Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite

Von der H. Dreyeinigkeit.
und die Hand geboten, oder zugesehen, oder
göttlich geschlafen habe, da sein Sohn die
Welt erschuff? daß er so vieles andere, das
auch dem Vater zukommt, dem Sohn alleine
zuschreibet? daß er dem heiligen Geist eine
Mutterschaft, als einen personal-Character,
aufdringet? und in Summa, daß er eine sol-
che verwegene Dictatur über die himmlische
Lehre von der hochgelobten GOttheit ausübet?
Dieses gibt nothwendig eine neue Religion.

§ 72.

Alles soll sich bey seiner Gemeine zu einer
leichten, ungezwungenen, vertraulichen
Manier
schicken, nicht nur untereinander,
(welches bey lauter lautern Seelen sehr fein
stünde,) sondern auch gegen die unendliche
Majestät: und da etwa in einer menschlichen
Verwandtschaft, für welche der Name einer
Ehe zu enge, und der Name einer Familie
zu weitlaüffig ist, sich ein altes und junges
Par, oder Vater und Mutter und Sohn und
Söhnin oder Schnur befinden, so setzet dersel-
be die Lehre von der heiligen Dreyeinigkeit und
von der heiligen Gemeine auf einen gleichen
Fuß, und sagt, daß der Sohn GOttes, JE-
sus Christus, und mit Ihm die Christin, das
ist, die Gemeine, den heiligen Geist zur Mut-
ter, wie denjenigen, dessen Gemahlin die
Mutter sey, zum Vater haben. Daher ge-
denken die Lieder mehrmal des Vaters und des
Geistes und des Sohnes, und hängen die

Christin

Von der H. Dreyeinigkeit.
und die Hand geboten, oder zugeſehen, oder
goͤttlich geſchlafen habe, da ſein Sohn die
Welt erſchuff? daß er ſo vieles andere, das
auch dem Vater zukommt, dem Sohn alleine
zuſchreibet? daß er dem heiligen Geiſt eine
Mutterſchaft, als einen perſonal-Character,
aufdringet? und in Summa, daß er eine ſol-
che verwegene Dictatur uͤber die himmliſche
Lehre von der hochgelobten GOttheit ausuͤbet?
Dieſes gibt nothwendig eine neue Religion.

§ 72.

Alles ſoll ſich bey ſeiner Gemeine zu einer
leichten, ungezwungenen, vertraulichen
Manier
ſchicken, nicht nur untereinander,
(welches bey lauter lautern Seelen ſehr fein
ſtuͤnde,) ſondern auch gegen die unendliche
Majeſtaͤt: und da etwa in einer menſchlichen
Verwandtſchaft, fuͤr welche der Name einer
Ehe zu enge, und der Name einer Familie
zu weitlauͤffig iſt, ſich ein altes und junges
Par, oder Vater und Mutter und Sohn und
Soͤhnin oder Schnur befinden, ſo ſetzet derſel-
be die Lehre von der heiligen Dreyeinigkeit und
von der heiligen Gemeine auf einen gleichen
Fuß, und ſagt, daß der Sohn GOttes, JE-
ſus Chriſtus, und mit Ihm die Chriſtin, das
iſt, die Gemeine, den heiligen Geiſt zur Mut-
ter, wie denjenigen, deſſen Gemahlin die
Mutter ſey, zum Vater haben. Daher ge-
denken die Lieder mehrmal des Vaters und des
Geiſtes und des Sohnes, und haͤngen die

