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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Vanuccio Biringuccio.
mann in seinen "Beiträgen zur Geschichte der Erfindungen" (Bd. I,
S. 133 etc.) 1780 wieder die Aufmerksamkeit darauf lenkte, galt
dies fast mehr der litterarischen Kuriosität als dem reichen In-
halt, der noch heute eine Quelle der Belehrung bietet, welche erst
von den neuesten metallurgischen Schriftstellern richtig gewürdigt
worden ist 1). Leider giebt es keine deutsche Übersetzung des Werkes.

Das Buch des Biringuccio heisst einfach "Pyrotechnia" oder
genauer "Della pirotechnia, libri X". Dasselbe ist aber kein "Feuer-
werksbuch", wie deren mehrere in dieser Periode erschienen sind
und die sich darauf beschränken, die Künste vorzutragen, die ein ge-
prüfter Büchsenmeister verstehen muss, sondern es ist ein systematisches
Lehrbuch der Metallurgie, in dem allerdings der Guss und die Be-
arbeitung der Kanonen, die Pulverbereitung und die Minierkunst mit
behandelt sind. Es ist in italienischer Sprache in Briefform verfasst.

Konnten wir von Georg Agricola eine ziemlich ausführliche
Lebensbeschreibung geben, so wissen wir von Vanuccio Biringuccio
(oder Biringoccio) fast nichts, als das, was er hier und da in seinem
Buche über sich selbst eingestreut hat.

Er war von edlem Geschlecht in der Stadt Siena geboren, in
welchem Jahre aber ist unbekannt. Er studierte Mathematik und
Naturwissenschaften und wurde ein bedeutender, ja ein berühmter
Ingenieur. Mazuchelli 2), der einzige Schriftsteller, der von Birin-
guccio
etwas zu sagen weis, nennt ihn einen Mathematiker, sehr
erfahren besonders in der Kenntnis und der Schmelzung der Metalle,
der um die Mitte des 16. Jahrhunderts gelebt habe. Er sei von ver-
schiedenen Fürsten und Staaten seiner Kenntnisse wegen berufen
worden, so von Peter Aloysius Farnese -- den sein Vater Papst
Paul III. 1545 zum ersten Herzoge von Parma gemacht hatte, der
aber schon im Jahre 1547 ermordet wurde, von Herkules II. von Este,
Herzog von Ferrara, der 1534 bis 1559 regierte 3) -- und ebenso von
der Republik Venedig. Mazuchelli nennt ihn den ersten Italiener,
der über Metallurgie geschrieben habe.


1) Siehe Percy, "Gold and Silver".
2) Siehe Mazuchelli, Scrittori d'Italia II, p. 1262. "Biringucci v. Birin-
goccio
(Vanuccio) Sanese" ...... Fu chiamato da molti Principi ad operare
presso di loro, e servi Pier Luigi Farnese Duca di Parma, poi Ercole d'Este, Duca
di Ferrara, et appresso i Veneziani. Fu per adventura il primo de' nostri Italiani
che scrivesse sopra la cognitione e il gitto de' metalli.
3) Beckmann ist entschieden im Irrtume, wenn er annimmt, der von Ma-
zuchelli
genannte Ercole d'Este sei Herkules I. gewesen, der 50 Jahre früher,
nämlich 1471 bis 1506, lebte.

Vanuccio Biringuccio.
mann in seinen „Beiträgen zur Geschichte der Erfindungen“ (Bd. I,
S. 133 etc.) 1780 wieder die Aufmerksamkeit darauf lenkte, galt
dies fast mehr der litterarischen Kuriosität als dem reichen In-
halt, der noch heute eine Quelle der Belehrung bietet, welche erst
von den neuesten metallurgischen Schriftstellern richtig gewürdigt
worden ist 1). Leider giebt es keine deutsche Übersetzung des Werkes.

Das Buch des Biringuccio heiſst einfach „Pyrotechnia“ oder
genauer „Della pirotechnia, libri X“. Dasselbe ist aber kein „Feuer-
werksbuch“, wie deren mehrere in dieser Periode erschienen sind
und die sich darauf beschränken, die Künste vorzutragen, die ein ge-
prüfter Büchsenmeister verstehen muſs, sondern es ist ein systematisches
Lehrbuch der Metallurgie, in dem allerdings der Guſs und die Be-
arbeitung der Kanonen, die Pulverbereitung und die Minierkunst mit
behandelt sind. Es ist in italienischer Sprache in Briefform verfaſst.

Konnten wir von Georg Agricola eine ziemlich ausführliche
Lebensbeschreibung geben, so wissen wir von Vanuccio Biringuccio
(oder Biringoccio) fast nichts, als das, was er hier und da in seinem
Buche über sich selbst eingestreut hat.

