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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Grossbritannien 1861 bis 1870.
5 bis 10 Kubikfuss inneren Ofenraum. Die neuen Öfen zu Middles-
borough standen meist auf je 12 Säulen und hatten freistehende Gestelle
(Fig. 124). Sie erhoben sich unmittelbar aus der Ebene und hatten
vorwiegend pneumatische Aufzüge. -- Horizontale Gebläsemaschinen
sah man in England selten; senkrechte Balanciermaschinen nach
Woolfschem System waren am verbreitetsten. Meist bediente eine
Maschine mehrere Hochöfen zugleich. Die grösste Gebläsemaschine
zu Dowlais hatte 500 Pferdekräfte, 12 engl. Fuss (3,65 m) Durchmesser
des Gebläsecylinders und 12 Fuss Hub; sie bediente 6 Hochöfen und
4 Feinfeuer. Einige Hochöfen in Wales erreichten bereits eine Tages-
produktion von 30 bis 40 Tonnen, der Windverbrauch betrug in Wales
5000 bis 5500 Kubikfuss oder 80 bis 95 Kubikmeter pro Tonne. Die
geringe Sorgfalt beim Aufgeben der Beschickung rügte schon Truran.
Da die englischen Erze meistens phosphorreich sind, musste man
graues Roheisen erblasen. Der Clevelanddistrikt hatte durch die
Vergrösserung seiner Hochöfen und deren Massenproduktion viel
günstigere Zahlen für den Brennstoffverbrauch aufzuweisen. Im
Durchschnitt verbrauchte man 1870 bei Erzen von nur 32 bis 34 Proz.
Eisen 110 Pfund Koks auf 100 Roheisen. In dem grossen Ofen von
Ferry Hill von 103 Fuss Höhe und 33000 Kubikfuss Inhalt schmolz
man bei 450° Windtemperatur täglich 1100 Centner Roheisen mit
85 Pfund Koks auf 100 Pfund Roheisen.

Holzkohlenhochöfen gab es 1864 nur noch vier: zu Newland und
zu Backharrow in Lancashire, zu Duddon in Cumberland und zu Lorne
in Argylshire in Schottland.

Das Puddeln geschah gewöhnlich nicht mit der Sorgfalt, wie
auf dem Kontinent; man liess das Eisen gar nicht ordentlich zum
Fluss kommen. Nur in Staffordshire, wo man auf Qualitätseisen
arbeitete, wurde sorgfältig gerührt.

Der Steinkohlenverbrauch auf die Tonne Stabeisen hatte vor
30 Jahren ca. 10 bis 12 Tonnen betragen, während er jetzt (1860)
selten 71/2 Tonnen überstieg und sich meist auf 51/2 bis 6 Tonnen
stellte.

Englands Dampfmaschinenkräfte betrugen nach Fairbairns
Zusammenstellung 1860:

bei den Gruben und Metallhütten     450000 Pferdekräfte
" Fabriken aller Art     1350000 "
" der Dampfschiffahrt     850000 "
" Eisenbahnen     1000000 "
zusammen: 3650000 Pferdekräfte.

Groſsbritannien 1861 bis 1870.
5 bis 10 Kubikfuſs inneren Ofenraum. Die neuen Öfen zu Middles-
borough standen meist auf je 12 Säulen und hatten freistehende Gestelle
(Fig. 124). Sie erhoben sich unmittelbar aus der Ebene und hatten
vorwiegend pneumatische Aufzüge. — Horizontale Gebläsemaschinen
sah man in England selten; senkrechte Balanciermaschinen nach
Woolfschem System waren am verbreitetsten. Meist bediente eine
Maschine mehrere Hochöfen zugleich. Die gröſste Gebläsemaschine
zu Dowlais hatte 500 Pferdekräfte, 12 engl. Fuſs (3,65 m) Durchmesser
des Gebläsecylinders und 12 Fuſs Hub; sie bediente 6 Hochöfen und
4 Feinfeuer. Einige Hochöfen in Wales erreichten bereits eine Tages-
produktion von 30 bis 40 Tonnen, der Windverbrauch betrug in Wales
5000 bis 5500 Kubikfuſs oder 80 bis 95 Kubikmeter pro Tonne. Die
geringe Sorgfalt beim Aufgeben der Beschickung rügte schon Truran.
Da die englischen Erze meistens phosphorreich sind, muſste man
graues Roheisen erblasen. Der Clevelanddistrikt hatte durch die
Vergröſserung seiner Hochöfen und deren Massenproduktion viel
günstigere Zahlen für den Brennstoffverbrauch aufzuweisen. Im
Durchschnitt verbrauchte man 1870 bei Erzen von nur 32 bis 34 Proz.
Eisen 110 Pfund Koks auf 100 Roheisen. In dem groſsen Ofen von
Ferry Hill von 103 Fuſs Höhe und 33000 Kubikfuſs Inhalt schmolz
man bei 450° Windtemperatur täglich 1100 Centner Roheisen mit
85 Pfund Koks auf 100 Pfund Roheisen.

