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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Schweden im 17. Jahrhundert.
keit der Eisenindustrie für Skandinavien zuerst in ihrem ganzen
Umfange erkannte, hatte schon zu Lebzeiten seinen Sohn Karl zu
seinem Vertrauten in Bergwerksangelegenheiten gemacht und in einem
bedeutsamen Briefwechsel ihm seine Zukunftspläne enthüllt. Bei der
Teilung seines Reiches übergab er Karl diejenigen Provinzen, in
welchen die Eisenindustrie besonders im Aufblühen begriffen war,
namentlich Wermeland, dazu die königlichen Hütten und alle noch
zu erschliessenden Erzlager. Karl wirkte im Sinne seines Vaters und
wendete auch als König der Eisenindustrie seine besondere Fürsorge
zu. Er ordnete Mass und Gewicht, legte viele neue Gruben und
Hütten an, z. B. den ganzen Karlskoga Bergslag und zog die durch
General Flemming vertriebenen Finnländer zu seiner Förderung
heran1). Er unterstützte die Einwanderung deutscher Arbeiter be-
sonders durch die in den Beschlüssen von Norköping 1604 den Berg-
und Hüttenleuten gewährten Freiheiten.

Er begünstigte die eingewanderten niederländischen Protestanten.
Das berühmte Eisenwerk zu Loefstad wurde 1606 von einer holländi-
schen Familie Deger gegründet2). Chenon, ein geflüchteter fran-
zösischer Hugenotte, rief auf des Königs Veranlassung viele seiner
französischen Landsleute sowie Wallonen in das Land, die sich in
Dannemora niederliessen und teils als Arbeiter beschäftigt wurden,
teils selbst Hütten anlegten: Von ihnen stammen die vielen franzö-
sischen Namen, die man dort bei den Familien der Eisenhütten-
arbeiter findet, auch manche Ortsnamen sind durch sie entstanden,
so heisst z. B. die Pardixhütte nach den zehn Aktionären (par dix),
die sie anlegten u. s. w.

In den Ausfuhrlisten jener Zeit macht sich ihre Thätigkeit be-
merklich, indem von da ab grosse Mengen von Nägeln, Harnisch-
blechen u. s. w. ausgeführt werden. Es befanden sich unter den Ein-
gewanderten Geschützgiesser, Hochöfner, Former, Drahtzieher, Schmiede,
die zum Teil ganz neue Gewerbe einrichteten und das Hüttenwesen
bedeutend förderten.

Karl IX. gewährte allen neuen Hütten sechs Freijahre, entband
sie von der Werbung, befreite neue Gruben von Abgaben und erbot
sich zum Vorkauf für die Erze. Trotz der Konkurrenz Englands,
das unter der Königin Elisabeth die heimische Eisenindustrie in

1) Siehe Dr. M. Meyer, Beiträge zur genaueren Kenntnis des Eisenhütten-
wesens in Schweden, 1829, S. 10.
2) A nobili Batava Degeriana familia -- E. Schepperus de ferri con-
fectione 1725.

Schweden im 17. Jahrhundert.
keit der Eisenindustrie für Skandinavien zuerst in ihrem ganzen
Umfange erkannte, hatte schon zu Lebzeiten seinen Sohn Karl zu
seinem Vertrauten in Bergwerksangelegenheiten gemacht und in einem
bedeutsamen Briefwechsel ihm seine Zukunftspläne enthüllt. Bei der
Teilung seines Reiches übergab er Karl diejenigen Provinzen, in
welchen die Eisenindustrie besonders im Aufblühen begriffen war,
namentlich Wermeland, dazu die königlichen Hütten und alle noch
zu erschlieſsenden Erzlager. Karl wirkte im Sinne seines Vaters und
wendete auch als König der Eisenindustrie seine besondere Fürsorge
zu. Er ordnete Maſs und Gewicht, legte viele neue Gruben und
Hütten an, z. B. den ganzen Karlskoga Bergslag und zog die durch
General Flemming vertriebenen Finnländer zu seiner Förderung
heran1). Er unterstützte die Einwanderung deutscher Arbeiter be-
sonders durch die in den Beschlüssen von Norköping 1604 den Berg-
und Hüttenleuten gewährten Freiheiten.

