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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Die Eisengiesserei um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
Die Eisengiesserei um die Mitte des
18. Jahrhunderts.

Die Eisengiesserei hat im Laufe des 18. Jahrhunderts be-
deutende Fortschritte gemacht. Dass sie in Frankreich schon zu
Anfang des Jahrhunderts auf einer verhältnismässig hohen Stufe stand,
haben wir aus den Schriften Reaumurs entnommen, der selbst
wieder eben durch seine Schriften diese Kunst gefördert hat. Über
den Stand der französischen Giessereitechnik um 1760 giebt die Ab-
handlung von Courtivron und Bouchu in den Descriptions des
arts et metiers, an der ausserdem Duhamel mitgearbeitet hat,
und welche die erste ausführliche Darstellung über die Eisengiesserei
im allgemeinen enthält, den besten Aufschluss. Nach dem Form-
material und der Art der Abformung ist der Aufsatz über Giesserei
eingeteilt in die unbedeckte Abformung in Sand, sogenannter offener
Herdguss, in die Abformung in Lehm und in die Abformung in Sand
in geschlossenen Kasten.

Die offene Sandformerei ist das einfachste Verfahren. Über
ihre Ausführung wird nichts Neues vorgebracht. Dagegen erfahren
wir, dass ihre Anwendung eine recht mannigfaltige war. Es wurden
nicht nur die Ofen- und Kaminplatten, die damals im allgemeinen
Gebrauch waren, im offenen Herd gegossen, sondern auch Schmiede-
ambosse, Chabotten und schwere Hämmer so gegossen. Auch fing
man an, die Ringe mit Hebedaumen zur Bewegung der Hämmer in
einem Stück zu giessen, was einen grossen Vorteil bot gegenüber dem
früheren Verfahren, bei dem durch das Einstemmen der schmiede-
eisernen Hebedaumen der Wellbaum sehr geschwächt worden war.
Der Guss erfolgte fast stets direkt aus dem Hochofen, und zwar in
der Weise, dass man die Form mit der Laufrinne oder dem Bett der
Gans durch eine im Sand geformte Rinne verband, welche man beim
Abstich öffnete und soviel flüssiges Eisen durchliess, als zum Füllen
der Form erforderlich war, worauf man sie durch Zustopfen mit Sand
oder ein eingesetztes Blech schloss. Da wo man weisses Roheisen
erzeugte, wurden die Gussstücke oft so hart und spröde, dass man sie
unmittelbar nicht gebrauchen konnte. Dies wurde bis zu einem ge-
wissen Grade durch nachträgliches längeres Ausglühen verbessert. Es
geschah dies entweder einfach in einem Haufen brennender Kohlen

Die Eisengieſserei um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
Die Eisengieſserei um die Mitte des
18. Jahrhunderts.

Die Eisengieſserei hat im Laufe des 18. Jahrhunderts be-
deutende Fortschritte gemacht. Daſs sie in Frankreich schon zu
Anfang des Jahrhunderts auf einer verhältnismäſsig hohen Stufe stand,
haben wir aus den Schriften Reaumurs entnommen, der selbst
wieder eben durch seine Schriften diese Kunst gefördert hat. Über
den Stand der französischen Gieſsereitechnik um 1760 giebt die Ab-
handlung von Courtivron und Bouchu in den Descriptions des
arts et métiers, an der auſserdem Duhamel mitgearbeitet hat,
und welche die erste ausführliche Darstellung über die Eisengieſserei
im allgemeinen enthält, den besten Aufschluſs. Nach dem Form-
material und der Art der Abformung ist der Aufsatz über Gieſserei
eingeteilt in die unbedeckte Abformung in Sand, sogenannter offener
Herdguſs, in die Abformung in Lehm und in die Abformung in Sand
in geschlossenen Kasten.

