Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 138.
4) Der Boden nach seinen verschiedenen Klassen.

Wegen der unendlichen Manchfaltigkeit der Mischungsverhält-
nisse und Eigenschaften des Bodens wird es für die Landwirthschaft
nöthig, denselben nach den häufigsten Vorkommnissen in Klassen
einzutheilen. Die Aufstellung solcher Klassen heißt Klassifi-
zirung; das Einreihen eines gegebenen Bodens in eine bestimmte
Klasse dagegen Klassirung1). Man unterscheidet am besten die
physische (natürliche) und die wirthschaftliche Klassifizirung.
Jene richtet sich nach den Bestandtheilen und Mischungsverhält-
nissen des Bodens (§. 135-137.); diese aber nach allen Umständen,
welche den Ertrag des Bodens bleibend bestimmen, und fußt daher
zuerst auf der physischen Klassifizirung. Man hat daher bei der
Bodenklassifizirung folgende Punkte zu berücksichtigen: 1) Die
Bestandtheile und Mischungsverhältnisse; 2) die Tiefe der Acker-
krume, sowohl wegen der mechanischen als auch chemischen Unter-
stützung der Pflanzen (§. 134.); 3) den Untergrund, weil, wenn
derselbe die der Ackerkrume entgegengesetzte Eigenschaften hat, dies
auf dieselbe günstig oder ungünstig zurückwirkt; 4) die Form der
Oberfläche, weil davon die Trockenheit und Nässe des Bodens,
Abschwemmungen, Bergstürze u. dgl. abhängen, abgesehen von der
Schwierigkeit der Bearbeitung; 5) die physische Lage, und 6) die
klimatischen Verhältnisse, weil davon die Kälte, Wärme, Trocken-
heit, Feuchtigkeit der Lage, das Ausgesetztsein gegen Fröste,
Winde u. dgl. abhängt; 7) die Lage zum Wirthschaftshofe, wegen
der Aufsicht, der Arbeitskosten und Zeitversäumnisse; 8) die Frei-
heit oder Beschränktheit der Benutzung; 9) das Verhalten bei der
Bearbeitung; 10) die Hauptfrüchte und thunliche Fruchtfolge;
11) die Folgen früherer Cultur; 12) die gewöhnliche Benennung
des Bodens2); 13) den Düngungszustand und Bedarf; 14) die
erforderliche Einsaat an den Hauptfrüchten für den Boden; 15) den
durchschnittlichen Ertrag bei üblicher Bewirthschaftung3).

1) Thaer, Ausmittelung des reinen Ertrags productiver Grundstücke. §. 14.
Thaer, Ueber große und kleine Wirthschaften und Werthschätzung des Bodens.
S. 93. Block Mittheilungen. I. 392. Thaer, Möglin. Annalen. IX. 158.
Desselben ration. Landwirthsch. II. 141. v. Flotow, Anleitung zur Fertigung
der Ertragsanschläge. I. §. 26. Koppe Unterricht. I. S. 105 Auch gehören
hierher die offiziellen Klassificationen in verschiedenen Staaten und Landschaften.
2) Dieselbe verändert zwar den Bodenertrag nicht; allein bei einer brauchbaren
Klassifizirung ist ihre Berücksichtigung von Wichtigkeit.
3) Die wirkliche Durchführung einer Klassification würde hier zu viel Raum
einnehmen.

§. 138.
4) Der Boden nach ſeinen verſchiedenen Klaſſen.

Wegen der unendlichen Manchfaltigkeit der Miſchungsverhält-
niſſe und Eigenſchaften des Bodens wird es für die Landwirthſchaft
nöthig, denſelben nach den häufigſten Vorkommniſſen in Klaſſen
einzutheilen. Die Aufſtellung ſolcher Klaſſen heißt Klaſſifi-
zirung; das Einreihen eines gegebenen Bodens in eine beſtimmte
Klaſſe dagegen Klaſſirung1). Man unterſcheidet am beſten die
phyſiſche (natürliche) und die wirthſchaftliche Klaſſifizirung.
