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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Die Walzwerke.
nicht schweisswarm verarbeitet werden. Dementsprechend wurden die
Walzwerke stärker gebaut und in ihrer Konstruktion verbessert. Wir
können nur eine kurze Aufzählung der vielen Verbesserungen der
Walzwerke in diesem Zeitraum hier geben.

Die Luppenwalzen der Puddelwerke bestanden Anfang der sieb-
ziger Jahre meist aus einem Vorwalzen- und Streckgerüst oder einem
Schlicht- oder Fertigwalzengerüst. Für ersteres, öfter auch für beide
wendete man das Triosystem an.

Um diese Zeit ging man mit Vorteil dazu über, die Luppen auf
einem einzigen Triowalzwerk vor- und fertigzuwalzen, was sehr zur
Beschleunigung der Arbeit beitrug. Man hatte dabei entweder nur
Flachkaliber (Hörde 1873) oder Spitzbogen und Flachkaliber und
keine toten oder doppelten Kaliber, vielmehr erhielt der Stab in
jedem derselben Druck. Vahlkampf hat sich um die Konstruktion
der Spitzbogen- und Flachkaliber verdient gemacht. Dr. Kollmann
wies nach 1), dass das specifische Gewicht des Luppeneisens durch
Auspressen der Schlacke und Schweissung nicht unbeträchtlich -- von
7,3 auf 7,9 -- zunimmt und das Eisen zugleich eine chemische
Reinigung erfährt.

Die Verbesserungen in den Jahren 1870 bis 1875 bezogen sich
zumeist auf die Flussstahlwalzwerke, hauptsächlich auf Reversier-
und Triowalzwerke für schweres Faconeisen, namentlich für Eisen-
bahnschienen. In England arbeitete man an der Verbesserung der
Reversierwalzen, während man in den Vereinigten Staaten von Amerika
vorzügliche Trio- oder Dreiwalzwerke baute.

Ein wichtiger Fortschritt in England bestand darin, dass es
gelang, die Klauenkuppelung durch Friktionskuppelungen zu er-
setzen. Nasmyth soll zuerst die Idee angegeben haben, welche
dann von John Ramsbottom 1865 praktisch verwertet wurde.
Ramsbottoms Maschine arbeitete ohne Schwungrad und die Um-
steuerung war ziemlich unabhängig von der Geschwindigkeit. Sie
glich der bei den Lokomotiven gebräuchlichen Umsteuerung, nur war
statt des Steuerhebels ein kleiner hydraulischer Cylinder vorhanden.

1867 erfand dann R. D. Napier seine Umschaltung durch eine
Differential-Friktionskuppelung, welche mit der Hand bewegt werden
konnte. Th. H. Head erhielt am 11. März 1868 ein Patent (Engl.
Pat. 840) auf eine ähnliche Reversiervorrichtung.

1869 konstruierten Kitson und Chalas 2) zu Monkbridge Iron-

1) Siehe Berg- und Hüttenmänn. Ztg. 1878, S. 53, 97.
2) Mechanic's Magazine, März 1869; Dingler, Polyt. Journ. Bd. 192, S. 269.

Die Walzwerke.
nicht schweiſswarm verarbeitet werden. Dementsprechend wurden die
Walzwerke stärker gebaut und in ihrer Konstruktion verbessert. Wir
können nur eine kurze Aufzählung der vielen Verbesserungen der
Walzwerke in diesem Zeitraum hier geben.

Die Luppenwalzen der Puddelwerke bestanden Anfang der sieb-
ziger Jahre meist aus einem Vorwalzen- und Streckgerüst oder einem
Schlicht- oder Fertigwalzengerüst. Für ersteres, öfter auch für beide
wendete man das Triosystem an.

Um diese Zeit ging man mit Vorteil dazu über, die Luppen auf
einem einzigen Triowalzwerk vor- und fertigzuwalzen, was sehr zur
Beschleunigung der Arbeit beitrug. Man hatte dabei entweder nur
Flachkaliber (Hörde 1873) oder Spitzbogen und Flachkaliber und
keine toten oder doppelten Kaliber, vielmehr erhielt der Stab in
jedem derselben Druck. Vahlkampf hat sich um die Konstruktion
der Spitzbogen- und Flachkaliber verdient gemacht. Dr. Kollmann
wies nach 1), daſs das specifische Gewicht des Luppeneisens durch
Auspressen der Schlacke und Schweiſsung nicht unbeträchtlich — von
7,3 auf 7,9 — zunimmt und das Eisen zugleich eine chemische
Reinigung erfährt.

