Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

Bild:
<< vorherige Seite

Physik des Eisens seit 1871.
grössere praktische Bedeutung erlangt und wird in den Vereinigten
Staaten in grossartiger Weise verwendet. Die elektrische Schweissung
macht Operationen möglich, die bei dem früheren Schweissverfahren
nicht ausführbar waren 1).

1893 wurde ein drittes elektrisches Schweissverfahren von dem
belgischen Ingenieur Lagrange und Hoho veröffentlicht; die
Schweissung erfolgt hierbei in einem Wasserbade 2).

Weitere hüttenmännische Verwendungen des elektrischen Stromes
sind vorgeschlagen zur Reinigung des Walzdrahtes von Oxyden (1891)
und zur Verstählung des Eisens.

J. Garnier fand, dass bei etwa 1000° die Verstählung des Eisens
unter dem Einflusse eines schwachen elektrischen Stromes (50 Ampere
und 2,5 Volt) sehr schnell sich vollzieht.

Ferner wird die Elektricität zum Enthärten und Härten des Stahls
benutzt. Die Thomson Electric Welding Company in Lynn, Mass.,
erweicht auf diesem Wege die Bohrstellen gehärteter Panzerplatten 3).

Wie ausgedehnt die Verwendung der Elektricität als motorische
Kraft in den letzten 25 Jahren geworden ist, weiss ein jeder. Ab-
gesehen von der mannigfaltigen Benutzung im Bergwerksbetriebe,
heben wir besonders die Verwendung für elektrische Kräne in Eisen-
giessereien und Stahlwerken hervor und zwar sowohl für Lauf- als für
Drehkräne. Ein elektrischer Laufkran von Schneider & Co. in
Creusot (1893) hatte 150 Tonnen Tragfähigkeit und 281/2 m Spann-
weite. Auch elektrische Bohrmaschinen sind bereits häufig in An-
wendung, z. B. eine Kranbohrmaschine bei Schwarzkopff in Berlin
(1893). Viel mannigfaltiger ist die Verwendung elektrischer Arbeits-
maschinen bei der Adjustierung. In der belgischen Waffenfabrik von
Herstal-Lüttich ist der Betrieb durchweg elektrisch (1894). Für
Ventilatoren und Kreiselpumpen ist der elektrische Betrieb sehr ge-
eignet und vielfach angewandt.

Die Verwendung der Elektricität für Transport und Beleuchtung
ist bereits eine sehr allgemeine. In Amerika sind elektrische Kräne
von 150 Tonnen Tragkraft keine Seltenheit 4). Elektrische Schmelz-
öfen haben in der Eisenindustrie bis jetzt noch keine Anwendung
gefunden, wohl aber bei der Aluminiumdarstellung und der Gewinnung
von Chrom und Wolfram. Neuerdings hat der italienische Hauptmann

1) Siehe Stahl und Eisen 1895, S. 1089.
2) Daselbst 1893, S. 530; 1894, S. 483.
3) Daselbst 1897, S. 323.
4) Daselbst 1899, S. 1185.

Physik des Eisens seit 1871.
gröſsere praktische Bedeutung erlangt und wird in den Vereinigten
Staaten in groſsartiger Weise verwendet. Die elektrische Schweiſsung
macht Operationen möglich, die bei dem früheren Schweiſsverfahren
nicht ausführbar waren 1).

1893 wurde ein drittes elektrisches Schweiſsverfahren von dem
belgischen Ingenieur Lagrange und Hoho veröffentlicht; die
Schweiſsung erfolgt hierbei in einem Wasserbade 2).

Weitere hüttenmännische Verwendungen des elektrischen Stromes
sind vorgeschlagen zur Reinigung des Walzdrahtes von Oxyden (1891)
und zur Verstählung des Eisens.

J. Garnier fand, daſs bei etwa 1000° die Verstählung des Eisens
unter dem Einflusse eines schwachen elektrischen Stromes (50 Ampère
und 2,5 Volt) sehr schnell sich vollzieht.

Ferner wird die Elektricität zum Enthärten und Härten des Stahls
benutzt. Die Thomson Electric Welding Company in Lynn, Mass.,
erweicht auf diesem Wege die Bohrstellen gehärteter Panzerplatten 3).

