſchriften re-
gulirt, eben ſo wie die ganze Behandlung der Lezteren, die mit
pädagogiſchen, ärztlichen, polizeilichen, nationalökonomiſchen und
finanziellen Prinzipien zuſammenhängen und in ſoferne außerhalb
den Kreis der allgemeinen Wirthſchaftslehre fallen. Die Haupt-
maxime bei Errichtung eines ſolchen Behördenorganismus iſt Ein-
fachheit, die andere die feſte Abgränzung des Geſchäftskreiſes, die
dritte die Selbſtſtändigkeit der Beamten, ohne ſich den Gefahren der
Veruntreuung und nutzloſen Verſchwendung Preis zu geben und
die Untergebenen ſchutzlos und blos zu ſtellen.

1) Es gehören hierher nicht die Erziehungsinſtitute, denn dieſe bilden Familien
mit dem Erziehungsperſonale und die Behandlung der Zöglinge iſt Sache der Päda-
gogik, mit der aber die Hauswirthſchaft im nämlichen Verhältniſſe ſteht, wie im
Falle c. des §. 65.
2) Unter dieſen Geſichtspunkten ſtehen die im §. 64. genannten Anſtalten;
auch die Verwaltungen der fürſtlichen Höfe mit ihren eigenthümlichen, noch mittel-
alterigen, Chargen, und die Behörden zur Verwaltung der Civilliſten in konſtitutio-
nellen Staaten, an deren Spitze immer der Fürſt ſelbſt mit einem Rathe ſteht.
§. 67.
Fortſetzung.

In beiden Fällen 3) unterliegt die Behandlung des
Geſindes gleichen
, aus dem Rechts-, Moral- und

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[89/0111] wenn auch nicht aus gleichen Gründen, wie das Rechts- und Moralgeſetz, weil aus ihrer Uebertretung wirthſchaftliche Nachtheile entſtehen können, zufolge von Handlungen und Lebensweiſen der Kinder, welche eine vernünftige Wirthſchaft verbannt 1). ¹⁾ z. B. heimliches Entwenden bei ſpärlicher Befriedigung von Bedürfniſſen, Genußſucht und Verſchwendung bei früher Angewöhnung, Verbindungen zwiſchen Kindern und Geſinde zu Verheimlichungen u. dgl. m. §. 66. Fortſetzung. Jene Verhältniſſe ſind aber 2) in den, den Begriff der Familie überſteigenden, Hauswirthſchaften Folge ei- ner vorſchriftlichen Organiſation1), da hier der Begriff der von Hausvater und Hausmutter hinwegfällt und der Geſchäftskreis der Führer der Hauswirthſchaft zu ausgedehnt iſt. Es tritt daher hier ein völliger Behördenorganismus ein, in welchem jeder Beamte, in verſchiedenen Abſtufungen, ſeinen Geſchäftskreis genau ange- wieſen erhält. Es werden ganz eigene Regiſtraturen und Kanzleien errichtet, in welchen die ganze Hauswirthſchaft ſchriftlich und auf zuſammengeſetzte Art aufgezeichnet wird. Die Controle derſelben und der Geſchäftsführung iſt alsdann einer eigenen höheren Be- hörde übertragen 2). Das Verhältniß zwiſchen den Beamten und etwa vorhandenen Pfleglingen iſt ebenfalls durch Vorſchriften re- gulirt, eben ſo wie die ganze Behandlung der Lezteren, die mit pädagogiſchen, ärztlichen, polizeilichen, nationalökonomiſchen und finanziellen Prinzipien zuſammenhängen und in ſoferne außerhalb den Kreis der allgemeinen Wirthſchaftslehre fallen. Die Haupt- maxime bei Errichtung eines ſolchen Behördenorganismus iſt Ein- fachheit, die andere die feſte Abgränzung des Geſchäftskreiſes, die dritte die Selbſtſtändigkeit der Beamten, ohne ſich den Gefahren der Veruntreuung und nutzloſen Verſchwendung Preis zu geben und die Untergebenen ſchutzlos und blos zu ſtellen. ¹⁾ Es gehören hierher nicht die Erziehungsinſtitute, denn dieſe bilden Familien mit dem Erziehungsperſonale und die Behandlung der Zöglinge iſt Sache der Päda- gogik, mit der aber die Hauswirthſchaft im nämlichen Verhältniſſe ſteht, wie im Falle c. des §. 65. ²⁾ Unter dieſen Geſichtspunkten ſtehen die im §. 64. genannten Anſtalten; auch die Verwaltungen der fürſtlichen Höfe mit ihren eigenthümlichen, noch mittel- alterigen, Chargen, und die Behörden zur Verwaltung der Civilliſten in konſtitutio- nellen Staaten, an deren Spitze immer der Fürſt ſelbſt mit einem Rathe ſteht. §. 67. Fortſetzung. In beiden Fällen 3) unterliegt die Behandlung des Geſindes gleichen, aus dem Rechts-, Moral- und

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Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/111>, abgerufen am 27.04.2024.