Die Verbesserungen in den Jahren 1870 bis 1875 bezogen sich
zumeist auf die Fluſsstahlwalzwerke, hauptsächlich auf Reversier-
und Triowalzwerke für schweres Façoneisen, namentlich für Eisen-
bahnschienen. In England arbeitete man an der Verbesserung der
Reversierwalzen, während man in den Vereinigten Staaten von Amerika
vorzügliche Trio- oder Dreiwalzwerke baute.

Ein wichtiger Fortschritt in England bestand darin, daſs es
gelang, die Klauenkuppelung durch Friktionskuppelungen zu er-
setzen. Nasmyth soll zuerst die Idee angegeben haben, welche
dann von John Ramsbottom 1865 praktisch verwertet wurde.
Ramsbottoms Maschine arbeitete ohne Schwungrad und die Um-
steuerung war ziemlich unabhängig von der Geschwindigkeit. Sie
glich der bei den Lokomotiven gebräuchlichen Umsteuerung, nur war
statt des Steuerhebels ein kleiner hydraulischer Cylinder vorhanden.

1867 erfand dann R. D. Napier seine Umschaltung durch eine
Differential-Friktionskuppelung, welche mit der Hand bewegt werden
konnte. Th. H. Head erhielt am 11. März 1868 ein Patent (Engl.
Pat. 840) auf eine ähnliche Reversiervorrichtung.

1869 konstruierten Kitson und Chalas 2) zu Monkbridge Iron-

1) Siehe Berg- und Hüttenmänn. Ztg. 1878, S. 53, 97.
2) Mechanic’s Magazine, März 1869; Dingler, Polyt. Journ. Bd. 192, S. 269.
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[790/0806] Die Walzwerke. nicht schweiſswarm verarbeitet werden. Dementsprechend wurden die Walzwerke stärker gebaut und in ihrer Konstruktion verbessert. Wir können nur eine kurze Aufzählung der vielen Verbesserungen der Walzwerke in diesem Zeitraum hier geben. Die Luppenwalzen der Puddelwerke bestanden Anfang der sieb- ziger Jahre meist aus einem Vorwalzen- und Streckgerüst oder einem Schlicht- oder Fertigwalzengerüst. Für ersteres, öfter auch für beide wendete man das Triosystem an. Um diese Zeit ging man mit Vorteil dazu über, die Luppen auf einem einzigen Triowalzwerk vor- und fertigzuwalzen, was sehr zur Beschleunigung der Arbeit beitrug. Man hatte dabei entweder nur Flachkaliber (Hörde 1873) oder Spitzbogen und Flachkaliber und keine toten oder doppelten Kaliber, vielmehr erhielt der Stab in jedem derselben Druck. Vahlkampf hat sich um die Konstruktion der Spitzbogen- und Flachkaliber verdient gemacht. Dr. Kollmann wies nach 1), daſs das specifische Gewicht des Luppeneisens durch Auspressen der Schlacke und Schweiſsung nicht unbeträchtlich — von 7,3 auf 7,9 — zunimmt und das Eisen zugleich eine chemische Reinigung erfährt. Die Verbesserungen in den Jahren 1870 bis 1875 bezogen sich zumeist auf die Fluſsstahlwalzwerke, hauptsächlich auf Reversier- und Triowalzwerke für schweres Façoneisen, namentlich für Eisen- bahnschienen. In England arbeitete man an der Verbesserung der Reversierwalzen, während man in den Vereinigten Staaten von Amerika vorzügliche Trio- oder Dreiwalzwerke baute. Ein wichtiger Fortschritt in England bestand darin, daſs es gelang, die Klauenkuppelung durch Friktionskuppelungen zu er- setzen. Nasmyth soll zuerst die Idee angegeben haben, welche dann von John Ramsbottom 1865 praktisch verwertet wurde. Ramsbottoms Maschine arbeitete ohne Schwungrad und die Um- steuerung war ziemlich unabhängig von der Geschwindigkeit. Sie glich der bei den Lokomotiven gebräuchlichen Umsteuerung, nur war statt des Steuerhebels ein kleiner hydraulischer Cylinder vorhanden. 1867 erfand dann R. D. Napier seine Umschaltung durch eine Differential-Friktionskuppelung, welche mit der Hand bewegt werden konnte. Th. H. Head erhielt am 11. März 1868 ein Patent (Engl. Pat. 840) auf eine ähnliche Reversiervorrichtung. 1869 konstruierten Kitson und Chalas 2) zu Monkbridge Iron- 1) Siehe Berg- und Hüttenmänn. Ztg. 1878, S. 53, 97. 2) Mechanic’s Magazine, März 1869; Dingler, Polyt. Journ. Bd. 192, S. 269.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 790. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/806>, abgerufen am 26.04.2024.