Wie ausgedehnt die Verwendung der Elektricität als motorische
Kraft in den letzten 25 Jahren geworden ist, weiſs ein jeder. Ab-
gesehen von der mannigfaltigen Benutzung im Bergwerksbetriebe,
heben wir besonders die Verwendung für elektrische Kräne in Eisen-
gieſsereien und Stahlwerken hervor und zwar sowohl für Lauf- als für
Drehkräne. Ein elektrischer Laufkran von Schneider & Co. in
Creusot (1893) hatte 150 Tonnen Tragfähigkeit und 28½ m Spann-
weite. Auch elektrische Bohrmaschinen sind bereits häufig in An-
wendung, z. B. eine Kranbohrmaschine bei Schwarzkopff in Berlin
(1893). Viel mannigfaltiger ist die Verwendung elektrischer Arbeits-
maschinen bei der Adjustierung. In der belgischen Waffenfabrik von
Herstal-Lüttich ist der Betrieb durchweg elektrisch (1894). Für
Ventilatoren und Kreiselpumpen ist der elektrische Betrieb sehr ge-
eignet und vielfach angewandt.

Die Verwendung der Elektricität für Transport und Beleuchtung
ist bereits eine sehr allgemeine. In Amerika sind elektrische Kräne
von 150 Tonnen Tragkraft keine Seltenheit 4). Elektrische Schmelz-
öfen haben in der Eisenindustrie bis jetzt noch keine Anwendung
gefunden, wohl aber bei der Aluminiumdarstellung und der Gewinnung
von Chrom und Wolfram. Neuerdings hat der italienische Hauptmann