Er war von edlem Geschlecht in der Stadt Siena geboren, in
welchem Jahre aber ist unbekannt. Er studierte Mathematik und
Naturwissenschaften und wurde ein bedeutender, ja ein berühmter
Ingenieur. Mazuchelli 2), der einzige Schriftsteller, der von Birin-
guccio
etwas zu sagen weis, nennt ihn einen Mathematiker, sehr
erfahren besonders in der Kenntnis und der Schmelzung der Metalle,
der um die Mitte des 16. Jahrhunderts gelebt habe. Er sei von ver-
schiedenen Fürsten und Staaten seiner Kenntnisse wegen berufen
worden, so von Peter Aloysius Farnese — den sein Vater Papst
Paul III. 1545 zum ersten Herzoge von Parma gemacht hatte, der
aber schon im Jahre 1547 ermordet wurde, von Herkules II. von Este,
Herzog von Ferrara, der 1534 bis 1559 regierte 3) — und ebenso von
der Republik Venedig. Mazuchelli nennt ihn den ersten Italiener,
der über Metallurgie geschrieben habe.


1) Siehe Percy, „Gold and Silver“.
2) Siehe Mazuchelli, Scrittori d’Italia II, p. 1262. „Biringucci v. Birin-
goccio
(Vanuccio) Sanese“ ...... Fu chiamato da molti Principi ad operare
presso di loro, e servi Pier Luigi Farnese Duca di Parma, poi Ercole d’Este, Duca
di Ferrara, et appresso i Veneziani. Fu per adventura il primo de’ nostri Italiani
che scrivesse sopra la cognitione e il gitto de’ metalli.
3) Beckmann ist entschieden im Irrtume, wenn er annimmt, der von Ma-
zuchelli
genannte Ercole d’Este sei Herkules I. gewesen, der 50 Jahre früher,
nämlich 1471 bis 1506, lebte.
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[47/0067] Vanuccio Biringuccio. mann in seinen „Beiträgen zur Geschichte der Erfindungen“ (Bd. I, S. 133 etc.) 1780 wieder die Aufmerksamkeit darauf lenkte, galt dies fast mehr der litterarischen Kuriosität als dem reichen In- halt, der noch heute eine Quelle der Belehrung bietet, welche erst von den neuesten metallurgischen Schriftstellern richtig gewürdigt worden ist 1). Leider giebt es keine deutsche Übersetzung des Werkes. Das Buch des Biringuccio heiſst einfach „Pyrotechnia“ oder genauer „Della pirotechnia, libri X“. Dasselbe ist aber kein „Feuer- werksbuch“, wie deren mehrere in dieser Periode erschienen sind und die sich darauf beschränken, die Künste vorzutragen, die ein ge- prüfter Büchsenmeister verstehen muſs, sondern es ist ein systematisches Lehrbuch der Metallurgie, in dem allerdings der Guſs und die Be- arbeitung der Kanonen, die Pulverbereitung und die Minierkunst mit behandelt sind. Es ist in italienischer Sprache in Briefform verfaſst. Konnten wir von Georg Agricola eine ziemlich ausführliche Lebensbeschreibung geben, so wissen wir von Vanuccio Biringuccio (oder Biringoccio) fast nichts, als das, was er hier und da in seinem Buche über sich selbst eingestreut hat. Er war von edlem Geschlecht in der Stadt Siena geboren, in welchem Jahre aber ist unbekannt. Er studierte Mathematik und Naturwissenschaften und wurde ein bedeutender, ja ein berühmter Ingenieur. Mazuchelli 2), der einzige Schriftsteller, der von Birin- guccio etwas zu sagen weis, nennt ihn einen Mathematiker, sehr erfahren besonders in der Kenntnis und der Schmelzung der Metalle, der um die Mitte des 16. Jahrhunderts gelebt habe. Er sei von ver- schiedenen Fürsten und Staaten seiner Kenntnisse wegen berufen worden, so von Peter Aloysius Farnese — den sein Vater Papst Paul III. 1545 zum ersten Herzoge von Parma gemacht hatte, der aber schon im Jahre 1547 ermordet wurde, von Herkules II. von Este, Herzog von Ferrara, der 1534 bis 1559 regierte 3) — und ebenso von der Republik Venedig. Mazuchelli nennt ihn den ersten Italiener, der über Metallurgie geschrieben habe. 1) Siehe Percy, „Gold and Silver“. 2) Siehe Mazuchelli, Scrittori d’Italia II, p. 1262. „Biringucci v. Birin- goccio (Vanuccio) Sanese“ ...... Fu chiamato da molti Principi ad operare presso di loro, e servi Pier Luigi Farnese Duca di Parma, poi Ercole d’Este, Duca di Ferrara, et appresso i Veneziani. Fu per adventura il primo de’ nostri Italiani che scrivesse sopra la cognitione e il gitto de’ metalli. 3) Beckmann ist entschieden im Irrtume, wenn er annimmt, der von Ma- zuchelli genannte Ercole d’Este sei Herkules I. gewesen, der 50 Jahre früher, nämlich 1471 bis 1506, lebte.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/67>, abgerufen am 26.04.2024.