Die offene Sandformerei ist das einfachste Verfahren. Über
ihre Ausführung wird nichts Neues vorgebracht. Dagegen erfahren
wir, daſs ihre Anwendung eine recht mannigfaltige war. Es wurden
nicht nur die Ofen- und Kaminplatten, die damals im allgemeinen
Gebrauch waren, im offenen Herd gegossen, sondern auch Schmiede-
ambosse, Chabotten und schwere Hämmer so gegossen. Auch fing
man an, die Ringe mit Hebedaumen zur Bewegung der Hämmer in
einem Stück zu gieſsen, was einen groſsen Vorteil bot gegenüber dem
früheren Verfahren, bei dem durch das Einstemmen der schmiede-
eisernen Hebedaumen der Wellbaum sehr geschwächt worden war.
Der Guſs erfolgte fast stets direkt aus dem Hochofen, und zwar in
der Weise, daſs man die Form mit der Laufrinne oder dem Bett der
Gans durch eine im Sand geformte Rinne verband, welche man beim
Abstich öffnete und soviel flüssiges Eisen durchlieſs, als zum Füllen
der Form erforderlich war, worauf man sie durch Zustopfen mit Sand
oder ein eingesetztes Blech schloſs. Da wo man weiſses Roheisen
erzeugte, wurden die Guſsstücke oft so hart und spröde, daſs man sie
unmittelbar nicht gebrauchen konnte. Dies wurde bis zu einem ge-
wissen Grade durch nachträgliches längeres Ausglühen verbessert. Es
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[367/0381] Die Eisengieſserei um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Die Eisengieſserei um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Die Eisengieſserei hat im Laufe des 18. Jahrhunderts be- deutende Fortschritte gemacht. Daſs sie in Frankreich schon zu Anfang des Jahrhunderts auf einer verhältnismäſsig hohen Stufe stand, haben wir aus den Schriften Reaumurs entnommen, der selbst wieder eben durch seine Schriften diese Kunst gefördert hat. Über den Stand der französischen Gieſsereitechnik um 1760 giebt die Ab- handlung von Courtivron und Bouchu in den Descriptions des arts et métiers, an der auſserdem Duhamel mitgearbeitet hat, und welche die erste ausführliche Darstellung über die Eisengieſserei im allgemeinen enthält, den besten Aufschluſs. Nach dem Form- material und der Art der Abformung ist der Aufsatz über Gieſserei eingeteilt in die unbedeckte Abformung in Sand, sogenannter offener Herdguſs, in die Abformung in Lehm und in die Abformung in Sand in geschlossenen Kasten. Die offene Sandformerei ist das einfachste Verfahren. Über ihre Ausführung wird nichts Neues vorgebracht. Dagegen erfahren wir, daſs ihre Anwendung eine recht mannigfaltige war. Es wurden nicht nur die Ofen- und Kaminplatten, die damals im allgemeinen Gebrauch waren, im offenen Herd gegossen, sondern auch Schmiede- ambosse, Chabotten und schwere Hämmer so gegossen. Auch fing man an, die Ringe mit Hebedaumen zur Bewegung der Hämmer in einem Stück zu gieſsen, was einen groſsen Vorteil bot gegenüber dem früheren Verfahren, bei dem durch das Einstemmen der schmiede- eisernen Hebedaumen der Wellbaum sehr geschwächt worden war. Der Guſs erfolgte fast stets direkt aus dem Hochofen, und zwar in der Weise, daſs man die Form mit der Laufrinne oder dem Bett der Gans durch eine im Sand geformte Rinne verband, welche man beim Abstich öffnete und soviel flüssiges Eisen durchlieſs, als zum Füllen der Form erforderlich war, worauf man sie durch Zustopfen mit Sand oder ein eingesetztes Blech schloſs. Da wo man weiſses Roheisen erzeugte, wurden die Guſsstücke oft so hart und spröde, daſs man sie unmittelbar nicht gebrauchen konnte. Dies wurde bis zu einem ge- wissen Grade durch nachträgliches längeres Ausglühen verbessert. Es geschah dies entweder einfach in einem Haufen brennender Kohlen

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/381>, abgerufen am 27.04.2024.