Jene richtet ſich nach den Beſtandtheilen und Miſchungsverhält-
niſſen des Bodens (§. 135–137.); dieſe aber nach allen Umſtänden,
welche den Ertrag des Bodens bleibend beſtimmen, und fußt daher
zuerſt auf der phyſiſchen Klaſſifizirung. Man hat daher bei der
Bodenklaſſifizirung folgende Punkte zu berückſichtigen: 1) Die
Beſtandtheile und Miſchungsverhältniſſe; 2) die Tiefe der Acker-
krume, ſowohl wegen der mechaniſchen als auch chemiſchen Unter-
ſtützung der Pflanzen (§. 134.); 3) den Untergrund, weil, wenn
derſelbe die der Ackerkrume entgegengeſetzte Eigenſchaften hat, dies
auf dieſelbe günſtig oder ungünſtig zurückwirkt; 4) die Form der
Oberfläche, weil davon die Trockenheit und Näſſe des Bodens,
Abſchwemmungen, Bergſtürze u. dgl. abhängen, abgeſehen von der
Schwierigkeit der Bearbeitung; 5) die phyſiſche Lage, und 6) die
klimatiſchen Verhältniſſe, weil davon die Kälte, Wärme, Trocken-
heit, Feuchtigkeit der Lage, das Ausgeſetztſein gegen Fröſte,
Winde u. dgl. abhängt; 7) die Lage zum Wirthſchaftshofe, wegen
der Aufſicht, der Arbeitskoſten und Zeitverſäumniſſe; 8) die Frei-
heit oder Beſchränktheit der Benutzung; 9) das Verhalten bei der
Bearbeitung; 10) die Hauptfrüchte und thunliche Fruchtfolge;
11) die Folgen früherer Cultur; 12) die gewöhnliche Benennung
des Bodens2); 13) den Düngungszuſtand und Bedarf; 14) die
erforderliche Einſaat an den Hauptfrüchten für den Boden; 15) den
durchſchnittlichen Ertrag bei üblicher Bewirthſchaftung3).

1) Thaer, Ausmittelung des reinen Ertrags productiver Grundſtücke. §. 14.
Thaer, Ueber große und kleine Wirthſchaften und Werthſchätzung des Bodens.
S. 93. Block Mittheilungen. I. 392. Thaer, Möglin. Annalen. IX. 158.
Deſſelben ration. Landwirthſch. II. 141. v. Flotow, Anleitung zur Fertigung
der Ertragsanſchläge. I. §. 26. Koppe Unterricht. I. S. 105 Auch gehören
hierher die offiziellen Klaſſificationen in verſchiedenen Staaten und Landſchaften.
2) Dieſelbe verändert zwar den Bodenertrag nicht; allein bei einer brauchbaren
Klaſſifizirung iſt ihre Berückſichtigung von Wichtigkeit.
3) Die wirkliche Durchführung einer Klaſſification würde hier zu viel Raum
einnehmen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <div n="10">
                          <pb facs="#f0191" n="169"/>
                          <div n="11">
                            <head> <hi rendition="#c">§. 138.<lb/>
4) <hi rendition="#g">Der Boden nach &#x017F;einen ver&#x017F;chiedenen Kla&#x017F;&#x017F;en</hi>.</hi> </head><lb/>
                            <p>Wegen der unendlichen Manchfaltigkeit der Mi&#x017F;chungsverhält-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;e und Eigen&#x017F;chaften des Bodens wird es für die Landwirth&#x017F;chaft<lb/>
nöthig, den&#x017F;elben nach den häufig&#x017F;ten Vorkommni&#x017F;&#x017F;en in Kla&#x017F;&#x017F;en<lb/>
einzutheilen. Die Auf&#x017F;tellung &#x017F;olcher Kla&#x017F;&#x017F;en heißt <hi rendition="#g">Kla&#x017F;&#x017F;ifi</hi>-<lb/><hi rendition="#g">zirung</hi>; das Einreihen eines gegebenen Bodens in eine be&#x017F;timmte<lb/>