Holzkohlenhochöfen gab es 1864 nur noch vier: zu Newland und
zu Backharrow in Lancashire, zu Duddon in Cumberland und zu Lorne
in Argylshire in Schottland.

Das Puddeln geschah gewöhnlich nicht mit der Sorgfalt, wie
auf dem Kontinent; man lieſs das Eisen gar nicht ordentlich zum
Fluſs kommen. Nur in Staffordshire, wo man auf Qualitätseisen
arbeitete, wurde sorgfältig gerührt.

Der Steinkohlenverbrauch auf die Tonne Stabeisen hatte vor
30 Jahren ca. 10 bis 12 Tonnen betragen, während er jetzt (1860)
selten 7½ Tonnen überstieg und sich meist auf 5½ bis 6 Tonnen
stellte.

Englands Dampfmaschinenkräfte betrugen nach Fairbairns
Zusammenstellung 1860:

bei den Gruben und Metallhütten     450000 Pferdekräfte
„ Fabriken aller Art     1350000 „
„ der Dampfschiffahrt     850000 „
„ Eisenbahnen     1000000 „
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[235/0251] Groſsbritannien 1861 bis 1870. 5 bis 10 Kubikfuſs inneren Ofenraum. Die neuen Öfen zu Middles- borough standen meist auf je 12 Säulen und hatten freistehende Gestelle (Fig. 124). Sie erhoben sich unmittelbar aus der Ebene und hatten vorwiegend pneumatische Aufzüge. — Horizontale Gebläsemaschinen sah man in England selten; senkrechte Balanciermaschinen nach Woolfschem System waren am verbreitetsten. Meist bediente eine Maschine mehrere Hochöfen zugleich. Die gröſste Gebläsemaschine zu Dowlais hatte 500 Pferdekräfte, 12 engl. Fuſs (3,65 m) Durchmesser des Gebläsecylinders und 12 Fuſs Hub; sie bediente 6 Hochöfen und 4 Feinfeuer. Einige Hochöfen in Wales erreichten bereits eine Tages- produktion von 30 bis 40 Tonnen, der Windverbrauch betrug in Wales 5000 bis 5500 Kubikfuſs oder 80 bis 95 Kubikmeter pro Tonne. Die geringe Sorgfalt beim Aufgeben der Beschickung rügte schon Truran. Da die englischen Erze meistens phosphorreich sind, muſste man graues Roheisen erblasen. Der Clevelanddistrikt hatte durch die Vergröſserung seiner Hochöfen und deren Massenproduktion viel günstigere Zahlen für den Brennstoffverbrauch aufzuweisen. Im Durchschnitt verbrauchte man 1870 bei Erzen von nur 32 bis 34 Proz. Eisen 110 Pfund Koks auf 100 Roheisen. In dem groſsen Ofen von Ferry Hill von 103 Fuſs Höhe und 33000 Kubikfuſs Inhalt schmolz man bei 450° Windtemperatur täglich 1100 Centner Roheisen mit 85 Pfund Koks auf 100 Pfund Roheisen. Holzkohlenhochöfen gab es 1864 nur noch vier: zu Newland und zu Backharrow in Lancashire, zu Duddon in Cumberland und zu Lorne in Argylshire in Schottland. Das Puddeln geschah gewöhnlich nicht mit der Sorgfalt, wie auf dem Kontinent; man lieſs das Eisen gar nicht ordentlich zum Fluſs kommen. Nur in Staffordshire, wo man auf Qualitätseisen arbeitete, wurde sorgfältig gerührt. Der Steinkohlenverbrauch auf die Tonne Stabeisen hatte vor 30 Jahren ca. 10 bis 12 Tonnen betragen, während er jetzt (1860) selten 7½ Tonnen überstieg und sich meist auf 5½ bis 6 Tonnen stellte. Englands Dampfmaschinenkräfte betrugen nach Fairbairns Zusammenstellung 1860: bei den Gruben und Metallhütten 450000 Pferdekräfte „ Fabriken aller Art 1350000 „ „ der Dampfschiffahrt 850000 „ „ Eisenbahnen 1000000 „ zusammen: 3650000 Pferdekräfte.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/251>, abgerufen am 26.04.2024.