1) Siehe Stahl und Eisen 1895, S. 1089.
2) Daselbst 1893, S. 530; 1894, S. 483.
3) Daselbst 1897, S. 323.
4) Daselbst 1899, S. 1185.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0421" n="405"/><fw place="top" type="header">Physik des Eisens seit 1871.</fw><lb/>
grö&#x017F;sere praktische Bedeutung erlangt und wird in den Vereinigten<lb/>
Staaten in gro&#x017F;sartiger Weise verwendet. Die elektrische Schwei&#x017F;sung<lb/>
macht Operationen möglich, die bei dem früheren Schwei&#x017F;sverfahren<lb/>
nicht ausführbar waren <note place="foot" n="1)">Siehe Stahl und Eisen 1895, S. 1089.</note>.</p><lb/>
          <p>1893 wurde ein drittes elektrisches Schwei&#x017F;sverfahren von dem<lb/>
belgischen Ingenieur <hi rendition="#g">Lagrange</hi> und <hi rendition="#g">Hoho</hi> veröffentlicht; die<lb/>
Schwei&#x017F;sung erfolgt hierbei in einem Wasserbade <note place="foot" n="2)">Daselbst 1893, S. 530; 1894, S. 483.</note>.</p><lb/>
          <p>Weitere hüttenmännische Verwendungen des elektrischen Stromes<lb/>
sind vorgeschlagen zur Reinigung des Walzdrahtes von Oxyden (1891)<lb/>
und zur Verstählung des Eisens.</p><lb/>
          <p>J. <hi rendition="#g">Garnier</hi> fand, da&#x017F;s bei etwa 1000° die Verstählung des Eisens<lb/>
unter dem Einflusse eines schwachen elektrischen Stromes (50 Ampère<lb/>
und 2,5 Volt) sehr schnell sich vollzieht.</p><lb/>
          <p>Ferner wird die Elektricität zum Enthärten und Härten des Stahls<lb/>
benutzt. Die Thomson Electric Welding Company in Lynn, Mass.,<lb/>
erweicht auf diesem Wege die Bohrstellen gehärteter Panzerplatten <note place="foot" n="3)">Daselbst 1897, S. 323.</note>.</p><lb/>
          <p>Wie ausgedehnt die Verwendung der Elektricität als motorische<lb/>
Kraft in den letzten 25 Jahren geworden ist, wei&#x017F;s ein jeder. Ab-<lb/>
gesehen von der mannigfaltigen Benutzung im Bergwerksbetriebe,<lb/>
heben wir besonders die Verwendung für elektrische Kräne in Eisen-<lb/>
gie&#x017F;sereien und Stahlwerken hervor und zwar sowohl für Lauf- als für<lb/>
Drehkräne. Ein elektrischer Laufkran von <hi rendition="#g">Schneider &amp; Co.</hi> in<lb/>
Creusot (1893) hatte 150 Tonnen Tragfähigkeit und 28½ m Spann-<lb/>
weite. Auch elektrische Bohrmaschinen sind bereits häufig in An-<lb/>
wendung, z. B. eine Kranbohrmaschine bei <hi rendition="#g">Schwarzkopff</hi> in Berlin<lb/>
(1893). Viel mannigfaltiger ist die Verwendung elektrischer Arbeits-<lb/>
maschinen bei der Adjustierung. In der belgischen Waffenfabrik von<lb/><hi rendition="#g">Herstal</hi>-Lüttich ist der Betrieb durchweg elektrisch (1894). Für<lb/>
Ventilatoren und Kreiselpumpen ist der elektrische Betrieb sehr ge-<lb/>
eignet und vielfach angewandt.</p><lb/>
          <p>Die Verwendung der Elektricität für Transport und Beleuchtung<lb/>
ist bereits eine sehr allgemeine. In Amerika sind elektrische Kräne<lb/>
von 150 Tonnen Tragkraft keine Seltenheit <note place="foot" n="4)">Daselbst 1899, S. 1185.</note>. Elektrische Schmelz-<lb/>
öfen haben in der Eisenindustrie bis jetzt noch keine Anwendung<lb/>
gefunden, wohl aber bei der Aluminiumdarstellung und der Gewinnung<lb/>
von Chrom und Wolfram. Neuerdings hat der italienische Hauptmann<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[405/0421] Physik des Eisens seit 1871. gröſsere praktische Bedeutung erlangt und wird in den Vereinigten Staaten in groſsartiger Weise verwendet. Die elektrische Schweiſsung macht Operationen möglich, die bei dem früheren Schweiſsverfahren nicht ausführbar waren 1). 1893 wurde ein drittes elektrisches Schweiſsverfahren von dem belgischen Ingenieur Lagrange und Hoho veröffentlicht; die Schweiſsung erfolgt hierbei in einem Wasserbade 2). Weitere hüttenmännische Verwendungen des elektrischen Stromes sind vorgeschlagen zur Reinigung des Walzdrahtes von Oxyden (1891) und zur Verstählung des Eisens. J. Garnier fand, daſs bei etwa 1000° die Verstählung des Eisens unter dem Einflusse eines schwachen elektrischen Stromes (50 Ampère und 2,5 Volt) sehr schnell sich vollzieht. Ferner wird die Elektricität zum Enthärten und Härten des Stahls benutzt. Die Thomson Electric Welding Company in Lynn, Mass., erweicht auf diesem Wege die Bohrstellen gehärteter Panzerplatten 3). Wie ausgedehnt die Verwendung der Elektricität als motorische Kraft in den letzten 25 Jahren geworden ist, weiſs ein jeder. Ab- gesehen von der mannigfaltigen Benutzung im Bergwerksbetriebe, heben wir besonders die Verwendung für elektrische Kräne in Eisen- gieſsereien und Stahlwerken hervor und zwar sowohl für Lauf- als für Drehkräne. Ein elektrischer Laufkran von Schneider & Co. in Creusot (1893) hatte 150 Tonnen Tragfähigkeit und 28½ m Spann- weite. Auch elektrische Bohrmaschinen sind bereits häufig in An- wendung, z. B. eine Kranbohrmaschine bei Schwarzkopff in Berlin (1893). Viel mannigfaltiger ist die Verwendung elektrischer Arbeits- maschinen bei der Adjustierung. In der belgischen Waffenfabrik von Herstal-Lüttich ist der Betrieb durchweg elektrisch (1894). Für Ventilatoren und Kreiselpumpen ist der elektrische Betrieb sehr ge- eignet und vielfach angewandt. Die Verwendung der Elektricität für Transport und Beleuchtung ist bereits eine sehr allgemeine. In Amerika sind elektrische Kräne von 150 Tonnen Tragkraft keine Seltenheit 4). Elektrische Schmelz- öfen haben in der Eisenindustrie bis jetzt noch keine Anwendung gefunden, wohl aber bei der Aluminiumdarstellung und der Gewinnung von Chrom und Wolfram. Neuerdings hat der italienische Hauptmann 1) Siehe Stahl und Eisen 1895, S. 1089. 2) Daselbst 1893, S. 530; 1894, S. 483. 3) Daselbst 1897, S. 323. 4) Daselbst 1899, S. 1185.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/421
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/421>, abgerufen am 26.04.2024.