Chriſtin
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="4">
            <div n="5">
              <p><pb facs="#f0095" n="75"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Von der H. Dreyeinigkeit.</hi></fw><lb/>
und die Hand geboten, oder zuge&#x017F;ehen, oder<lb/>
go&#x0364;ttlich ge&#x017F;chlafen habe, da &#x017F;ein Sohn die<lb/>
Welt er&#x017F;chuff? daß er &#x017F;o vieles andere, das<lb/>
auch dem Vater zukommt, dem Sohn alleine<lb/>
zu&#x017F;chreibet? daß er dem heiligen Gei&#x017F;t eine<lb/>
Mutter&#x017F;chaft, als einen per&#x017F;onal-Character,<lb/>
aufdringet? und in Summa, daß er eine &#x017F;ol-<lb/>
che verwegene Dictatur u&#x0364;ber die himmli&#x017F;che<lb/>
Lehre von der hochgelobten GOttheit ausu&#x0364;bet?<lb/>
Die&#x017F;es gibt nothwendig eine neue Religion.</p>
            </div><lb/>
            <div n="5">
              <head>§ 72.</head><lb/>
              <p>Alles &#x017F;oll &#x017F;ich bey &#x017F;einer Gemeine zu einer<lb/><hi rendition="#fr">leichten, ungezwungenen, vertraulichen<lb/>
Manier</hi> &#x017F;chicken, nicht nur untereinander,<lb/>
(welches bey lauter lautern Seelen &#x017F;ehr fein<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;nde,) &#x017F;ondern auch gegen die unendliche<lb/>
Maje&#x017F;ta&#x0364;t: und da etwa in einer men&#x017F;chlichen<lb/>
Verwandt&#x017F;chaft, fu&#x0364;r welche der Name einer<lb/><hi rendition="#fr">Ehe</hi> zu enge, und der Name einer <hi rendition="#fr">Familie</hi><lb/>
zu weitlau&#x0364;ffig i&#x017F;t, &#x017F;ich ein altes und junges<lb/>
Par, oder Vater und Mutter und Sohn und<lb/>
So&#x0364;hnin oder Schnur befinden, &#x017F;o &#x017F;etzet der&#x017F;el-<lb/>
be die Lehre von der heiligen Dreyeinigkeit und<lb/>
von der heiligen Gemeine auf einen gleichen<lb/>
Fuß, und &#x017F;agt, daß der Sohn GOttes, JE-<lb/>
&#x017F;us Chri&#x017F;tus, und mit Ihm die Chri&#x017F;tin, das<lb/>
i&#x017F;t, die Gemeine, den heiligen Gei&#x017F;t zur Mut-<lb/>
ter, wie denjenigen, de&#x017F;&#x017F;en Gemahlin die<lb/>
Mutter &#x017F;ey, zum Vater haben. Daher ge-<lb/>
denken die Lieder mehrmal des Vaters und des<lb/>
Gei&#x017F;tes und des Sohnes, und ha&#x0364;ngen die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Chri&#x017F;tin</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[75/0095] Von der H. Dreyeinigkeit. und die Hand geboten, oder zugeſehen, oder goͤttlich geſchlafen habe, da ſein Sohn die Welt erſchuff? daß er ſo vieles andere, das auch dem Vater zukommt, dem Sohn alleine zuſchreibet? daß er dem heiligen Geiſt eine Mutterſchaft, als einen perſonal-Character, aufdringet? und in Summa, daß er eine ſol- che verwegene Dictatur uͤber die himmliſche Lehre von der hochgelobten GOttheit ausuͤbet? Dieſes gibt nothwendig eine neue Religion. § 72. Alles ſoll ſich bey ſeiner Gemeine zu einer leichten, ungezwungenen, vertraulichen Manier ſchicken, nicht nur untereinander, (welches bey lauter lautern Seelen ſehr fein ſtuͤnde,) ſondern auch gegen die unendliche Majeſtaͤt: und da etwa in einer menſchlichen Verwandtſchaft, fuͤr welche der Name einer Ehe zu enge, und der Name einer Familie zu weitlauͤffig iſt, ſich ein altes und junges Par, oder Vater und Mutter und Sohn und Soͤhnin oder Schnur befinden, ſo ſetzet derſel- be die Lehre von der heiligen Dreyeinigkeit und von der heiligen Gemeine auf einen gleichen Fuß, und ſagt, daß der Sohn GOttes, JE- ſus Chriſtus, und mit Ihm die Chriſtin, das iſt, die Gemeine, den heiligen Geiſt zur Mut- ter, wie denjenigen, deſſen Gemahlin die Mutter ſey, zum Vater haben. Daher ge- denken die Lieder mehrmal des Vaters und des Geiſtes und des Sohnes, und haͤngen die Chriſtin

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bengel_abriss01_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bengel_abriss01_1751/95
Zitationshilfe: Bengel, Johann Albrecht: Abriß der so genannten Brüdergemeine. Bd. 1. Stuttgart, 1751, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bengel_abriss01_1751/95>, abgerufen am 26.04.2024.