Kla&#x017F;&#x017F;e dagegen <hi rendition="#g">Kla&#x017F;&#x017F;irung</hi><hi rendition="#sup">1</hi>). Man unter&#x017F;cheidet am be&#x017F;ten die<lb/><hi rendition="#g">phy&#x017F;i&#x017F;che</hi> (natürliche) und die <hi rendition="#g">wirth&#x017F;chaftliche</hi> Kla&#x017F;&#x017F;ifizirung.<lb/>
Jene richtet &#x017F;ich nach den Be&#x017F;tandtheilen und Mi&#x017F;chungsverhält-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;en des Bodens (§. 135&#x2013;137.); die&#x017F;e aber nach allen Um&#x017F;tänden,<lb/>
welche den Ertrag des Bodens bleibend be&#x017F;timmen, und fußt daher<lb/>
zuer&#x017F;t auf der phy&#x017F;i&#x017F;chen Kla&#x017F;&#x017F;ifizirung. Man hat daher bei der<lb/>
Bodenkla&#x017F;&#x017F;ifizirung folgende Punkte zu berück&#x017F;ichtigen: 1) Die<lb/>
Be&#x017F;tandtheile und Mi&#x017F;chungsverhältni&#x017F;&#x017F;e; 2) die Tiefe der Acker-<lb/>
krume, &#x017F;owohl wegen der mechani&#x017F;chen als auch chemi&#x017F;chen Unter-<lb/>
&#x017F;tützung der Pflanzen (§. 134.); 3) den Untergrund, weil, wenn<lb/>
der&#x017F;elbe die der Ackerkrume entgegenge&#x017F;etzte Eigen&#x017F;chaften hat, dies<lb/>
auf die&#x017F;elbe gün&#x017F;tig oder ungün&#x017F;tig zurückwirkt; 4) die Form der<lb/>
Oberfläche, weil davon die Trockenheit und Nä&#x017F;&#x017F;e des Bodens,<lb/>
Ab&#x017F;chwemmungen, Berg&#x017F;türze u. dgl. abhängen, abge&#x017F;ehen von der<lb/>
Schwierigkeit der Bearbeitung; 5) die phy&#x017F;i&#x017F;che Lage, und 6) die<lb/>
klimati&#x017F;chen Verhältni&#x017F;&#x017F;e, weil davon die Kälte, Wärme, Trocken-<lb/>
heit, Feuchtigkeit der Lage, das Ausge&#x017F;etzt&#x017F;ein gegen Frö&#x017F;te,<lb/>
Winde u. dgl. abhängt; 7) die Lage zum Wirth&#x017F;chaftshofe, wegen<lb/>
der Auf&#x017F;icht, der Arbeitsko&#x017F;ten und Zeitver&#x017F;äumni&#x017F;&#x017F;e; 8) die Frei-<lb/>
heit oder Be&#x017F;chränktheit der Benutzung; 9) das Verhalten bei der<lb/>
Bearbeitung; 10) die Hauptfrüchte und thunliche Fruchtfolge;<lb/>
11) die Folgen früherer Cultur; 12) die gewöhnliche Benennung<lb/>
des Bodens<hi rendition="#sup">2</hi>); 13) den Düngungszu&#x017F;tand und Bedarf; 14) die<lb/>
erforderliche Ein&#x017F;aat an den Hauptfrüchten für den Boden; 15) den<lb/>
durch&#x017F;chnittlichen Ertrag bei üblicher Bewirth&#x017F;chaftung<hi rendition="#sup">3</hi>).</p><lb/>
                            <note place="end" n="1)"><hi rendition="#g">Thaer</hi>, Ausmittelung des reinen Ertrags productiver Grund&#x017F;tücke. §. 14.<lb/><hi rendition="#g">Thaer</hi>, Ueber große und kleine Wirth&#x017F;chaften und Werth&#x017F;chätzung des Bodens.<lb/>
S. 93. <hi rendition="#g">Block</hi> Mittheilungen. I. 392. <hi rendition="#g">Thaer</hi>, Möglin. Annalen. IX. 158.<lb/><hi rendition="#g">De&#x017F;&#x017F;elben</hi> ration. Landwirth&#x017F;ch. II. 141. v. <hi rendition="#g">Flotow</hi>, Anleitung zur Fertigung<lb/>
der Ertragsan&#x017F;chläge. I. §. 26. <hi rendition="#g">Koppe</hi> Unterricht. I. S. 105 Auch gehören<lb/>
hierher die offiziellen Kla&#x017F;&#x017F;ificationen in ver&#x017F;chiedenen Staaten und Land&#x017F;chaften.</note><lb/>
                            <note place="end" n="2)">Die&#x017F;elbe verändert zwar den Bodenertrag nicht; allein bei einer brauchbaren<lb/>