Er begünstigte die eingewanderten niederländischen Protestanten.
Das berühmte Eisenwerk zu Loefstad wurde 1606 von einer holländi-
schen Familie Deger gegründet2). Chenon, ein geflüchteter fran-
zösischer Hugenotte, rief auf des Königs Veranlassung viele seiner
französischen Landsleute sowie Wallonen in das Land, die sich in
Dannemora niederlieſsen und teils als Arbeiter beschäftigt wurden,
teils selbst Hütten anlegten: Von ihnen stammen die vielen franzö-
sischen Namen, die man dort bei den Familien der Eisenhütten-
arbeiter findet, auch manche Ortsnamen sind durch sie entstanden,
so heiſst z. B. die Pardixhütte nach den zehn Aktionären (par dix),
die sie anlegten u. s. w.

In den Ausfuhrlisten jener Zeit macht sich ihre Thätigkeit be-
merklich, indem von da ab groſse Mengen von Nägeln, Harnisch-
blechen u. s. w. ausgeführt werden. Es befanden sich unter den Ein-
gewanderten Geschützgieſser, Hochöfner, Former, Drahtzieher, Schmiede,
die zum Teil ganz neue Gewerbe einrichteten und das Hüttenwesen
bedeutend förderten.

Karl IX. gewährte allen neuen Hütten sechs Freijahre, entband
sie von der Werbung, befreite neue Gruben von Abgaben und erbot
sich zum Vorkauf für die Erze. Trotz der Konkurrenz Englands,
das unter der Königin Elisabeth die heimische Eisenindustrie in

1) Siehe Dr. M. Meyer, Beiträge zur genaueren Kenntnis des Eisenhütten-
wesens in Schweden, 1829, S. 10.
2) A nobili Batava Degeriana familia — E. Schepperus de ferri con-
fectione 1725.
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[1290/1312] Schweden im 17. Jahrhundert. keit der Eisenindustrie für Skandinavien zuerst in ihrem ganzen Umfange erkannte, hatte schon zu Lebzeiten seinen Sohn Karl zu seinem Vertrauten in Bergwerksangelegenheiten gemacht und in einem bedeutsamen Briefwechsel ihm seine Zukunftspläne enthüllt. Bei der Teilung seines Reiches übergab er Karl diejenigen Provinzen, in welchen die Eisenindustrie besonders im Aufblühen begriffen war, namentlich Wermeland, dazu die königlichen Hütten und alle noch zu erschlieſsenden Erzlager. Karl wirkte im Sinne seines Vaters und wendete auch als König der Eisenindustrie seine besondere Fürsorge zu. Er ordnete Maſs und Gewicht, legte viele neue Gruben und Hütten an, z. B. den ganzen Karlskoga Bergslag und zog die durch General Flemming vertriebenen Finnländer zu seiner Förderung heran 1). Er unterstützte die Einwanderung deutscher Arbeiter be- sonders durch die in den Beschlüssen von Norköping 1604 den Berg- und Hüttenleuten gewährten Freiheiten. Er begünstigte die eingewanderten niederländischen Protestanten. Das berühmte Eisenwerk zu Loefstad wurde 1606 von einer holländi- schen Familie Deger gegründet 2). Chenon, ein geflüchteter fran- zösischer Hugenotte, rief auf des Königs Veranlassung viele seiner französischen Landsleute sowie Wallonen in das Land, die sich in Dannemora niederlieſsen und teils als Arbeiter beschäftigt wurden, teils selbst Hütten anlegten: Von ihnen stammen die vielen franzö- sischen Namen, die man dort bei den Familien der Eisenhütten- arbeiter findet, auch manche Ortsnamen sind durch sie entstanden, so heiſst z. B. die Pardixhütte nach den zehn Aktionären (par dix), die sie anlegten u. s. w. In den Ausfuhrlisten jener Zeit macht sich ihre Thätigkeit be- merklich, indem von da ab groſse Mengen von Nägeln, Harnisch- blechen u. s. w. ausgeführt werden. Es befanden sich unter den Ein- gewanderten Geschützgieſser, Hochöfner, Former, Drahtzieher, Schmiede, die zum Teil ganz neue Gewerbe einrichteten und das Hüttenwesen bedeutend förderten. Karl IX. gewährte allen neuen Hütten sechs Freijahre, entband sie von der Werbung, befreite neue Gruben von Abgaben und erbot sich zum Vorkauf für die Erze. Trotz der Konkurrenz Englands, das unter der Königin Elisabeth die heimische Eisenindustrie in 1) Siehe Dr. M. Meyer, Beiträge zur genaueren Kenntnis des Eisenhütten- wesens in Schweden, 1829, S. 10. 2) A nobili Batava Degeriana familia — E. Schepperus de ferri con- fectione 1725.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 1290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1312>, abgerufen am 26.04.2024.