Kla&#x017F;&#x017F;ifizirung i&#x017F;t ihre Berück&#x017F;ichtigung von Wichtigkeit.</note><lb/>
                            <note place="end" n="3)">Die wirkliche Durchführung einer Kla&#x017F;&#x017F;ification würde hier zu viel Raum<lb/>
einnehmen.</note>
                          </div>
                        </div><lb/>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[169/0191] §. 138. 4) Der Boden nach ſeinen verſchiedenen Klaſſen. Wegen der unendlichen Manchfaltigkeit der Miſchungsverhält- niſſe und Eigenſchaften des Bodens wird es für die Landwirthſchaft nöthig, denſelben nach den häufigſten Vorkommniſſen in Klaſſen einzutheilen. Die Aufſtellung ſolcher Klaſſen heißt Klaſſifi- zirung; das Einreihen eines gegebenen Bodens in eine beſtimmte Klaſſe dagegen Klaſſirung1). Man unterſcheidet am beſten die phyſiſche (natürliche) und die wirthſchaftliche Klaſſifizirung. Jene richtet ſich nach den Beſtandtheilen und Miſchungsverhält- niſſen des Bodens (§. 135–137.); dieſe aber nach allen Umſtänden, welche den Ertrag des Bodens bleibend beſtimmen, und fußt daher zuerſt auf der phyſiſchen Klaſſifizirung. Man hat daher bei der Bodenklaſſifizirung folgende Punkte zu berückſichtigen: 1) Die Beſtandtheile und Miſchungsverhältniſſe; 2) die Tiefe der Acker- krume, ſowohl wegen der mechaniſchen als auch chemiſchen Unter- ſtützung der Pflanzen (§. 134.); 3) den Untergrund, weil, wenn derſelbe die der Ackerkrume entgegengeſetzte Eigenſchaften hat, dies auf dieſelbe günſtig oder ungünſtig zurückwirkt; 4) die Form der Oberfläche, weil davon die Trockenheit und Näſſe des Bodens, Abſchwemmungen, Bergſtürze u. dgl. abhängen, abgeſehen von der Schwierigkeit der Bearbeitung; 5) die phyſiſche Lage, und 6) die klimatiſchen Verhältniſſe, weil davon die Kälte, Wärme, Trocken- heit, Feuchtigkeit der Lage, das Ausgeſetztſein gegen Fröſte, Winde u. dgl. abhängt; 7) die Lage zum Wirthſchaftshofe, wegen der Aufſicht, der Arbeitskoſten und Zeitverſäumniſſe; 8) die Frei- heit oder Beſchränktheit der Benutzung; 9) das Verhalten bei der Bearbeitung; 10) die Hauptfrüchte und thunliche Fruchtfolge; 11) die Folgen früherer Cultur; 12) die gewöhnliche Benennung des Bodens2); 13) den Düngungszuſtand und Bedarf; 14) die erforderliche Einſaat an den Hauptfrüchten für den Boden; 15) den durchſchnittlichen Ertrag bei üblicher Bewirthſchaftung3). ¹⁾ Thaer, Ausmittelung des reinen Ertrags productiver Grundſtücke. §. 14. Thaer, Ueber große und kleine Wirthſchaften und Werthſchätzung des Bodens. S. 93. Block Mittheilungen. I. 392. Thaer, Möglin. Annalen. IX. 158. Deſſelben ration. Landwirthſch. II. 141. v. Flotow, Anleitung zur Fertigung der Ertragsanſchläge. I. §. 26. Koppe Unterricht. I. S. 105 Auch gehören hierher die offiziellen Klaſſificationen in verſchiedenen Staaten und Landſchaften. ²⁾ Dieſelbe verändert zwar den Bodenertrag nicht; allein bei einer brauchbaren Klaſſifizirung iſt ihre Berückſichtigung von Wichtigkeit. ³⁾ Die wirkliche Durchführung einer Klaſſification würde hier zu viel Raum einnehmen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/191
Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/191>, abgerufen am 07.05.2024.